Maschinen- und Anlagenbau

Ruhe bringt die Energiewende mit Kreislaufwirtschaft voran

09.02.2024
Autorin: Maria Lamping

Die RUHE Unternehmensgruppe mit Sitz in Lüsche bei Vechta ist ein innovatives Familienunternehmen. RUHE Agrar konzentriert sich auf das Management von landwirtschaftlichen Betrieben sowie von Biogasanlagen, während die Biogas-Sparte des Unternehmens Lösungen für die Zukunft von Biogasanlagen bereitstellt. Das gemeinsame Ziel: funktionierende nachhaltige Konzepte mit und für die Landwirtschaft aufzubauen und weiterzuentwickeln.

Teamarbeit Das Team der RUHE Agrar in Lüsche verwaltet die landwirtschaftlichen Betriebe in Niedersachsen, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt.

Die Menschen bei RUHE verstehen sich als Macher, die neue Lösungen nicht nur gestalten, sondern auch wirtschaftlich umsetzen wollen. 2010 hob Kunibert Ruhe – gelernter Landwirtschaftsmeister und einer der Pioniere der Biogasbranche – das Unternehmen aus der Taufe. Seitdem werden hier Energiewende und nachhaltige Landwirtschaft gedacht und vor allem: gemacht.

Die dynamische Entwicklung des Familienunternehmens aus dem Oldenburger Mün­sterland, in dem auch Ehefrau Sabina Ruhe tätig ist und Sohn Maximilian Ruhe die ­Geschäfte des Bereichs RUHE Biogas führt, ­wäre ohne das besondere „Wir-Gefühl“ nicht möglich. Es gelten Werte wie Vertrauen, ­Loyalität und Verlässlichkeit. Der gelebte Anspruch liegt zudem darin, die Regionen, in denen RUHE aktiv ist, mit einem nachhaltigen und in sich geschlossenen Konzept zu stärken.

Lüsche ist der Kopf für Standorte in ganz Nord- und Ostdeutschland

Die Verwaltung und Steuerung erfolgt von Lüsche aus, wo RUHE eine hochmoderne Unternehmenszentrale errichtet hat, die Schritt für Schritt weiterentwickelt wird. Mit einem eigenen Glasfasernetz werden alle Wärmenetze aus der Ferne gesteuert und technisch überwacht.

Die Aktivitäten des Unternehmens erstrecken sich heute über weitere sechs Stand­orte in Nord- und Ostdeutschland. Alle ­Ak­tivitäten in den Geschäftsfeldern sind so miteinander verzahnt, dass Ressourcen ­ef­fizient genutzt, Abfälle minimiert und ­Umweltauswirkungen reduziert werden ­können. Die Kreislaufwirtschaft, die das Unter­nehmen etabliert hat, soll langfristig die ­Lebensgrundlage der landwirtschaft­lichen Betriebe in den Regionen erhalten. ­Dabei setzt RUHE auf Hightech und arbeitet eng mit den örtlichen Gemeinden und ­Verbänden zusammen.

Grüner Treibstoff für den Schwerlastverkehr

Typisch für RUHE ist es, voll auf Innovation zu setzen und neue Geschäftsfelder zu erschließen. So war es ein stolzer Moment, als Gründer Kunibert Ruhe im Sommer 2022 gemeinsam mit Thomas Rolfes (Geschäftsführer RUHE Agrar) und Maximilian Ruhe sowie Ulrich Löhr (Landvolk) und dem ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff auf ­einen unscheinbaren grünen Startknopf drückte. Die Gruppe stand auf dem Gelände des Unternehmensstandorts der Agrar­vereinigung eG Darchau. Dorthin, nahe der Elbe im Landkreis Lüneburg, hatten sich Fernsehsender und große Zeitungen auf­gemacht. Sie alle wollten neben den zahl­reichen geladenen Gästen aus der Region und der Branche dabei sein, wenn Deutschlands erste Bio-LNG-Kompaktanlage hochgefahren wird.

Die Bio-LNG-Anlage kann grünen Treibstoff für LKW, Busse, Traktoren sowie künftig auch für Schiffe produzieren. Bio-LNG ist verflüssigtes Gas aus Biomethan, das in Tankwagen transportiert werden kann und sich vor allem für den Schwerlastverkehr eignet. Der Clou: Durch den Gärprozess bei der Produktion von Biogas wird der Atmosphäre klimaschädliches CO₂ entzogen. Die CO₂-Bilanz von Bio-LNG als Treibstoff fällt negativ aus, wenn Abfallprodukte wie Gülle und Mist aus Betrieben in der jeweiligen ­Region für die Herstellung eingesetzt werden. Ein Kilogramm Bio-LNG enthält etwa 1,4-mal mehr Energie als ein Liter Diesel.

