Gut zum Fuß

(Neue) Laufschuhe gesucht?

Autor*in: Alke zur Mühlen

Lockere Kleidung und ein paar Laufschuhe, schon kann das Training vor der eigenen Haustür starten – leichter lässt sich der innere Schweinehund kaum überzeugen. Während die Kleidungswahl durchaus Geschmackssache ist, lohnt es sich, bei den Schuhen keine Kompromisse einzugehen. Jim Bickelmann, Laufschuh-Experte bei Sport Böckmann in Holdorf erklärt, worauf es ankommt.

Welcher Fuß-Typ?

Regelmäßiges Laufen bedeutet Hochleistung für die Füße. Die Ferse knickt bei jedem Schritt ein, dämpft damit die Stoßbelastung für den Körper. Wie stark und in welche Richtung dieses Einknicken – die „Pronation" – geht, ist von Mensch zu Mensch verschieden. Und entscheidet, welche Kräfte der ideale Laufschuh abfangen sollte. Orthopäden und Laufschuhberater unterscheiden unter anderem folgende Bewegungsmuster:

Normale Pronation

Die Ferse knickt nur leicht ein. Wenn keine anderen Fußfehlstellungen oder orthopädischen Probleme vorliegen, sind Neutralschuhe die richtige Wahl. Sie sind besonders auf Dämpfung ausgerichtet.

Überpronation

Wer stark nach innen einknickt, braucht Schuhe, die durch eingebaute Stützen entgegenwirken. Ansonsten drohen Überlastungsbeschwerden in Fuß, Knie oder Hüftregion. Die Ursache kann ein Senk- oder Plattfuß sein – oder auch eine Überlastung bei Laufanfängern. Laufschuhe mit Stabilitätsstützen auf der Innenseite beugen bei Überpronation Schäden vor.

Supination

Knickt der Fuß eher nach außen ein, führt das zu Überlastungen der Außenbänder. Weil der Hohlfuß beim Aufprall wegknickt, kann er nur wenig dämpfen. Laufschuhe mit guter Dämpfung und hoher Flexibilität schaffen Abhilfe.

Hinweise auf den eigenen Fußtyp gibt schon ein nasser Fußabdruck auf Papier. Wie ist er geformt, wo wird Druck auf den Boden ausgeübt? In guten Laufsportgeschäften werden Einsteiger mithilfe spezieller Laufanalysen beraten. Es gilt Abrollverhalten und Fehlstellungen zu analysieren. Die Beraterinnen und Berater erkennen mit geübtem Blick die Beinstellung und lassen sie in ihre Empfehlung einfließen.

Sind schon „eingelaufene" Laufschuhe vorhanden? Dann unbedingt mitbringen. „Wir kennen Schuhtypen und Material und können an den Verformungen ablesen, welche Kräfte individuell wirken," erklärt Jim Bickelmann das sogenannte „Real-Feedback". Auch wer bereits orthopädische Einlagen trägt, braucht keine Laufanalyse. Ihre Form verrät Fachfrau und Fachmann, worauf sie achten müssen. Und Einlagen lassen sich auch in guten Laufschuhen tragen. Denn die haben eine auswechselbare Sohle.

Welcher Läufer-Typ?

Eine gute Laufschuhberatung bezieht den ganzen Menschen ein – und seine Ziele. Folgende Faktoren entscheiden mit:

  • Fitness: Lauf-Einsteiger oder Profi? Grundfitness aus anderen Sportarten oder untrainiert?
  • Ziele: In welche Frequenz stehen welche Strecken an? Wohlfühltempo? Wettkampfambitionen?
  • Strecke: Wo wird gelaufen? Wie fest oder weich ist das Gelände?
  • Alter und Vorerkrankungen: Bei starkem Übergewicht oder Vorerkrankungen sollte der Trainingsbeginn ärztlich abgestimmt werden.

Von Ausprobieren bis Barfuß-Laufen

7 Fragen an Jim Bickelmann

Ich will das Laufen erstmal ausprobieren. Tun es auch mein Alltags-Turnschuhe?

„Klar! In fast allen Altersklassen kann man – solange es keine Vorerkrankungen gibt – ruhig erstmal vier bis sechs Wochen in vorhandenen Schuhen trainieren. Wer dann Feuer gefangen hat, sollte in solides Trainingsmaterial investieren."

