Für immer die Erste

„Der Anruf von Albert Focke hat mich umgehauen. Ich dachte zuerst, er habe die falsche Nummer gewählt." Auch zehn Jahre nachdem mit ihr erstmals im Oldenburger Münsterland eine „Unternehmerin des Jahres" ausgezeichnet worden war, scheint Dr. Jutta Middendorf-Bergmann überrascht über die damalige Entscheidung der Jury. Vor und auch nach ihr waren es schließlich immer erfolgreiche Männer aus der Region, die den Ehrentitel „Unternehmer des Jahres" davontragen konnten.

Aber Focke, 2011 als Landrat des Kreises Vechta auch Präsident des Verbunds Oldenburger Münsterland, hatte sich keineswegs verwählt. Bei der damals 51-Jährigen war er an der genau richtigen Adresse. Middendorf-Bergmann hatte 2008 nach dem Tod ihres Mannes Ludwig Bergmann die Verantwortung für den in Goldenstedt ansässigen und auf moderne Agrartechnik spezialisierten Traditionsbetrieb übernommen. Ein Sprung ins kalte Wasser, denn zuvor war sie „mit Leib und Seele" als Anwältin und Notarin in Vechta tätig gewesen. Kein leichter Schritt also. „Aber einer, über den Ludwig gesagt hatte, dass er sich freuen würde, wenn ich ihn gehe."

Natürlich habe sie mit ihrem Mann oft über seine Arbeit gesprochen. „Ich war schon über das eine oder andere im Bilde, aber insgesamt war das alles Neuland für mich", sagt sie heute. Andererseits wusste sie: „Häufig kann der Blick von außen nicht schaden. Und neue Impulse sind immer gut." Unterstützung habe sie bei vielen langjährigen Mitarbeitern gefunden. „Das hat mir immer Rückendeckung gegeben." Ein gutes Betriebsklima ist ihr wichtig.

In den Folgejahren hielt sie das Unternehmen mit Geschick und dem richtigen Gespür für die Entwicklungen auf Kurs. So wurden etwa alle Planungen, an denen noch ihr Mann beteiligt war, nach dessen Ableben in die Tat umgesetzt. Rund 140 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weist die Belegschaft heute auf. Stalldungstreuer, Häckseltransportwagen und andere Maschinen aus der Bergmann-Produktion kommen weltweit zum Einsatz.

„Ich hatte bei der Preisverleihung 2011 gedacht, meine Auszeichnung könne ein Türöffner für andere starke Unternehmerinnen sein."
Dr. Jutta Middendorf-Bergmann

Trotz aller wirtschaftlichen Erfolge blickt Jutta Middendorf-Bergmann auch ein wenig nachdenklich auf die vergangenen Jahre zurück. „Ich hatte bei der Preisverleihung 2011 tatsächlich gedacht, dass meine Auszeichnung auch ein Türöffner für andere starke Unternehmerinnen sein könnte." Bei ihr persönlich sei es ein Schicksalsschlag gewesen, der sie in die Führungsrolle gedrängt habe. Aber es gebe im Oldenburger Münsterland eine Vielzahl sehr gut qualifizierter Frauen. „Vielleicht rufen sie nicht laut genug hier, wenn die Preise verliehen werden", fürchtet sie. Aber klar ist für sie: „Eine Frau wäre wieder mal an der Reihe!"