Neues Geschäftsmodell für Biogasanlagen-Betreiber

Für die Energiewende in Deutschland und international hat das Konzept aus zwei Gründen großes Potenzial: Es hilft erstens die CO₂-Emissionen im Verkehr nachhaltig zu reduzieren. Zweitens kann die Bio-LNG- Produktion für landwirtschaftliche Betriebe ein neues Geschäftsmodell darstellen. Denn der Ansatz für eine wirtschaftliche Biogas- Verwertung hat für viele Anlagenbetreiber an Attraktivität gewonnen, seitdem das ­Modell der Verstromung gemäß dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) bei vielen Anlagen nach und nach ausläuft.

Durch die kompakte Konstruktion der RUHE- Anlage haben Betriebe aller Größen, die ­bereits über eine Biogasanlage verfügen oder auch eine neue bauen wollen, die Chance, das Prinzip der Bio-LNG-Herstellung zu übernehmen. Eine weitere Möglichkeit ­besteht in der Veredelung zu Bio-LCO₂, das beispielsweise in der Industrie bei der Lebensmittelkonservierung zum Einsatz kommt. Der Unternehmensbereich RUHE Biogas bietet Kunden dafür ein Komplett­paket an – von der Machbarkeitsstudie über den Anlagenbau bis zur Vermarktung.

Familienunternehmen Kunibert Ruhe, Geschäftsführer der RUHE Unternehmensgruppe und Maximilian Ruhe, Geschäftsführer von RUHE Biogas

Erneuerbare Energien aus dem Agrarkreislauf

Die Produktion von Bio-LNG aus Reststoffen ist bei RUHE selbst längst angelaufen, die Umstellung der LKW- und Traktorenflotte auf Bio-LNG in vollem Gange. Reststoffe und Nebenprodukte aus der landwirtschaftlichen Produktion wie Gülle und Mist, mit denen Energie in Form von Strom, Wärme, Biomethan oder Bio-LNG gewonnen werden kann, fallen an den Unternehmensstand­orten von RUHE reichlich an. In den Agrar­betrieben wird Rindermast und Ackerbau betrieben sowie Strom und Wärme aus ­erneuerbaren Energien produziert.

Am Standort Darchau werden 1.600 Rinder in sechs Stallungen gehalten. Alle Rinder werden bei der RUHE Unternehmensgruppe nach Standards der Haltungsform 3 gehalten. Eine Biogasanlage mit einer Leistung von 2,74 MWel/h liefert dort zusätzlich ­genügend Energie, um fünf Blockheizkraftwerke zu betreiben, die günstigen grünen Strom in das öffentliche Netz einspeisen.

Den Standort Parmen (Brandenburg) hat RUHE 2010 übernommen. Vier Biogas­­a­nla­gen mit einer Gesamtleistung von äquivalent ca. 6,5 MWel/h liefern Energie für 12 BHKW. Neben Strom entsteht hier auch Wärme, mit der zahlreiche Haushalte in ­Parmen und Umgebung versorgt werden.

In Vehlow, wo nach Umbauarbeiten der ­Stallungen nun 530 Tiere stehen können, wird eine Biogasanlage mit einer Leistung von 2,74 MWel/h betrieben. Sie versorgt fünf Blockheizkraftwerke. Haushalte in ­Vehlow, Demerthin, Wutike und Minnashöh profi­tieren von einem Fernwärmenetz.

Der Standort Picher in Mecklenburg-­Vorpommern mit der Firmenbezeichnung Agrarproduktion Bresegard-Picher eG ging 2014 aus der Genossenschaft Agrarunternehmen Picher eG hervor und wurde im Juli 2020 in die Ruhe Unternehmensgruppe ­integriert. Die bei Ludwigslust errichtete Biogas­anlage hat eine Leistung von 75 kWel/h, die zukünftig vergrößert werden soll, um Bio-LNG zu produzieren. Auch in ­Picher spielt die Rindermast eine Rolle. Hier werden über 1.600 ­Bullen in um­­ge­bauten bzw. neu errichteten Ställen nach Haltungsform 3 gehalten.

