Lebenswelt

Hürden von Regionalmarken

26.01.2024
Autorin: Meike Holtvogt

Im Zuge der Globalisierung wird es für Regionen immer bedeutsamer sich geschlossen als Einheit zu positionieren. Dabei gewinnt das sogenannte „Place Branding“ zunehmend an Bedeutung. Auch wenn die Regionalmarkenbildung zunächst prädestiniert für die Attraktivitätssteigerung von Regionen erscheint, ergeben sich besonders aus einer kommunikationswissenschaftlichen Perspektive erhebliche Herausforderungen. Das wird beispielhaft an der Regionsmarke Oldenburger Münsterland dargestellt.

Die Untersuchung der Fragestellung „Vor welchen Herausforderungen steht die Kommunikation von Regionalmarken?“ erfolgte im Rahmen der Bachelorarbeit der Autorin dieses Artikels. Dabei wurde zunächst die Methode der Literaturstudie angewendet, um relevante Theorien und Studien zu identifizieren. So konnten schließlich Herausforderungen abgeleitet werden, welche anhand eines Fallbeispiels angewendet und überprüft wurden. Das Fallbeispiel stellt die Regionalmarke Oldenburger Münsterland dar. Im Zuge der Analyse des Falls wurden Expert:inneninterviews durchgeführt, um einen tieferen Einblick in den Fall zu erhalten sowie die Relevanz der jeweiligen Herausforderungen zu überprüfen. Schließlich konnte ein Vergleich zwischen Theorie und Praxis gezogen werden.

Regionalmarken / Place Branding

Durch die Globalisierung und dem daraus resultierenden Wettbewerb um Fachkräfte, Tourist:innen und Investor:innen wird es für Regionen immer bedeutsamer, ihre Attraktivität nach innen und außen zu steigern. Aus diesem Grund wird das Regionalmarketing zunehmend relevanter. 

Im Kontext des Regionalmarketings gewinnt auch das „Place Branding“ erstmals vor circa zwei Jahrzehnten und heutzutage zunehmend an Bedeutung. Das Place Branding entwickelte sich als Resultat des Ansatzes, positive Assoziationen von Orten in die Köpfe der Zielgruppen zu verankern und sich auf diese Weise von Wettbewerber:innen abzugrenzen.1 Wörtlich ins Deutsche übersetzt, handelt es sich demnach um „Ortsmarkenbildung“.

Das Place Branding hat im Laufe der Zeit einen Bedeutungswandel durchlaufen. Dies liegt darin begründet, dass es sich hierbei um ein interdisziplinäres Phänomen handelt. Ins­gesamt ist demnach in der Literatur auch keine wissenschaftlich anerkannte und allgemeingültige Definition vorzufinden. Um sich dennoch dem Begriff des Place Branding zu nähern und eine anschließende Auseinandersetzung mit der Regionalmarke zu ermöglichen, werden nachfolgend verschiedene An­sätze sowie Sichtweisen aufgeführt.

Beson­ders zu Beginn der Place-Branding-­Forschung wurde zunehmend davon ausgegangen, dass der Markenbildungsprozess von Produkten ganz einfach auf die Markenbildung von Orten, wie Regionen, übertragen werden kann. Diese Annahme aus dem Marketing wird in der Literatur jedoch stark kriti­siert. So sehen Kritiker:innen die Proble­matik darin, dass Regionen weitaus komplexer und facettenreicher sind als einfache Pro­dukte.2 Im Laufe der Zeit hat sich ein iden­titätsbasiertes Verständnis durchgesetzt, welches interne und externe Anspruchsgruppen in den Prozess integriert. Aktuelle Studien fokussieren sich dabei besonders auf den Ansatz des partizipativen Place Branding. Demnach soll der Einbezug externer Anspruchsgruppen, wie zum Beispiel die Gruppe der Bürger:innen, in den Regionalmarkenprozess unter anderem zu mehr Legitimität führen.

Marke „Oldenburger Münsterland“

Auch der Verbund Oldenburger Münsterland setzt seit einigen Jahren verstärkt auf das Konzept des Place Branding. Ziel ist es einerseits, durch die Regionalmarke „Oldenburger Münsterland“ die Region als Einheit zu prä­sen­tieren, um auch überregional an Bekanntheit zu gewinnen. Andererseits soll durch die steigende Bekanntheit ein Imagewandel erfolgen. Dem überwiegend noch landwirtschaftlich geprägten Image soll durch gezielte Kommunikation entgegengewirkt werden. So wurde nach einer umfassenden Markenstudie der Relaunch der Regionalmarke Oldenburger Münsterland im Jahr 2016 initiiert. Dabei wurden nicht nur gestalterische Veränderungen (Logo, Claim), sondern auch Veränderungen an der Kommunikationsstrategie, den Inhalten sowie des gesamten Auftritts vorgenommen.

