Ein traditionsreicher Hof, zwei Töchter, ein Sohn – da scheint klar, dass der Junior den Betrieb weiterführt. Oder? „Natürlich", sagen Verwandte und Bekannte, „so ist das in der Landwirtschaft". Kaum ein Junge kann auf einem Hof groß werden, ohne dass zumindest einige in ihm den „kleinen Bauern" sehen. Kein Wunder: Ein Trettrecker ist schnell besorgt, und wer sagt schon nein, wenn es die Einladung gibt, auf großen Erntemaschinen mitzufahren. Berufswahl erledigt?
Findet sich kein Nachfolger, kann das Auswirkungen auf die ganze Familie haben.
Auch Jupp Meyer kennt solch gutgemeinte Kommentare aus seiner Kindheit. Er hat Verständnis für die Hindeutung von Werdegängen, die auch in vielen anderen Familien und Berufen vorkommt. Gutheißen mag er sie nicht. Denn in der Landwirtschaft wiegt sie schwerer. Wenn sich auf einem Hof keine Nachfolgerin oder kein Nachfolger findet, kann das Auswirkungen auf die ganze Familie haben. Der Generationenvertrag funktioniert hier oft so, dass die Eltern ihr Altenteil auf dem Hof beziehen. Und wenn der verkauft werden muss? Eine große Bürde für die nachfolgende Generation – schwer, sich bei der Berufswahl davon frei zu machen. Schwer, aber möglich!
Jupp Meyer hat sich nicht unter Druck gesetzt gefühlt. „Meine Eltern haben nie vorausgesetzt, dass ich Bauer werde." Aber klar, er habe gewusst, dass sie sich freuen würden. „Mach, was du möchtest, haben sie gesagt. Es war immer offen, was ich einmal werde. Und ich bin mir sicher, dass ich mich jetzt noch umentscheiden könnte. Sie würden trotzdem zu mir halten." Seine beiden Schwestern hatten kein Interesse an der Hofübernahme. „Wäre das anders gewesen, hätten wir zusammen eine Lösung gefunden", ist Meyer sich sicher. Wenn aktuell mal Not am Mann ist, etwa zur Erntezeit, kann er auf die beiden zählen. So ist das in der Landwirtschaft.
Mit Vater Georg teilt sich Jupp Meyer ein Büro und ist froh über den gleitenden Übergang.
Bei der Gestaltung des Pachtvertrags hat die Familie sich Hilfe beim Berufsverband Landvolk geholt. „Wir wollten eine Summe finden, die fair für alle ist. Meine Eltern sollen den Hof nicht verschenken. Andererseits muss ich in der Lage sein, Einnahmen zu erwirtschaften." Mit der Vereinbarung sind sie das erste Stück Richtung Nachfolge gegangen. Als Vorteil empfindet Jupp Meyer, dass alle Beteiligten noch verhältnismäßig jung sind. Vater Georg ist mit seinen 56 Jahren weit von der Rente entfernt. „Ich habe im Kollegenkreis beobachtet, dass oft alle Parteien wirklich hinter der Entscheidung stehen, wenn der Übergang früh eingeleitet wird." Das heißt, die ältere Generation kann und will loslassen und traut den Jüngeren auch etwas zu.
Den Eltern auf dem Hof zu helfen, ist eine Sache. Den Hof zu pachten und die Eltern dem Sohn helfen zu lassen, eine andere. Was macht das mit der Beziehung? „Nicht viel", sagt Jupp Meyer. Aber es fühlt sich schon etwas anders an. Gegenseitige Hilfe ist nach wie vor selbstverständlich. Neu für Meyer ist, dass er jetzt mehr Zeit im Büro verbringt. Nach der Gesellenprüfung hat ihn sein Vater an diese Arbeit herangeführt. Mittlerweile ist er staatlich anerkannter Betriebswirt und verwaltet sein Unternehmen selbständig. „Es war gut, dass mir der Sprung ins kalte Wasser erspart wurde", blickt Jupp Meyer zurück. Heute teilen Vater und Sohn sich als Kollegen ein Büro – wenn Georg Meyer nicht gerade in Mecklenburg-Vorpommern ist.