Lebenswelt

Werrelmann: 77 Jahre und nicht aus der Mode

18.01.2024
Autorin: Ulla Schmitz

77 Jahre Werrelmann in Cloppenburg: Sich ganz individuell, mit seinem eigenen Stil darzustellen, das ist Sinn von Mode, Ausdruck von Zeitgeist – und dafür gibt es Werrelmann, Modemacher von Cloppenburg.

Kleider machen nun mal Leute, das ist altbekannt und so prägt das Modehaus Werrelmann bereits seit 1947 das Stadtbild Cloppenburgs: Als „Textilwaren- u. Konfektionsgeschäft G. Werrelmann“ gegründet, auf 60 Quadratmetern in der ehemaligen Nationalbank gegenüber der Post. Jene Adresse, die von Beginn an der Cloppenburger Treffpunkt war, für Groß und Klein, auf der Suche nach „etwas Schönem zum Anziehen“. Man wollte die Kriegsvergangenheit vergessen und der 1918 in Ermke (Gemeinde Molbergen) geborene Kaufmann Georg Werrelmann schuf mit seinem Modeladen schönste Voraussetzungen dafür.

„Meine Beziehungen zu den leistungsfähigsten Firmen befähigen mich zu außerordentlichen Möglichkeiten hinsichtlich der Bedienung der Käuferschaft. Kommen Sie zu mir, Sie werden gerade in dieser Notzeit bei mir finden, was Ihnen fehlt.“ Mit diesen Worten lud die Anzeige zur besagten Geschäftseröffnung am Samstag, dem 9. August 1947 im damals wöchentlich erscheinenden Anzeigen­blatt für den Landkreis Cloppenburg ein, und beschrieb gleichzeitig den enormen Mut, den Georg Werrelmann mit diesem Schritt bewies.

In der heutigen Diktion würde man den damals knapp 30-jährigen Mann als Visionär bezeichnen, einen jedoch, der mit beiden Beinen in der Wirklichkeit war: Nach der kaufmännischen Lehre im Textilhaus Klostermann in Molbergen wurde Georg Werrelmann zur Luftwaffe nach Berlin eingezogen und war dort mehrere Jahre im Versorgungsamt tätig. Doch schon bald reifte sein Entschluss, sich mit einem eigenen Geschäft selbstständig zu machen. Wobei er dazu zuallererst eine Gewerbeerlaubnis benötigte, und die war nicht so einfach zu bekommen. Man hatte dem Oberkreisdirektor nämlich einen Bedarf für ein neues Geschäft nachzuweisen. Kein Problem für Georg Werrelmann, hatte er doch erfahren, dass das Cloppenburger Krankenhaus dringend Bettwäsche benötigte und das in einer Stückzahl, die es weit und breit nicht zu kaufen gab. Eigentlich, denn Werrelmann besorgte das komplette Kontingent und erhielt daraufhin die benötigte Genehmigung zur Geschäftseröffnung.

Wobei erst noch das Ladenlokal eingerichtet und das Warenlager ausgestattet werden musste. Zwar bestand das Sortiment zu Beginn vorwiegend aus Stoffen und Zutaten, die zum Nähen von Bekleidung benötigt wurden, denn anderes gab es noch nicht – jedenfalls nicht im Großraum Cloppenburg. Aber Werrelmann hatte durch seine zahlreichen Kontakte insbesondere zu den Händlern in der „Berliner Konfektion“ an der Kochstraße in Berlin, schon mitbekommen, dass man Hemden, Blusen, Anzüge, Röcke, Mäntel oder Jacken en Gros zum Beispiel bei den Herstellern im Ruhrgebiet kaufen konnte. Was Georg Werrelmann natürlich nicht ungenutzt ließ. Und so brauste er in seinem alten Hanomag von hier nach da und kaufte vor allen Dingen Restposten ein, denn die ließen sich zu erschwinglichen Preisen weiterverkaufen. Es war Währungsreform! Mussten die Leute da noch zum Kauf von modischem Krimskrams verführt werden, anstatt das bisschen noch wertvolle Geld in anderen Geschäften zu lassen, für das Nötigste?

Das Nötigste aber war etwas Neues, Schönes, das sich wohlriechend und sanft auf die Haut legte, wenn man es anzog, womit man sich endlich wieder „fein machen“ konnte. Und das bekam man bei Werrelmanns, nunmehr im Plural, denn nur wenige Monate nach der Eröffnung des Geschäfts war Maria geborene Renschen die Ehefrau an Georgs Seite. Wobei man das anders betonen muss, denn was das „Textilwaren- u. Konfektionsgeschäft G. Werrelmann“ anging, war Georg ab sofort der Mann an der Seite seiner Frau. „Ohne meine Mutter hätte Vater den Laden gar nicht aufbauen können“, betont Hans-­Jürgen Werrelmann. Und wer Maria Werrelmann erlebt hat – sie wurde im Oktober letzten Jahres 100 Jahre alt – kann keine Zweifel daran haben, wie sie das Modehaus in eine Art Schatztruhe verwandelte, ein wahrer Lichtblick im Trübsinn dieser Epoche.

Womit wir mittendrin sind, im Modehaus Werrelmann, das in seiner heute zweistöckigen und weiträumigen Präsenz dem Stil Cloppenburgs einen hervorragenden Schick verleiht. Präsentieren sich die Schaufenster doch wie Bilder, mit ständig neuen Details – und das nicht allein im Wechsel der Jahreszeiten und ihrer angesagten Looks und Trendfarben, immer mit dem Touch des Besonderen, durch alle Modeerscheinungen hindurch, stets jene Kollektionen im Angebot, die für Sie und Ihn, gleich welchen Alters, welchen Stils oder welcher Größe, den individuellen Look kreieren. Ob modern oder konsequent dem letzten Schrei entsprechend und klassisch selbstverständlich: Werrelmann ist Marke und Trend zugleich.


