Agrar- und Ernährungswirtschaft

Qualitätsfleisch aus Deutschland: Alles andere ist Beilage.

09.02.2023
Autor: Dirk Vagelpohl

Fleisch essen, Fleisch herstellen: Das sind Themen, für die das Bewusstsein unter den Menschen immer mehr wächst. Die Bahlmann-Gruppe ist seit mehr als 50 Jahren Produzent von Kalbfleisch im Oldenburger Münsterland – und stolz darauf, von Beginn an für tiergerechte Haltung und Top-Qualität zu stehen. Heute liegt der Marktanteil von Kalbfleisch der Bahlmann-Gruppe in Deutschland bei 40 Prozent.

Die Geschäftsführer der Bahlmann-Gruppe (v.l.): Jens Bahlmann und Jürgen Bahlmann.

Tierwohl ist ein großes Wort, das alle gerne im Munde führen. Öffentliche Diskussionen um freiwillige Auflagen und Labels befeuern das. „Wir füllen dieses Wort auch aus,“ zeigt sich Geschäftsführer Jens Bahlmann überzeugt. Der Sohn des Gründers Hubert Bahlmann erläutert: „Wir setzen voll darauf, alle Produktionsschritte unter einem Dach zu vereinen, und sind davon überzeugt, dass wir so beste Qualität erzeugen, vereint mit
einer tiergerechten Haltung.“

Nachhaltiges Wirtschaften

Schon Hubert Bahlmann setzte auf Nachhaltigkeit, bevor irgendjemand dieses Wort so inflationär benutzte wie heute. Er mästete 1959 die ersten zehn Kälber auf dem elterlichen Hof in Ambühren, einem Ortsteil von Cloppenburg. Als „Bauernkind“ lebte er den landwirtschaftlichen Gedanken: Es geht nicht allein um kurzfristige Gewinnmaximierung, sondern um langfristiges generationenübergreifendes Wirtschaften, das Mensch, Tier und Umwelt auf bestmögliche Weise zusammenbringt. Von den zehn Kälbern konnte Hubert Bahlmann fünf verkaufen und verdiente damit so viel Geld, dass er zehn neue Kälber erwerben konnte. Der zweite Durchgang verlief ohne Verluste. Der Grundstein für die Bahlmann-Gruppe war gelegt.

Übrigens: Dass wir Kalbfleisch essen, hat auch etwas mit Nachhaltigkeit zu tun. Denn die Kälbermast nahm in den 1960er-Jahren deshalb Fahrt auf, weil die Zahl der Milchkühe in Niedersachsen stetig zunahm. Damit eine Kuh Milch gibt, muss sie ein Kalb zur Welt bringen. Da die Bullenkälber aber nun einmal als erwachsene Tiere keine Milch geben, waren sie auf den Milchbetrieben „übrig“. Gut für Hubert Bahlmann, denn diese übrigen Kälber bildeten den Grundstein für eine ganze Branche. Heute schlachtet die Bahlmann-Gruppe jährlich 140.000 Kälber und 25.000 Bullen und beliefert den klassischen Lebensmitteleinzelhandel, Discounter, den Großhandel, den Gastrobereich sowie Metzgereien und Dönerproduzenten.

„Unser Maßstab ist das Wohlbefinden der Kälber“, so Geschäftsführer Jens Bahlmann.

Alles aus einer Hand

Inzwischen führt Jens Bahlmann die Unternehmensgruppe mit Sitz in Lindern im Landkreis Cloppenburg in zweiter Generation. Mit 310 Mitarbeitenden, eigenen Mastbetrieben mit Ackerbau, eigener Futtermittelherstellung, Schlachtung, Zerlegung und Vermarktung garantiert das Unternehmen, dass Kalbfleisch der Bahlmann-Gruppe komplett nachverfolgbar auf den Tellern der Verbraucher landet.

Dass die Bahlmann-Gruppe diesen Anspruch erfüllt und sich für eine transparente Kalbfleischproduktion stark macht, zeigt sich auch daran, dass das Unternehmen Gründungsmitglied der vor über 20 Jahren gegründeten Kontrollgemeinschaft Deutsches Kalbfleisch (KDK) ist. Derzeit gehören dem Verbund 130 Betriebe mit mehr als 300 Stallstandorten an. Diese haben sich das Motto Fünf D auf die Fahne geschrieben: Geburt, Mast, Schlachtung, Zerlegung und Verarbeitung finden demnach komplett in Deutschland statt. Die Mast-, Schlacht-und Verarbeitungsbetriebe der KDK gehen freiwillig noch weit über die gesetzlichen Rahmenbedingungen hinaus. Zum Beispiel wendet die Bahlmann-Gruppe zusätzliche Prüfverfahren an, die von unabhängigen Instituten vorgenommen werden.

