Unterwegs mit Notizblock und GPS

Schnitzeljagd? Geocaching!

22.06.2021

Irgendwo im Nirgendwo trifft es tatsächlich ganz gut: Im Thülsfelder Forst stellen wir das Auto ab und machen uns auf den Weg quer durch den Wald, bewaffnet mit Smartphone, Geocaching-App, Notizblock und Stift – und natürlich Zeckenspray. Sicher ist sicher.

Unterwegs auf dem richtigen Pfad. Mit Smartphone in der Hand machen sich Phyllis Frieling und Julia Makowski auf die Suche nach verborgenen Schätzen.

Geocaching, zusammengesetzt aus dem Griechischen „geo" für Erde und dem Englischen „cache" für geheimes Lager, ist die Schnitzeljagd des 21. Jahrhunderts. Wo früher noch Kompassnadel und Faltkarte nötig waren, helfen heute Mobiltelefon oder moderne GPS-Geräte weiter. Einfacher wird es dadurch aber nicht. Die Geocaches müssen erst einmal entdeckt werden – versteckt in Astlöchern, hinter Wurzelwerk oder unter lockeren Backsteinen.

Packt uns der Freizeittrend oder ist die moderne Schatzsuche nur aufgewärmte Kindheitserinnerung? Beides, irgendwie. Suchen, rätseln und ehrlich gesagt ein bisschen ­darum wetteifern, wer den nächsten Cache findet – das erinnert sehr an Schulhofspiele und Nachmittage in den Sommerferien. Mit einer guten Portion Neugier und dem langsam aufkeimenden Gedanken, vielleicht gar keinen Cache zu finden, geht es vom Waldweg ein paar Schritte ins Dickicht.

Getreu Geocacher-Kodex wird die Natur ganz sorgsam behandelt. Denn da, wo die digitale Landkarte allerlei kuriose Verstecke verspricht, ist der Lebensraum von heimischen Pflanzen und Tieren – den gilt es zu respektieren. Kein gesunder Ast muss abgebrochen, kein Hügel aufgebuddelt werden, um einen Fund in der App zu loggen, oder anders: zu registrieren.

Einloggen, diesmal aber ganz analog, muss sich jeder Geocacher auch im physischen Logbuch. Je nach Größe des Behälters ist es ein kleines Notizbuch oder auch nur ein ­schmaler, aufgerollter Zettel. Darauf zu finden: ­lange ­Listen mit dutzenden Namen, geschrieben mit blauer Tinte, Bleistift oder, ganz die Profis, gestempelt. Der Eintrag in dieses „Gästebuch" ist die befriedigende Belohnung für unsere aufregende Suche. Staubige Dose oder verkratzter Behälter, klein oder groß? Die Hinweise zu Gelände, Größe und Schwierigkeitsgrad in der App helfen zwar weiter – aber ein Kribbeln in der Magengegend bleibt doch: Ob wir das Versteck finden? Oder stellen wir uns wie die letzten Deppen an, die im Wald aufgeschmissen sind? Bis über beide Ohren grinsend ­schlagen wir ein: High Five! Und auf zu den nächsten Koordinaten. Nur 800 Meter weiter. Durch das hohe Gras. Immer auf der Hut vor Zecken und anderen Krabbeltieren.

Fun fact: 2008 hat Weltraumtourist Richard Garriott ­einen Geocache auf der ISS versteckt.

Im Oldenburger Münsterland sind mehrere hundert aktive Geocaches versteckt – in Wäldern, an Straßenrändern und in Städten. Weltweit gibt es heute über drei Millionen kleiner Schätze an den unterschiedlichsten Orten und in verschiedenen Schwierigkeitsstufen. Einer davon befindet sich auf der Internationalen Raumstation ISS: Computerspiel-Entwickler und Weltraumtourist Richard Garriott hat ihn dort am 14. Oktober 2008 hinterlassen und damit zum weltweit höchstgelegenen Cache gemacht.

Ganz so weit oben fing es jedoch nicht an. Zeitsprung. Als am 1. Mai 2000 die US-­Regierung die künstliche Verschlechterung des GPS-­Signals abschaltete und damit seine zivile Nutzung um das Zehnfache verbesserte, schlug die Stunde des Geocachings. Nur einen Tag später veröffentlichte Dave Ulmer unter dem Titel „The Great Stash Game" eine Anleitung, die bis heute die Grund­lage der Schatzsuche bildet. Einzige Regel des Computerfachmanns: „Get some Stuff, ­Leave some Stuff!"
Die Möglichkeiten der meter­genauen Positionsbezeichnung schlugen hohe ­Wellen. Nur einen Tag später vergrub Ulmer einen schwarzen Plastikeimer. Im Gegensatz zu heute üblichen Caches war der Inhalt umfangreicher, ja gar wertvoll – Bücher, eine Dose Bohnen, eine Zwille, sogar Dollarscheine – doch es ging vor allem um eines: Suchen und Finden.

Während wir uns schon über kleine blaue Spielzeugautos freuen, merken wir: Wir haben selbst nichts zum Tauschen dabei. Memo an uns: Nächstes Mal etwas mitnehmen, das ­andere überrascht. Denn auch darum geht es: die Spannung, was sich in den kleinen Behältern hinter der nächsten Ecke wohl verbirgt – und was mit zum nächsten Cache kommt.

Oberste Regel: Caches unauffällig bergen. Bloß nicht Muggel auf das digitale Versteckspiel aufmerksam ­machen!

Zwischen Sträuchern und Bäumen bleiben wir unentdeckt und müssen uns keine Sorgen machen, die geheimen Verstecke zu verraten. Anders ist das in der Stadt. Oberste Regel: Die Caches unauffällig bergen. Vor allem geht es auch darum, Muggel nicht auf das digitale Versteckspiel aufmerksam zu machen. Ja, Muggel – ganz wie in den Harry-Potter-­Bänden werden Unwissende und Unkundige gern mit diesem Begriff beschrieben. Und ganz wie im Potterversum heißt es auch unter den Geocachern: Bloß nichts verraten!

Nach dem kilometerlangen Streifzug durch das Grün des Thülsfelder Forstes haben wir, um einige Kratzer reicher, den letzten Cache unserer Tour erreicht. Das weinrote Notizbuch war unser treuer Begleiter, ohne den wir aufgeschmissen gewesen wären. Denn: In jedem einzelnen Fund haben wir uns nicht nur mit Namen verewigt, sondern ein weiteres Rätsel mit auf den Weg bekommen. Am Ende ergeben die eifrig notierten Zahlen, Buchstaben und Codes einen Sinn. Nach fünfminütigem Grübeln und Kombinieren dann die Überraschung: Die letzte Entdeckung war nicht das Ende! Mit einem neuen Paar Koordinaten geht es noch einmal in die andere Richtung – zum Bonus-Cache.

Mehr Infos: www.mein-om.de/geocaching

CHECKLISTE FÜR DEN GEOCACHING-SPASS

Organisation ist das A und O. ­Neben Smartphone oder GPS-­Gerät müssen mit:

  • festes Schuhwerk und robuste Kleidung
  • Offline-Karten (Achtung: je nach Anbieter nur mit Premium-Abo)
  • Taschenrechner, Taschenlampe und Notizbuch – oder einfach das Smartphone
  • Powerbank, damit der Saft nicht ausgeht
  • Stift oder Stempel zum Ein­tragen in Logbücher, Etwas zum ­Tauschen