Next Generation Unternehmer
Das Institut für Mittelstandsforschung hat 2021 geschätzt, dass im Zeitraum 2022 bis 2026 etwa 190.000 Unternehmen in Deutschland zur Übergabe anstehen. Das dürfte fast drei Millionen Beschäftigte betreffen. Und wenn Familienübergaben im deutschen Mittelstand weiter so mühsam ablaufen, dann besteht die Gefahr, dass ein nicht unerheblicher Teil dieser prognostizierten Übergaben schiefgeht!
Ich kann und will mir ein Deutschland ohne Familienunternehmen nicht vorstellen, weil sie nicht nur das oft zitierte „Rückgrat der deutschen Wirtschaft“ sind, sondern weil dort ein Miteinander gepflegt und eine Art von Kommunikation betrieben
wird, die diese Menschen weit über die Arbeitszeit hinaus und damit unsere ganze Gesellschaft prägt.
Das ist einer der Gründe, der mich zur Gründung der Initiative „Next Generation Unternehmer“ (next-generation-unternehmer.de) bewegt hat, mit einem ganzheitlichem Entwicklungsprogramm für Nachfolger im Mittelstand, die systematisch ihre Rolle und Identität als Unternehmer bewusst entwickeln und vom zielgerichteten Austausch mit Gleichgesinnten profitieren wollen. Letzteres deshalb, weil es vielen Nachfolgern nach meiner Beobachtung an qualitativem Austausch mit Gleichgesinnten fehlt, die ihre Situation, Probleme und Ziele nachvollziehen können. Sie wünschen sich eine Plattform, auf der sie von den Erfahrungen anderer profitieren und ihre eigenen Erkenntnisse teilen können.
Die Initiative baut auf dem auf, was ich schon vor über 23 Jahren mit meinem Unternehmen „KAAPKE® Marken im Mittelstand“ begonnen habe: einen kommunikativen Engpass bei Mittelständlern zu lösen, hier zwischen den Unternehmen und ihren Kunden. Seit 2004 ist mein Sparring-Angebot für Unternehmer dazugekommen, das auf meiner Erfahrung beruht, dass viele Unternehmer gerade in der Kommunikation mit sich selbst Engpässe haben und sich ihrer Unternehmer-Rolle nicht ausreichend bewusst sind. Da im Sparring mit den Jahren das Thema Nachfolge immer mehr in den Vordergrund getreten ist – das vom kommunikativen Engpass zwischen Senioren und Junioren sowie der Junioren mit sich selbst geprägt ist –, wollte ich mein Angebot dazu nun breiter aufstellen und noch mehr Nachfolger davon profitieren lassen.
Von Unternehmer zu Unternehmer
„Next Generation Unternehmer“ ist als Angebot für weitsichtige Nachfolger gedacht, die auf Augenhöhe und im Einklang mit der elterlichen Generation das Unternehmen in eine erfolgreiche Zukunft führen wollen. Meine der Initiative zugrunde liegende Botschaft an die Nachfolger lautet: Das Onboarding als Unternehmer ist eure Sache. Wenn ihr das nicht selbst in die Hand nehmt, wird es mit der Nachfolge nicht befriedigend klappen. Dafür müssen die Nachfolger die Familienkonstellation ausblenden und sich zunächst fragen, was sie denn unabhängig davon für Erwartungen an ihr Leben stellen. Sie sollten bereit sein, ihre eigene Idee von Unternehmersein auch in allen anderen Lebenskontexten erfüllend zu gestalten und sich selbst bewusst zu führen. Um dann im zweiten Schritt dem Vater bzw. der Mutter nicht mehr als Sohn oder Tochter, sondern selbstbewusst auf Augenhöhe als Unternehmer zu begegnen. Im Bewusstsein, dass Nachfolger im Mittelstand sich nicht darauf bewerben, der nächste Controller, Vertriebsleiter oder Geschäftsführer zu werden, sondern der nächste Unternehmer.
Denn zum Geschäftsführer wird man berufen, zum Unternehmer aber macht man sich selbst – und ständig! Und das bedeutet: Nachfolger sollten nicht darauf warten, in die Unternehmer-Rolle eingearbeitet zu werden, sondern ihre erste Verantwortung ist es, alles dafür zu tun, dass sie die Unternehmer-Rolle auch ausfüllen können. Und dann von sich aus die Verantwortung für sich und das Unternehmen übernehmen. Die wird nicht geliefert, die ist ein gestalterischer Auftrag: Das Mindset der Junioren muss sich von dem des angestellten Nachfolgers zu dem des selbstwirksamen Unternehmers wandeln. Willkommen in der Welt der Unternehmer!
Auch Jan würde die aktive Übernahme der Unternehmer-Rolle die Chance bieten, aus der alten Eltern-/Kind-Konstellation rauszukommen, und er und sein Vater könnten gleichberechtigt wie zwei erwachsene Menschen miteinander arbeiten. Die Frage zur Unternehmensnachfolge ist dann nicht mehr, was Jan von seinem Vater erwartet und umgekehrt, sondern was das Unternehmen braucht. Es kann sein, dass die Klärung dessen nicht ohne den Streit abgeht, den die beiden bisher ängstlich vermieden haben. Aber wenn der auf unternehmerischer Augenhöhe konstruktiv stattfindet, ist das das Beste, was den beiden, der Familie und nicht zuletzt dem Unternehmen passieren kann.