Für die Deutsche Bahn war der 29. September 1968 ein besonderer Tag. Mit Einführung des Winterfahrplans nahm an diesem Sonntag erstmals ein sogenannter „Intercity A“ seine Fahrt auf. Sie führte von Köln nach Hamburg-Altona. Die Bahn setzte auf schnelle Verbindungen zwischen den Großstädten – und reduzierte dafür ihre Angebote im ländlichen Raum. So befuhr ebenfalls an jenem Sonntag letztmals ein Personenzug die 1906 eröffnete Strecke zwischen Cloppenburg und Friesoythe. 1907 und 1908 wurde die Trasse bis Scharrel bzw. Ocholt verlängert. Damit wurde Reisenden der Umstieg in Richtung Leer und Oldenburg ermöglicht.
Einer Studie zufolge, die die Wirtschaftsberatung PricewaterhouseCoppers im Auftrag des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) durchgeführt hat, dürfte sich die Wiederbelebung solch ausgemusterter Strecken lohnen, insbesondere in ländlichen Regionen. „Seit dem Jahr 1994 wurden in Deutschland mehr als 5.000 Streckenkilometer stillgelegt und gleichzeitig nur etwas mehr als 1.000 Streckenkilometer reaktiviert“, rechnet BBSR-Leiter Dr. Markus Eltges vor. „Dabei hat die Wiederbelebung von Strecken eine Signalwirkung. Sie ist eine Investition in die Zukunftsfähigkeit einer Region.“ Zudem lasse sich so der Verkehrsträger Schiene stärken. „Das ist ein wichtiger Teil der Mobilitätswende“, fügt Eltges an.
Die Trasse zwischen Cloppenburg und Friesoythe befindet sich heute im Besitz der Friesoyther Eisenbahngesellschaft (F.E.G.). Sie hat die 26 Kilometer lange Strecke im Jahr 2004 von der DB-Netz AG übernommen und schon wenig später für den Güterverkehr freigegeben. Regelmäßig verkehrt hier auch eine Museumseisenbahn. Doch damit nicht genug: Längst sind Überlegungen laut geworden, die Strecke auch wieder für Personenzüge zu nutzen. Eine Machbarkeitsstudie der TU Braunschweig belegt, dass das möglich wäre. Demnach würde die Reaktivierung der Trasse zwischen 22,5 und 23,5 Millionen Euro kosten, für die Verlängerung bis nach Ocholt werden weitere 28,5 Millionen Euro veranschlagt.
Der Klimaschutz ist ein Aspekt für eine Reaktivierung der Strecke, die Aufwertung der Region als Wohnort, touristisches Ziel und Unternehmensstandort ein weiterer. Kein Wunder also, dass sie in den betroffenen Städten und Gemeinden wichtige Fürsprecher findet. Bürgermeister Thomas Otto (Saterland) denkt etwa an die Anbindung des C-Ports an das überregionale Schienennetz und sieht beim Personenverkehr ein „Invest in die Zukunft“. Amtskollege Sven Stratmann (Friesoythe) erwägt den Bau eines neuen Bahnhofs auf dem Areal der örtlichen Straßenmeisterei.
Hunderte von Kilometern Bahnstrecke wurden in den vergangenen Jahrzehnten allein in Niedersachsen stillgelegt. Dazu gehört auch jene, die von Meppen kommend den südlichen Teil des Landkreises Cloppenburg durchquert und nach 52 Kilometern in Essen endet. Im Sommer 1962 wurde sie letztmals von Personenzügen befahren, bis heute wird die Verbindung aber noch durch den Güterverkehr genutzt. Auch in diesem Fall halten die Experten der TU Braunschweig eine Reaktivierung der Trasse inklusive eines Zwischenstopps in Löningen für technisch umsetzbar, bei Kosten von rund 29 Millionen Euro.