Der neueste Standort, die Hof Neu Jabel GmbH, eine Tochtergesellschaft der Agrarproduktion Bresegard-Picher eG, befindet sich derzeit noch im Umbau. Hier werden ebenfalls die Produktion von Biogas, der Ackerbau sowie die Rindermast verfolgt.

Ackerbau: digital, bodenschonend, klimafreundlich

Am Standort Beenz in der Uckermark, der 2021 eingegliederten Agrargenossenschaft Beenz eG, sollen bald gezielte Investitionen den Kreislaufgedanken zum Leben erwecken und Beenz unabhängiger vom Zukauf von Betriebsmitteln machen. Durch die sehr leichten und sandigen Böden in Kombina­tion mit der ausgeprägten Trockenheit über den Sommer gestaltet sich Ackerbau in ­dieser Region nicht einfach. Daher wird auf eine reduzierte Bodenbearbeitung, möglichst viele Fruchtarten sowie den Anbau von Zwischenfrüchten und Untersaaten ­gesetzt. Ziel ist es, den Boden ganzjährig zu bedecken und den Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln gering zu halten.

Eine wichtige Rolle kommt dabei den dort grasenden 1.049 Bentheimer Schafen zu. Sie werden ganzjährig im Freien gehalten.

Durch die Beweidung erhalten sie den ­Lebensraum für viele seltene und schützenswerte Pflanzen und Insekten. Weib­liche Lämmer behält das Unternehmen als Nachzucht, während die männlichen lokal vermarktet werden.

Ökonomie und Ökologie sind angesichts der wachsenden Herausforderungen der modernen Landwirtschaft stets in Einklang zu bringen, so die Überzeugung von RUHE.

Nur durch eine standortgerechte Gestaltung der Fruchtfolge und den schonenden Einsatz landwirtschaftlicher Maschinen ist eine nachhaltige Nutzung der Flächen möglich. Die Digitalisierung spielt auch hier eine immer größere Rolle. Um bodenschonend, klimafreundlich und tiergerecht wirtschaften zu können, werden computergesteuerte Maschinen genutzt – und auf dem Acker nachhhaltige landwirtschaftliche Praktiken angewendet, um die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten, den Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln möglichst gering zu halten und die Artenvielfalt zu fördern. Während der Produktion werden ­Ressourcen wie Wasser, Energie und Nährstoffe effizient eingesetzt. Technologien wie or­ganische Düngemittel optimieren den V­erbrauch und minimieren gleichzeitig Abfälle.

Neue Mitstreiter für nachhaltiges Wachstum gesucht

Das junge Familienunternehmen RUHE fühlt sich mit seinem Geschäftsmodell, das Landwirtschaft und Energieproduktion auf kreative Weise verbindet, gut für die Zukunft aufgestellt. Die positive Entwicklung gibt den Lüschern Recht. Und mit dem Wachstum wollen sie nun auch die Belegschaft weiter ausbauen. Derzeit beschäftigt die Unternehmensgruppe rund 200 Menschen in Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen-Anhalt. Geschäftsführer Kunibert Ruhe liegt be­sonders am Herzen, junge Leute an die Landwirtschaft heranzuführen und von den attraktiven Perspektiven zu überzeugen. Auch deshalb ist die Gruppe beispielsweise eine Kooperation mit der Justus-von-Liebig-­Schule in Vechta eingegangen. Jährlich ­bekommen bei RUHE fünf Auszubildende ­ihre Chance. 

Erfahrene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden aktuell ebenfalls für vielseitige Aufgaben gesucht. Der Bereich Agrar will sich vor allem mit Landwirten verstärken. Im ­Bereich Biogas, der mit den Bio-LNG-Anlagen ein neues zukunftsträchtiges
Geschäftsfeld erschließt, sind Positionen in kaufmännischen und technischen Bereichen zu vergeben. 

RUHE KURZ + KNAPP

2010: Kunibert Ruhe, bis dahin Gründer und Vorstand der international tätigen EnviTec Biogas AG, gründet RUHE Agrar

2014: Gründung von RUHE Biogas Service

2021: Einstieg von Maximilian Ruhe als Geschäftsführer RUHE Biogas Service

2022: RUHE Biogas errichtet die erste kompakte Bio-LNG-Anlage in Deutschland

2023: Die RUHE Unternehmensgruppe beschäftigt 200 Mitarbeitende in Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen-Anhalt und plant, das Team mit qualifizierten und motivierten Mitarbeitern zu erweitern

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