„Wir erhoffen uns von der neuen Schulform eine zielgerichtete Lenkung der Absolventen von allgemeinbildenden Schulen – entweder hin zur Erlangung einer Studienberechtigung oder in Richtung duale Berufsausbildung“, sagt Schulleiter Ernst Escher über die Motivation, mit seiner Schule an dem Innovationsvorhaben teilzunehmen. Escher selbst hatte in einer Kommission an der Entwicklung der Schulform mitgewirkt und erhofft sich positive Impulse für die duale Berufsausbildung im OM.
Stefan Bünting, Leiter des Geschäftsbereiches Bildung bei der Oldenburger IHK, bemerkt, dass sich „immer mehr Schulabsolventen für ein Studium statt eine betriebliche Ausbildung entscheiden. Die duale Berufsausbildung ist allerdings weiter attraktiv und öffnet neben guten Verdienstmöglichkeiten auch viele Weiterbildungsperspektiven. In unserer wirtschaftsstarken Region brauchen wir mehr denn je qualifizierte Fachkräfte und nicht nur Akademiker.“
In die gleiche Richtung argumentiert auch Matthias Fortmann, Personalchef des mittelständischen Futtermittelherstellers Bröring in Dinklage. „Wir merken seit Jahren einen deutlichen Rückgang bei den Bewerbungen für einen kaufmännischen Ausbildungsberuf, obwohl wir weiterhin einen Bedarf für diese Berufe haben. Alle Aktivitäten, die zur Stärkung der dualen Ausbildung beitragen, unterstützen wir gerne“, so Fortmann.
Das übergeordnete Ziel des Kultusministeriums ist es, mit der neuen Schulform „BFS dual“ die Durchlässigkeit des beruflichen Schulsystems zu erhalten.
„Die Jugendlichen sollen durch den hohen praktischen Anteil und das intensive Beratungs- und Coachingangebot überwiegend in eine duale Berufsausbildung geführt werden. Bei entsprechenden Leistungen können sie alternativ in die Klasse 12 der Fachoberschule einmünden“, erläutert die zuständige Fachreferentin des Innovationsvorhabens, Alexandra Emig, aus dem Ministerium.
BFS dual orientiert sich am Y-Modell
Die neue Schulform BFS dual ist in Form eines Y-Modells organisiert (vgl. Abbildung auf S. 49), das heißt: Im ersten Halbjahr findet eine gemeinsame Beschulung der Jugendlichen im Klassenverband statt, im zweiten folgt die Aufteilung der Schülerinnen und Schüler in den B-Strang (Berufsausbildung) oder den F-Strang (Fachoberschule). An den HLA Lohne haben die Jugendlichen zudem die Möglichkeit, zwischen den Schwerpunkten Wirtschaft oder Gesundheit zu wählen. Dabei ist es möglich, innerhalb eines Schuljahres im B-Zweig eine vertiefte Vorbereitung auf eine Berufsausbildung zu erreichen oder im F-Zweig eine notwenige Voraussetzung für den Besuch der Klasse 12 der FOS mit dem Ziel der Fachhochschulreife zu erlangen. Außerdem kann in beiden Schwerpunkten und Strängen der erweiterte Sekundarabschluss erworben werden.
„Bring your own device“
Bereits im Zuge der Planungen hatten sich die Mitglieder der internen Steuergruppe zur BFS dual zum Ziel gesetzt, die neue Schulform möglichst digital auszurichten. Die Bewerberinnen du Bewerber erhielten mit der Anmeldung die Aufforderung, eigene digitale Endgeräte mit in den Unterricht zu bringen – unabhängig von Hersteller und Betriebssystem. „Uns ist es wichtig, die jungen Menschen in der BFS dual auf eine digitalisierte Ausbildung vorzubereiten. In den Betrieben und im Studium ist das Tablet oder Notebook bereits Standard. Zudem haben wir an unserer Schule neben den technischen Voraussetzungen ein aufgeschlossenes Kollegium, dass diese Veränderung bereitwillig mitgestaltet“, lobt der Schulleiter seine Lehrkräfte und sein EDV-Team unter Leitung des Koordinators Thomas Evers. Ihm sei es maßgeblich zu verdanken, dass an den Handelslehranstalten mit Office 365 reibungslos unterrichtet werden könne, so Ernst Escher.
Hoher Praxisanteil in der neuen Schulform
In dem Innovationsvorhaben wird der dualen Berufsausbildung eine große Bedeutung beigemessen. Bereits im ersten Halbjahr wird großer Wert auf den Erwerb praktischer und berufsbezogener Erfahrungen gelegt. Einen Platz für eine zweiwöchige praktische Ausbildung in einem Unternehmen müssen sich die Schülerinnen und Schüler bereits vor Beginn des Schuljahres selbstständig suchen, ein weiteres Praktikum ist im zweiten Halbjahr vorgeschrieben. „In einem verpflichtenden Eingangsgespräch vor den Sommerferien haben wir jeden Jugendlichen noch einmal intensiv auf die Suche nach einem Platz für die praktische Ausbildung hingewiesen und Bewerbungstipps gegeben“, erläutert Teamleiter Stephan Möller. „Bereits Ende September waren alle 175 Schüler unserer sieben BFS dual Klassen versorgt“, berichtet Teamleiterin Julia Wichary. „Die Betriebe erkennen zunehmend den Mehrwert der Praktika, wenn es um die Besetzung ihrer Ausbildungsplätze geht. Nicht selten kehren die Praktikantinnen und Praktikanten aus den Betrieben mit einem Ausbildungsplatzangebot zurück in die Schule“, erörtert Julia Wichary.