Herausforderungen der Kommunikation

Die Komplexität von Regionen hat sich im Rahmen der Untersuchungen als entscheidende Herausforderung für die Kommunikation von Regionalmarken herausgestellt. So haben die Ergebnisse aus Theorie und Praxis ergeben, dass die Vielzahl verschiedener Stakeholder, Kulturen und Generationen das Herausbilden einer gemeinsamen Identität sowie eine einheitliche Kommunikationsstrategie deutlich erschweren. Zudem sind bislang keine einheitlichen sowie allgemein anerkannten Messinstrumente für den Erfolg der Kommunikation von Regionalmarken bekannt, welches langfristig in einem Legitimationsproblem resultieren kann.

Als zweiter entscheidender Faktor ist das Voranschreiten der Digitalisierung und der damit einhergehenden Fragmentierung der Öffentlichkeit zu nennen. Denn besonders die sich stetig verändernden und zunehmenden Kommunikationsmöglichkeiten in den sozialen Medien stellen eine ausschlaggebende Herausforderung für die Kommunikation von Regionalmarken dar. Der Ausbau digitaler Kommunikationsmedien führt dazu, dass die gezielte Kommunikation der Verantwortlichen einer Regionalmarke einem Kontrollverlust unterliegt. An dieser Stelle lässt sich eine Verbindung zu den Erkenntnissen von Habermas herleiten. So spricht Habermas von einer Fragmentierung der Öffentlichkeit in den sozialen Medien in viele Teilöffentlichkeiten durch die Bildung eigenständiger und sich abgrenzender Kommunikationskreisläufe.3  Daraus ergibt sich die Herausforderung, Zielgruppen gerichtet anzusprechen sowie Aufmerksamkeit zu erregen, da es eine einzige „Öffentlichkeit“ in dem Sinne nicht mehr gibt. Insgesamt stellt sich hier die Frage, inwiefern die Kommunikation einer Regionalmarke auch zukünftig im Internet Bestand haben kann.

Handlungsempfehlungen

Mit besonderem Hinblick auf aktuelle Studien sowie Entwicklungen, werden Tendenzen und Ansätze bezüglich des Umgangs mit den bereits genannten Herausforderungen deutlich. So ist es von hoher Relevanz während des gesamten Place-Branding-Prozesses Anspruchsgruppen zu integrieren. Das top-down-Prinzip gilt in der heutigen Zeit als veraltet. So sollte der Fokus verstärkt auf die Kommunikation mit den Anspruchsgruppen gelegt werden. An dieser Stelle ist die hohe Relevanz der Gruppe der Bürger:innen zu nennen. Diese werden oftmals als die Botschafter:innen einer Regionalmarke betitelt.

Der partizipative Place-Branding-Prozess ist jedoch auch zunehmend Kritik ausgesetzt. Kritiker:innen sehen den Einbezug zahlreicher Stakeholder als problematisch an. Dies soll unter anderem zu divergierenden Meinungen und einer sinkenden Effektivität führen. Ziel sei es demnach nicht mehr die bestmögliche Lösung zu finden, sondern sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zu einigen.

Fazit

Insgesamt ist festzuhalten, dass der Bereich des Place Branding noch nicht ausreichend erforscht wurde und von unterschiedlichen Meinungen geprägt ist. Besonders in Bezug auf kommunikative Aspekte besteht ein hoher Bedarf an weiteren Untersuchungen. Die hier zusammenfassend dargestellte Arbeit soll durch die Verknüpfung von Theorie und Praxis zur Weiterentwicklung des Forschungsstandes beitragen und die hohe Relevanz der Kommunikation in diesem Themenbereich hervorheben.

 

1    Vgl. Zenker, Sebastian/Erik Braun: Questioning a “one size fits all” city brand. Developing a branded house strategy for place brand management, in: Journal of Place Management and Development, Bd. 10, Nr. 2, 2017, https://doi.org/10.1108/JPMD-04-2016-0018, S. 272.
2    Vgl. Anholt, Simon: Competitive Identity. The New Brand Management for Nations, Cities and Regions, Palgrave
Macmillan, 2007, S. xii.
3    Vgl. Habermas, Jürgen: Ein neuer Strukturwandel der
Öffentlichkeit und die deliberative Politik, 2. Aufl.,
Berlin: Suhrkamp, 2022, S. 47.

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