Lebenswelt

Neuer Dozent setzt neue Akzente

24.02.2023
Autorin: Sigrid Lünnemann

Mitten im Grünen und umgeben von einer parkähnlichen Gartenlandschaft hat sich die Katholische Akademie Stapelfeld (KAS) als modernes Bildungs- und Veranstaltungszentrum mit einem vielfältigen Angebot etabliert. Das Jahresprogramm steht jeweils unter einem richtungsweisenden Motto. Nach „überLeben“ 2021, das aufgrund der coronabedingten monatelangen Schließung auch die Bildungseinrichtung vor große Herausforderungen stellte, weckte 2022 das Thema „NeuGier“ wieder das Interesse an Bildungsangebote von Mensch zu Mensch. 2023 wird mit dem Leitthema „StreitKultur“ der Fokus auf die aktuelle politische, wirtschaftliche und ökologische Krisensituation gelegt. Dabei setzen sich die Dozent*innen aller Fachbereiche mit ihren eigenen Schwerpunkten, aber auch mit interdisziplinären Angeboten auf vielfältige Weise mit dem Jahresthema auseinander.

Dr. Alexander Linke beim Festakt zur Verabschiedung von Dr. Martin Feltes vor den Arbeiten von Claus Goedicke.

Die Akademie bietet gemeinsam mit dem angeschlossen Umweltzentrum Stapelfeld ein breites Spektrum an Seminaren und Veranstaltungen in den Bereichen Theologie und Philosophie, Musik und bildende Kunst, Kommunikation und Rhetorik, Märchen und Mythen, kreative Fotogra›e, plattdeutsche Sprache, Ökologie, Umweltschutz und außerschulische Bildung. Außerdem bietet das Haus verschiedene Plattformen für kontroverse Diskussionen zu aktuellen politischen, gesellschaftlichen und philosophischen Themen. Ein weiterer Schwerpunkt sind Veranstaltungen für Familien sowie Fort- und Weiterbildungsseminare für Menschen in pädagogischen und pflegerischen Berufen. In den vergangenen Jahren hat sich im Haus ein steter Wandel vollzogen. Junge Dozent*innen übernehmen Verantwortung und bereichern mit innovativen Ideen und einem breiten interdisziplinären Fachwissen das KAS-Team und machen das Bildungszentrum fi›t für die Herausforderungen der Zukunft.

Dr. Martin Feltes überreicht den Staffelstab an Dr. Alexander Linke

Anfang 2022 wurde Dr. Martin Feltes als pädagogischer Direktor und Dozent des Fachbereichs Bildende Kunst in einem Festakt im Beisein von Familie, Freunden und Wegbegleitern sowie Vertretern aus Politik, Bildung, Kunst, Kultur und Kirche nach fast 35 Jahren in den Ruhestand verabschiedet. Mit seiner Begeisterungsfähigkeit für die Menschen und die Wissensvermittlung sowie seiner Liebe zu Kunst und Ästhetik hat er das Haus maßgeblich mitgeprägt. Auch in Zukunft wird er durch sein vielfältiges kulturelles Engagement, das weit über seine Dozententätigkeit hinausreicht, das kulturelle Leben in der Region bereichern.

Frisch gemalt: Die Künstlerin Caroline von Grone schuf ein Portrait von Alexander Linke in der Kunsthalle Cloppenburg.

Privatdozent Dr. Alexander Linke eine Bereicherung für das Haus

Kunsthistoriker PD Dr. Alexander Linke trat Anfang 2022 seine Stelle als Dozent des Fachbereichs Bildende Kunst an der Akademie an und übernahm damit die Nachfolge von Dr. Martin Feltes. „Dr. Feltes hat sich viel Zeit für mich genommen und alles vorzüglich vorbereitet. Das hat mir den Einstieg sehr leicht gemacht. Dafür bin ich ihm sehr dankbar“, so Dr. Linke, der an den Universitäten in Bochum und Heidelberg Kunstgeschichte, Soziologie sowie Sozialpsychologie und Sozial-anthropologie studiert hat. Seine Habilitation schloss er zum Thema „Tiepolos Moderne - Aufklärung und ästhetische Reform“ erfolgreich an der Universität Düsseldorf ab. Der venezianische Maler Giambattista Tiepolo (1696–1770) war zu seinen Lebzeiten einer der berühmtesten barocken Hofmaler Europas und schuf unter anderem das beeindruckende Deckenfresko in der Würzburger Residenz. Vor allem faszinierten Dr. Linke dessen modernen und innovative Darstellungsformen.