Regional und landwirtschaftlich

Die Bahlmann-Gruppe kauft ihre Kälber fast ausschließlich von Milchviehbetrieben in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Hessen. Das bedeutet für die Tiere kurze Anfahrtswege bis zum Sammelstall am Unternehmensstandort Lindern. Von Beginn der Mast an kennzeichnet der Geburtsbetrieb die Kälber mit zwei Ohrmarken. So ist die Herkunft des Fleisches lückenlos nachvollziehbar. Von dort aus geht es für die Tiere, sortiert nach Gewicht und Rasse, in die angeschlossenen Mastbetriebe in der Region – in einem Umkreis von höchstens 50 Kilometern. In den 60 Mastställen werden die Kälber nach der deutschen Kälberhaltungsverordnung gehalten. Sie ist die strengste in der gesamten EU. Beispielsweise ist die Haltung der Kälber ab 2024 nur noch auf weichen Gummiböden erlaubt – die bisher üblichen Hartholzböden sind im Vergleich dazu in den Niederlanden noch über 2030 hinaus gestattet. „Genauso wichtig wie solche Verordnungen sind uns das geschulte Auge und die lange Erfahrung in den bäuerlichen Familienbetrieben im Umgang mit den Tieren,“ ergänzt Jens Bahlmann. „Unser wichtigster Maßstab ist das Wohlbefinden der Kälber.“

Die Kälbermast ist landwirtschaftlich organisiert, das heißt, jeder Mastbetrieb betreibt auch Ackerbau. Die Bahlmann-Gruppe bewirtschaftet so rund 1.200 Hektar. Im eigenen Mischfutterwerk verarbeitet das Unternehmen die Ackerbauerträge dann zu Rau-und Kraftfutter – wiederum für die eigene Kälbermast. Ebenso werden auf den Flächen nachwachsende Rohstoffe für die eigene Biogasanlage angebaut. Der Milchaustauscher, also der Ersatz für die Muttermilch für die Kälber, stammt aus eigener Herstellung mit Molkenpulver vorzugsweise aus niedersächsischen Molkereien.

Luftbild des Betriebsgeländes der Bahlmann-Gruppe in Lindern.

Regenerative Energie

Die Bahlmann-Gruppe setzt auf Tradition und Erfahrung – und ebenso auf Innovation. So testet das Unternehmen seit 2020 eine neue Energiep¥anze für den Einsatz in der eigenen Biogasanlage. Auf vielen Flächen wächst die Donau-Silphie, eine Pflanze, die nur einmal gepflanzt wird und dann bis zu 30 Jahre lang geerntet werden kann. Sie braucht lediglich eine Düngung im Frühjahr, keine Pflanzenschutzmittel und blüht fast den ganzen Sommer. Ihre Silage ist eine reine Energiequelle, die anstelle von Mais genutzt wird. „Wir versprechen uns viel von der Donau-Silphie,“ unterstreicht Jürgen Bahlmann, der Betreiber der Anlage. Das Besondere ist, dass sie eine wirklich lange Blütezeit von Ende Juni bis September hat – in einer Zeit, in der sonst wenig blühende Pflanzen verfügbar sind.

So bringt die Pflanze doppelten Nutzen: Sie schafft eine schöne Landschaftsatmosphäre und bietet Raum für Tiere. Für Wild, für Bienen, Vögel und Insekten sind diese Flächen wichtig. Durch die Becherform der Blätter trägt Silphie unter anderem zur Wasserversorgung von Insekten und Vögeln bei. „Mit der Donau-Silphie leisten wir einen echten Beitrag zur Biodiversität,“ zeigt sich Jürgen Bahlmann stolz auf das Projekt. Zur Bahlmann-Gruppe gehört außerdem eine Biogasanlage mit einer Gesamtleistung von 4,70 Megawatt. Die Anlage produziert das 2,5-fache des unternehmenseigenen Gesamtverbrauchs an Strom und Wärme. Schule, Schwimmbad und Rathaus in Lindern werden ebenfalls mit Wärme versorgt. „Wir setzen zusätzlich zu den Inputstoffen unserer eigenen Flächen tierische Wirtschaftsdünger ein,“ beschreibt mit Geschäftsführer Jürgen Bahlmann das Konzept. Die Gärreste werden separiert – das wirkt sich günstig auf den Transport und das Ausbringen auf dem Feld aus. „Außerdem planen wir den Bau einer Gasaufbereitungsanlage, deren Ertrag wir ins öffentliche Netz einspeisen werden,“ so Jürgen Bahlmann. Mehrere Photovoltaik-Anlagen decken zusätzlich rund 15 Prozent des Stromverbrauchs am Unternehmensstandort ab.

