Den Wandel dokumentieren

Heidi Specker über ihre Heimat Damme

Nach dem Abitur zog es die Dammerin Heidi Specker fort aus dem Oldenburger Münsterland. Heute ist sie Professorin für Fotografie an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig und hat ihre neue Heimat in Berlin gefunden. Für ein persönliches Projekt ist die Künstlerin noch einmal nach Damme zurückgekehrt.

Frage: Frau Specker, was hat Sie damals aus Ihrer Heimat Damme weggelockt?
Heidi Specker: Als ich 1981 mein Abitur in der Tasche hatte, wollte ich unbedingt etwas Neues sehen. Ich habe dann in Bielefeld Fotografie studiert und bin später über Hannover nach Berlin gekommen. Parallel zu meinem Aufbaustudium als Meisterschülerin in Leipzig habe ich in Berlin ein Grafikbüro gegründet. Nach einigen Jahren entschied ich mich aber ausschließlich für die Kunst. Für eine Vertretungsprofessur wurde ich an die Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig eingeladen. 2010 bin ich dann für ein Jahr an die Villa Massimo in Rom, danach wurde ich in Leipzig als Professorin berufen. Eine Aufgabe, der ich nun schon seit 10 Jahren mit Leidenschaft nachgehe.

Ein Lebenslauf mit vielen Stationen – welche Rolle spielt Damme heute für Sie?
Specker: Ich habe zwar nur noch zwei, drei Kontakte in Damme und bin nicht mehr regelmäßig dort zu Besuch, fühle mich aber zu Damme und Südoldenburg verbunden. Das ist für mich z.B. stark mit Festen und Traditionen verknüpft. Von dieser besonderen „Feierkultur" bin ich in meiner Kindheit und Jugend sehr geprägt worden.

Im Sommer 2019 sind Sie für vier Wochen in die alte Heimat zurückgekehrt. Warum?
Specker: Ich habe dort für ein sehr persönliches Projekt fotografiert und mich mit meinen Wurzeln beschäftigt: Woher komme ich? Und was bedeutet das heute noch? Entstanden ist die Ausstellung DAMME mit 72 Bildern, die ich im Februar 2020 im Oldenburger Kunstverein gezeigt habe. Im September war sie in der Kommunalen Galerie Berlin zu sehen. Weil die Räumlichkeiten dort andere sind, wollte ich zusätzlich zu Fotografien und Texten auch Interviews zeigen. Deshalb bin ich in diesem Jahr noch einmal nach Damme gereist, um mit alten Schulfreunden und Weggefährten zu sprechen. Gestern habe ich noch mit Rita Wienholdt getanzt. Wie vor 40 Jahren mit ihrem Vater in der Tanzschule Wienholdt.

Ihre Besuche weckten sicherlich Erinnerungen an die eigene Kindheit ...
Specker: Natürlich, denn man erinnert sich viel besser, viel präziser an Erlebnisse, wenn man die damit verbundenen Orte vor sich sieht oder mit den Menschen dort spricht. Wenn man nicht jeden Tag in einer Stadt verbringt, hat man einen ganz anderen Blick auf die Dinge, man hat ein Auge für die (Nicht-)Veränderung in ihr. Das kurbelt auch eine Auseinandersetzung mit der eigenen Herkunft an.

Können Sie ein Beispiel nennen?
Specker: Mir ist aufgefallen, dass in Damme – wie in den meisten anderen Städten in dieser Größenordnung auch – der Einzelhandel immer mehr großen Ketten gewichen ist. Dabei wurden Erinnerungen an meinen ersten Supermarktbesuch wach. Ich war etwa 16 und kannte zuvor nur die kleinen Tante Emma Läden, in denen man am Tresen seine Bestellung aufgibt und mit dem Rückgeld eine Scheibe Wurst bekam. Ich erinnere mich bis heute an das Gefühl, das ich hatte, als ich zum ersten Mal mit einem Wagen durch die Gänge voller Warenregale schob. Es war spannend, dass solche Fragmente meiner Vergangenheit wieder aufscheinen. Umso glücklicher bin ich, dass ich meine Ausstellung DAMME bald auch dort zeigen kann, wo sie ihren Ursprung hat: In der Stadt selbst. Vom 21. Februar bis 28. März 2021 zeige ich sie in der Scheune Leiber. Wer sich vorab schon einmal mit meinen Arbeiten beschäftigen möchte, kann den zugehörigen Ausstellungskatalog im Buchhandel erwerben.

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