Modenschau bei Werrelmann heute: Maria, Hans-Jürgen und Constanze Werrelmann, mit Tochter Merle.

Wandel im Stil des Zeitgeists

1990 übernahm Hans-Jürgen Werrelmann als Inhaber den Familienbetrieb und führt ihn bis heute mit seiner Frau Constanze gemeinsam. 2006 wurde die Verkaufsfläche im Erdgeschoss zum wiederholten Mal erweitert, in dem die bislang von der Verwaltung genutzten Flächen auf bis dato leerstehende Bereiche des Obergeschosses verlegt werden konnten. Eine hauseigene Photovoltaik-­Anlage erzeugt seit Jahren schon die elektrische Energie zur Versorgung des Gebäudes. 2012 wurde die im Erdgeschoß vermietete Fläche frei und Constanze und Hans-Jürgen Werrelmann entschlossen sich zu einer maß­geblichen Umgestaltung und Erweiterung des Modehauses – realisiert in den Jahren 2014 bis 2015, mit einer totalen Entkernung des Altbaus und der damit ermöglichten Erweiterung des Geschäftsbereichs am Amtshausweg. Gleichzeitig war dies die größte Investition der Firmengeschichte, mit dem Erfolg, dass eine spürbare Wohlfühlatmos­phäre das Shopping-Erlebnis bei Werrelmann zu einer sinnlichen Episode macht.

Zum gelungenen Einkauf trägt auch eine frühere Entscheidung maßgeblich bei: Der Park­platz direkt hinter dem Modehaus. Denn die Tatsache, dass zahlreiche Haushalte schon früh einen Zweitwagen unterhielten, steigerte auch die Mobilität aus der ländlichen Umgebung Richtung Kreisstadt – zum Bummeln, zum Schaufenster gucken, zum Einkaufen. Also wurden hinter Werrelmann der große Garten und weitere Grundstücke zu befestigten Parkflächen umfunktioniert. Mit dem Ergebnis, dass 100 geschäftseigene Kundenparkplätze entstanden. Das war mal ein Fortschritt: Der Werrelmann-Parkplatz war zu der Zeit der größte Parkplatz in Cloppenburg!

Und dass Maria Werrelmann ihren Garten dafür aufgeben musste, das wurde mit einem üppigen Dachgarten ausgeglichen. Fortschritt, das weiß man, ist Veränderung. Fortschritt und Innovation sind Teil der Werrelmann-­DNA – wie auch die echte Nähe zur Kundschaft, Natürlichkeit, Weltoffenheit und Verantwortungsbewusstsein.

„Mit der Zeit zu gehen, das hat uns immer ausgezeichnet“, sagt Hans-Jürgen Werrelmann und seine Frau Constanze fügt hinzu, dass dies, auf die heutige globale Situation bezogen, besondere Aufmerksamkeit verdient. Die Welt scheint keine gewissenlosen Attacken mehr auf ihre Natur verzeihen zu wollen. Ihr Schutz ist darum nicht mehr zu ignorieren. „Awareness“, sich dessen bewusst zu sein und diese Besonnenheit auch in Sachen Mode zu übersetzen, das ist kein Wider­spruch. Im Gegenteil, wie Constanze Werrelmann sagt, die seit Anfang der 2000er-Jahre dem Modehaus ihren Look verpasst hat, was die Kollektionen angeht, das dazu passende Ambiente inklusive. Ein Bild, das ständig neu überdacht und angepasst wird „insbesondere, da der Schutz der natürlichen Ressourcen in den Vordergrund gerückt ist.“

„Das finden wir gut, es ist verantwortungsbewusst und die Produkte sind wunderschön“, sagen Constanze und Hans-Jürgen Werrelmann unisono und verweisen auf jene Label, die ihrem Modehaus, wie keinem anderen in der Umgebung, den besonderen Stil verleihen. Wo erstklassige Mode für Sie und Ihn, egal welchen Alters und individuellen Modegeschmacks, eine Welt von Schönheit und Sinnlichkeit präsentieren – die Kollek­tionen jener Modemacher eingeschlossen, für die eine Anpassung ihrer hohen Qualitätsansprüche und ihrer individuellen Looks zugunsten eines Mainstreams nicht in Frage kommt. Mode ist Facettenreichtum, eine Hommage an die Kundinnen und Kunden, da kann kein Aufwand groß genug sein.

So etabliert New Fashion sich im Rahmen von neuem Bewusstsein und umgekehrt. Als konsequenter und prägender Bestandteil einer langen Familien- und Unternehmensgeschichte. Und dass dies in Cloppenburg gelingt, das ist „typisch Werrelmann“. Grundsätzlich und ohne Abstriche. Dafür jedoch mit dem Willkommen, eine ganze (Mode-) Welt für sich zu entdecken, an- und auszuprobieren, zu nutzen und sich individuell, im ureigenen Stil zu beweisen. Schön und nachhaltig. Eben ganz man selbst zu sein.

Womit wir wieder dort angelangt sind, wo alles angefangen hat: Bei „etwas Schönem zum Anziehen“. Geschichte wiederholt sich, auch das weiß man. Dass sie auch gelebt werden kann, getreu ihrem Stil, das ist
„typisch Werrelmann“ in Cloppenburg.

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