Das Ende kommt schnell
So euphorisch der Start, so jäh das Ende der Autoproduktion im Oldenburger Münsterland. Die Absatzzahlen brechen ein, es gibt viele Reklamationen, das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt nicht. „In den hoffnungsvoll errichteten Hallen wurde zwischenzeitig sogar Fußball gespielt“, hat Benno Dräger bei seinen Recherchen erfahren. Knapp sechs Monate nach Anlauf heißt es im Oktober 1955: „Produktion eingestellt“. Ein bitterer Tag für Lohne. Zumal mit dem Beginn der Volksmotorisierung der Trend zum Autokauf zugenommen hat. Erst 701 Fuldamobile wurden bis dahin in Lohne gebaut. Die meisten davon wurden per Bahn gen Finnland und Schweden exportiert. An anderen Standorten wird zunächst noch weiterproduziert. Schnell zeigt sich aber, dass andere Konzepte die Nase vorn haben. Isetta, Goggomobil, der Messerschmidt Kabinenroller oder auch der Lloyd-LP 400 lassen das Fuldamobil auf der Strecke. Insgesamt werden in den deutschen Lizenzwerken nur etwa 3.000 Exemplare gebaut, weitere 10.000 in Produktionsstätten weltweit.
„Immer, wenn eine Leitbranche in die Krise kam, waren mutige Unternehmer und eine engagierte Arbeiterschaft in der Lage, für eine auslaufende Branche eine andere Leitbranche zu kreieren und somit Arbeitsplätze und bescheidenen Wohlstand zu erhalten“, ordnet Benno Dräger die Folgen für Lohne ein. Die Eigenschaft, sich für Innovationen auch vom wirtschaftlichen Risiko nicht abhalten zu lassen, habe heute sogar eine eigene Bezeichnung: „Lohner Wind“. Wenn der weht, ist Transformation nicht weit. So folgte auf die Schreibfedernindustrie die Tabakverarbeitung, wurde Lohne später für die Korkverarbeitung bekannt. Zeitweise kam jeder zweite deutsche Flaschenkorken aus Lohne. Heute schätzt internationale Kundschaft die hiesige florierende Maschinenproduktion und natürlich die Kunststoffindustrie.
Ein Star im Museum
Auch wenn die Episode der Fuldamobilfabrikation kurz war, hat sie sich doch ins kollektive Gedächtnis der Stadt eingeprägt. „Viele Menschen haben im Werk gearbeitet und bei Gesprächen mit der Verwandtschaft, Nachbarschaft und in den Vereinen ihr Wissen weitergetragen“, erklärt Benno Dräger. Und auch für die jüngere Generation sei das knallrote Exponat im Museum immer wieder spannend. „Da ist nicht nur die Neugierde, warum Lohne nicht Autostadt geworden ist, sondern das Interesse, wie es mit dem Fabrikgelände weitergegangen ist.“ So ist die Ausstellungsnische Fuldamobil im ersten Obergeschoss gerne Station bei Führungen. Dort erfährt man etwa, dass auch die Nachfolgefirma „Siekmann“ (Rohrbogenwerk) bereits Geschichte ist und dass heute auf dem ehemaligen Fabrikgelände Kunststoff hergestellt wird. „Besonders auswärtige Besucherinnen und Besucher bleiben am Fuldamobil hängen und sind überrascht über die wechselvolle Geschichte Lohnes.“
„Immer, wenn eine Leitbranche in die Krise kam, waren mutige Unternehmer und eine engagierte Arbeiterschaft in Lohne in der Lage, eine andere Leitbranche zu kreieren.“ Benno Dräger
Auch wenn Lohne mit dem Fuldamobil nicht Autostadt geworden ist: Die Stadt hat sich damals schnell von dem Rückschlag erholen können. Dank heimischer Industriegründungen und der Erweiterung bestehender Betriebe trägt Lohne seit 1955 stolz den Titel „Stadt der Spezialindustrien“ – auf den „Lohner Wind“ ist immer wieder Verlass.