Energiepflanze „Donau-Silphie“.

Kontrollierte Qualität

Zurück zu einer weiteren Kernkompetenz der Bahlmann-Gruppe: die Schlachtung und Zerlegung im eigenen Fleischzentrum, einem von nur drei Schlachtbetrieben dieser Art deutschlandweit, die vom KDK zertifiziert sind. Im Fokus stehen selbstverständlich Produktionsqualität und ein hoher Hygienestatus. „Wir sind flexibel, was Kundenwünsche anbelangt,“ erklärt Jens Bahlmann. „Individuelle Zuschnitte sind bei uns schnell und zuverlässig umsetzbar.“ Die Bahlmann-Gruppe hat über 1.200 Artikel für den klassischen Lebensmitteleinzelhandel und den Großhandel im Programm, von frischem Fleisch über gewürzte und marinierte Produkte bis hin zu Convenience.

Knapp 70 Prozent des Fleisches bestellen die Kunden feinzerlegt und vakuumverpackt, 30 Prozent verlassen das Werk als Teilstücke mit Knochen. Auch Kalbfleisch in sogenannten MAP-Schalen gehört zum Repertoire: Sie versiegeln das Produkt bestmöglich, sodass keine weiteren Konservierungsstoffe nötig sind und das Fleisch besonders lange haltbar bleibt. Auch das sogenannte Tray-Skin-Verfahren setzt die Bahlmann-Gruppe um. Dabei verhindert eine enganliegende Folie das Aussaften und Verrutschen des Inhalts. Als letzter Schritt der gesamten Produktionskette erfolgt die Auslieferung mit dem unternehmenseigenen Fuhrpark.

Bahlmann-Milchaustauscherkonzepte für die moderne Kälberaufzucht.

In der Heimat verwurzelt

Die Bahlmann-Gruppe ist Familienunternehmen und Arbeitgeber für 310 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den verschiedensten Bereichen: Tier-und Landwirte, Verfahrenstechnologen und Müller, Fleischer, Metzger und Fachkräfte für Lebensmitteltechnik, Logistiker, Staplerfahrer und LKW-Fahrer, Metallbauer, Industriemechaniker und Elektriker, Büro-, Industrie-, Groß-und Außenhandelskauleute, Außendienstler und Verkäufer. In allen Bereichen arbeiten sowohl Frauen als auch Männer. Auch Quereinsteiger können in der Bahlmann-Gruppe durchstarten. Das Unternehmen sorgt darüber hinaus für den eigenen Nachwuchs und bildet Fachkräfte für Lebensmitteltechnik, Groß und Außenhandels-und Bürokaufleute aus. „Trotz unserer Größe schaffen wir es, dass vertrauensvolle Klima eines Familienbetriebes aufrechtzuerhalten,“ zeigt sich Jens Bahlmann erfreut.

Seit 2003 gibt es direkt neben dem Werksgelände einen eigenen Werksverkauf. „Der kleine Laden war uns immer eine Herzenssache,“ meint Jens Bahlmann, „darum haben wir uns 2021 entschlossen, hier zu investieren.“ Anfang März 2022 öffnete der vergrößerte Bahlmann-Shop nach nur zehnwöchiger Umbauphase seine Pforten und bietet alles, was das Verbraucherherz begehrt: klassische Frischfleisch-Angebote, ein neues Sortiment mit regionalen Erzeugnissen, Dog Shop und eigene Merchandising-Produkte wie Schürzen und Brettchen. „Wir fühlen uns dem Oldenburger Münsterland in vielerlei Hinsicht verbunden,“ sagt Jens Bahlmann. „Das zeigen wir in unserem ganzen Denken und Handeln – und eben auch mit unserem neuen Bahlmann-Shop.“