Was kosten Einsteiger-Schuhe?

„Zwischen 100 und 130 Euro sollten Einsteiger für die ersten Schuhe einplanen. Modelle aus der Vorsaison kann es auch schon günstiger geben. Unter dieser Preisklasse leidet die Qualität. Damit steigt das Risiko, sich dauerhaft Schäden zuzuziehen."

Meine Laufschuhe sind so bequem – kann ich sie auch im Alltag anziehen?

„Laufschuhe sind die optimalen Freizeitschuhe, weil sie Kräfte besonders gut abfangen können. Besonders für Menschen mit Rücken- Knie- oder Übergewichtsproblemen profitieren davon. Für den Laufsport sollte man dann aber ein separates Paar Schuhe haben. Denn: Nach der hohen Belastung beim Training braucht das Material etwa 24 Stunden zur Regeneration. Erst danach kann es Stöße wieder optimal aufnehmen."

Muss ich Laufschuhe besonders pflegen?

„Nein, einfach nach dem Training gut belüftet trocknen lassen. Und wenn sie mal richtig nass geworden sind, am besten Omas Trick befolgen: Einlegesohle rausnehmen und mit geknülltem Zeitungspapier ausgestopft langsam trocknen lassen. Aber nicht auf der Heizung – zu große Hitze macht das Material spröde. Wer, zum Beispiel auf Reisen, keine Gelegenheit dazu hat, kann auch wiederverwendbare Trockenkissen verwenden."

Wann muss ich meine Laufschuhe ersetzen? Gibt es eine Faustregel?

„Die Herstellerempfehlungen unterscheiden sich. Und es kommt auf das Körpergewicht an. Man sagt, Männer sollten nach ungefähr 1.000 bis 1.200 Kilometern die Schuhe ausmustern, bei Frauen können es bis zu 1.500 Kilometer sein. Wer zwei- bis dreimal die Woche etwa fünf bis zehn Kilometer läuft, erreicht die Strecke spätestens nach eineinhalb Jahren. Dabei ist egal, ob man im Gelände oder auf Straßen läuft. Die Schuhe nutzen sich an unterschiedlichen Stellen ab – offroad eher an den Seiten, auf Asphalt an der Sohle."

Spezielle Laufsocken: Must-have oder Schnickschnack?

„Ich empfehle auch Hobbyläufern Laufsocken zu tragen. Sie verhindern Blasen und Druckstellen. Die optimale Passform unterstützt den Kraftschluss zwischen Fuß und Schuh. Scheuerfreiheit und Feuchtigkeitstransport sorgen für langen Laufspaß. Im Fachgeschäft gibt's beim Schuhkauf oft Laufsocken für einen guten Preis dazu. Ich selbst trage Kompressions-Socken, weil sie das Bein optimal stabilisieren und die Durchblutung und Regenation fördern"

Barfuß-Laufen ist Trend – geht das auch im Laufsport?

„Man muss Glück haben, dass man den richtigen Fuß dazu hat. Mit Fehlstellungen funktioniert es zum Beispiel nicht. Und die richtigen Muskeln braucht man auch. Geübten Läufern fällt der Einstieg oft leichter. Allen anderen kann ich nur empfehlen: Gönnt euren Füßen ruhig außerhalb des Trainings mal barfuß Erholung, das tut gut!"

Tipps vom Profi

Jim Bickelmann

Sein nächstes Ziel? Wettläufe über zehn Kilometer! Ambitionierter Hobbyläufer ist Jim Bickelmann seit gut fünf Jahren, sportlich aktiv ist der 33-Jährige fast sein ganzes Leben. Auch im Beruf: Der Einzelhandelskaufmann für Sportartikel hat sich beim Orthopäden und in zahlreichen Schulungen weitergebildet und ist heute Running-Experte im Team der Lauf(schuh)berater bei Sport Böckmann in Holdorf. Über 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eint die Liebe zum Sport. Auf 1.300 Quadratmetern Verkaufsfläche werden Hobbyathleten wie Profis fündig. 1928 als Geschäft für Textilien gegründet, wird der Familienbetrieb heute in dritter Generation geführt. Seit den 1970ern rüstet Böckmann Vereine mit Trikots aus, heute gehört ein ganzes Sortiment an Sportartikeln samt eigenem Online-Shop dazu.