Mit seiner Habilitation vollendete der Kunsthistoriker einen wichtigen Lebensabschnitt, der in den vergangenen Jahren einen Großteil seiner beruflichen und wissenschaftlichen Arbeit geprägt hatte. „Das Leben und das Werk von Giambattista Tiepolo hat mich lange beschäftigt und ich freue mich, dass ich dieses wissenschaftliche Forschungsprojekt nun zu einem erfolgreichen Ende bringen konnte. Jetzt ist die richtige Zeit, um einen neuen Schritt zu gehen“, betont Dr. Linke, der seit einigen Monaten gemeinsam mit seiner Frau, der Kunsthistorikerin Estelle Gottlob-Linke, und ihrem gemeinsamen Sohn in Oldenburg lebt und sich an der Akademie sowie in der Region gut aufgenommen fühlt.

Da die Katholische Akademie Stapelfeld keine Universität ist, führt PD Dr. Linke nicht den Titel eines Professors, sondern ist Privatdozent und bereichert nun mit seinem breitgefächerten Fachwissen das Dozententeam. „Wir freuen uns sehr, dass wir mit Dr. Linke einen Kunsthistoriker mit höchster wissenschaftlicher Kompetenz für uns gewinnen konnten. Die hervorragende Arbeit mit den Seminarteilnehmer*innen zeigt aber auch sein großes Interesse an der Wissensvermittlung. Er setzt sich mit den Menschen intensiv über Kunst und Kunstgeschichte sowie über die kulturelle Identität unserer Region auseinander“, hebt KAS-Direktor Wolfes hervor.

Voller Einsatz: Impressionen aus den Stapelfelder Kreativseminaren.

Zusammenarbeit ist Zukunft

Dr. Linke wird auch in Zukunft eng mit kulturwissenschaftlichen Forschungseinrichtungen in der Region und darüber hinaus zusammenarbeiten und auch universitäre Lehrveranstaltungen in Stapelfeld organisieren. So möchte er vor allem das Wissen über die Kulturarbeit im ländlichen Raum an den universitären Nachwuchs vermitteln. Student*innen, die bei ihrer Berufsorientierung traditionell vor allem Großstädte im Blick haben, möchte er aufzeigen, dass auch im ländlichen Raum und vor allem im Oldenburger Münsterland interessante Forschungsmöglichkeiten und Berufschancen im Bereich Kulturarbeit vorhanden sind. Der 42-Jährige genießt die zahlreichen neuen Eindrücke und Möglichkeiten, die die Region bietet. Nach Stationen in Bochum, Landau und Heidelberg beeindruckten ihn bei seinen ersten Besuchen in Stapelfeld besonders die Weite der Landschaft und die einzigartige Lichtstimmung im Norden. „Besonders früh am Morgen, wenn die Sonne noch sehr tief steht und die Strahlen ganz flach über die Landschaft streichen, ist das ein faszinierender Anblick. Das Licht hier ist schon besonders“, gerät der Kunsthistoriker ins Schwärmen.

In beruflicher Hinsicht genießt er das breitgefächerte Bildungsangebot, den direkten Kontakt zu den Menschen und vor allem die thematischen Freiräume, die Stepelfeld bietet. „Im Vergleich zur akademischen Arbeit an der Uni bin ich hier nicht in dem festen Korsett eines Hochschulplans eingeschnürt. Hier kann ich flexibel auf die Bedürfnisse, das Interesse und den Wissensstand der Kurteilnehmer*innen reagieren und ihnen das vermitteln, was in der jeweiligen Situation wichtig und relevant ist. Dadurch bekommt die Wissensvermittlung – bei aller Ernsthaftigkeit – etwas Spielerisches und etwas Leichtes“, freut sich Dr. Linke über die Aufgaben und Herausforderungen, die ihm die Arbeit an der KAS bietet.

Qualifizierte Kursleiterin: Die Holzbildhauerin Sarah Hillebrecht bei der Werkbesprechung.

Kunst und Kooperation: Ein Porträt entsteht

Die Akademie ist seit ihrer Gründung eng mit dem kulturellen, politischen und kirchlichen Leben der Kreisstadt und des gesamten Oldenburger Münsterlandes verbunden. Dies zeigt sich in vielfältiger Weise bei der Durchführung verschiedenster Seminare, Tagungen, Vorträgen und vielbeachteten Ausstellungen von renommierten Künstler*innen und Fotograf*innen, die regelmäßig auch als Referent*innen das Bildungsangebot der Akademie bereichern. Dieses enge Miteinander erlebte der neue Kunstdozent bereits in seinen ersten Woche in der Akademie hautnah. Eher zufällig traf er bei den Vorgesprächen zu einer Ausstellung in der Cloppenburger KunstHalle, die dort von Dr. Martin Feltes in seiner Funktion als Vorsitzender des Kunstkreis Cloppenburg mitorganisiert wurde, auf die Künstlerin Caroline von Grone. Dabei entstand die Idee einer „offenen Künstlerwerkstatt“, bei der die Hamburger Malerin vor den Augen der Besucher*innen ein Porträt anfertigt. Ihre Wahl ›fiel auf Dr. Linke, der spontan zusagte.

Bereits in den Vorgesprächen entdeckten die Künstlerin und ihr Modell einige Gemeinsamkeiten. Beide sind seit Jahren große Bewunderer des Barock-Malers Tiepolo. Vor diesem Hintergrund entschied sich von Grone, das Porträt mit einer Reminiszenz an den Maler zu verbinden. So bildet Tiepolos berühmtes Deckenfresko, das in der Würzburger Residenz zu bewundern ist, in abstrahierter Form den Hintergrund für das lebensgroße Porträt. Besonders beeindruckend war für den Kunsthistoriker nicht nur die Situation, dass er die Entstehung eines Kunstwerkes hautnah – vom Entwurf bis zum letzten Pinselstrich – miterleben konnte, sondern auch der Kontakt zu den interessierten Kunst-Hallen-Besucher*innen. Zahlreiche Teilnehmer*innen der Kunstseminare und Studienfahrten an der KAS kamen im Laufe des Wochenendes vorbei und schauten der Künstlerin beim Schaffensprozess interessiert über die Schulter.

Neue Themen, neue Formate

Im interdisziplinären Austausch im KASTeam oder im Gespräch mit Referent*innen und Kursteilnehmer*innen entstehen immer wieder auch neue Ideen für neue Themen und Seminarangebote. Gerne nimmt Dr. Linke diese Anregungen auf. So entwickelte sich aus einem Gespräch mit einer Kursteilnehmerin das Motto der diesjährigen Bildungswoche Mode und Textilkunst. „Das ist für mich persönlich ein ganz neues und spannendes Thema. Es verlangt von mir, dass ich über meinen eigenen Schatten springe und mich mit einer Kunstform auseinandersetze, die mir bisher eher fremd war,“ macht Dr. Linke deutlich und freut sich schon auf die Herausforderungen und die Erfahrungen mit neuen kreativen Gestaltungselementen.

Zum KAS-Jahresthema StreitKultur legt er den Schwerpunkt auf ein Thema, das aktuell viele Menschen betrifft: Die schwierige Situation in der Ukraine und die erschreckende Tatsache, dass Kunst und Kultur von russischer Seite zum Gegenstand der Kriegsführung gemacht wurden. „Da ›finden gerade unglaubliche Zerstörungen statt. Ein wichtiges Kriegsziel von Putin ist die Vernichtung der kulturellen Identität der Ukraine. Das möchte ich thematisieren und aufarbeiten. Wieviel ist bereits unwiederbringlich verloren? Was konnte gerettet werden? Und mit welchem Engagement setzen sich die Menschen für den Erhalt und den Schutz ihrer Kultur und ihrer Kulturgüter ein?“, erläutert der Kunsthistoriker die Fragestellungen, denen er gerne mit den Teilnehmenden nachgehen möchte.

Die erste Exkursion der Katholischen Akademie Stapelfeld unter Leitung von Dr. Alexander Linke führt im Frühjahr 2023 nach Venedig.

Gemeinsam Venedig entdeckem

Ein Höhepunkt 2023, auf den sich Dr. Linke und alle Teilnehmenden besonders freuen, ist die erste von ihm organisierte und durchgeführte KAS-Studienfahrt im Frühjahr. Das gemeinsame Ziel ist die italienische Lagunenstadt Venedig. Sie ist die Geburtsstadt des Barockmalers Tiepolo und eine der Lieblingsstädte von Dr. Linke, die er seit vielen Jahren kennt und schon oft besucht hat. Angesichts ihrer Kunst- und Kulturschätze gerät der KAS-Dozent regelrecht ins Schwärmen. Vor Ort wird er den Teilnehmer*innen neben den weltberühmten Sehenswürdigkeiten auch die unbekannteren Kunstwerke, versteckten architektonischen Schönheiten und den besonderen Charme der Stadt auf dem Wasser näherbringen.

In der Vor- und Nachbereitung der Studienfahrt entstehen in der intensiven Auseinandersetzung mit dem Gesehenen und Erlebten sicher auch neue Ideen für interessante Projekte an der KAS, denn das dortige Bildungsangebot lebt von der Inspiration, dem Ideenreichtum und der Kompetenz des begeisterungsfähigen Dozententeams. Das Jahresprogramm stellt dies auch 2023 wieder eindrucksvoll unter Beweis.


Nähere Informationen gibt es unter:
www.ka-stapelfeld.de
Tel. 04471 / 188 1128 (Barbara Ostendorf)
bostendorf@ka-stapelfeld.de