Bildungsurlaub, in manchen Bundesländern auch Bildungszeit genannt, ist ein gesetzlich verankertes Recht für Arbeitnehmende, eine Freistellung von der Arbeit zu erhalten, um sich weiterzubilden. In Niedersachsen regelt das Niedersächsische Bildungsurlaubsgesetz (NBildUG) diesen Anspruch. Beim Bildungsurlaub handelt es sich, vereinfacht ausgedrückt, um fünf zusätzliche bezahlte Urlaubstage im Jahr, die Arbeitnehmenden zweckgebunden zur Verfügung gestellt werden. Die Kursgebühren sowie damit verbundene Reise-, Übernachtungs- oder Verpflegungskosten müssen Bildungsurlauber:innen selbst tragen.
Was ist Bildungsurlaub?
Der Bildungsurlaub dient nicht nur der beruflichen Weiterbildung, sondern kann auch politische oder kulturelle Bildung zum Ziel haben. Das heißt, dass nicht zwangsläufig ein Kurs besucht werden muss, der inhaltlich relevant für den Beruf der urlaubenden Person ist. Wichtig ist lediglich, dass der Kurs als Bildungsurlaub anrechenbar ist.
Bildungsinstitutionen, wie beispielsweise Volkshochschulen, weisen die Anrechenbarkeit ihrer Kurse meist gesondert aus. Zudem gibt es zentrale Datenbanken wie beispielsweise bildungsurlauber.de oder Bildungsurlaub.de, in denen eine Vielzahl anrechenbarer Kurse gelistet ist. Diese bieten jeweils mehr als 15.000 Kursangebote, die sich nach Bundesland, Themengebiet oder Veranstaltungsform filtern lassen – von A wie Achtsamkeitstraining bis Z wie Zielgruppenorientiertes Marketing.
Übrigens: Ein Bildungsurlaub muss nicht immer im eigenen Bundesland stattfinden. Auch Sprachkurse, Yoga Retreats oder Kulturreisen im Ausland sind möglich. Wichtig ist lediglich, dass der Anbieter eine Anrechnung des Kurses im jeweils relevanten Bundesland ermöglicht.
Zur Anrechenbarkeit gilt das jeweilige Bildungsurlaubsgesetz des Bundeslandes, in dem sich der Arbeitsort befindet. Wer also für den Job ins Nachbarbundesland pendelt, muss die dortigen Regelungen zum Bildungsurlaub beachten. Findet die Tätigkeit hingegen vollständig im Home-Office statt, gilt die Regelung des Heimatbundeslandes – auch, wenn der Arbeitgeber seinen Sitz in einem anderen Bundesland hat.
Bildungsurlaub rechtzeitig beantragen
In Niedersachsen können grundsätzlich alle Arbeitnehmenden unabhängig von der Betriebsgröße, Bildungsurlaub beantragen. Voraussetzung ist ein bestehendes Arbeitsverhältnis von mindestens sechs Monaten im gleichen Betrieb. Auch Auszubildende haben Anspruch. Lediglich Beamte und Selbstständige sind ausgeschlossen, da für sie andere Regelungen gelten.
Ein Antrag muss spätestens vier Wochen vor Kursbeginn gestellt werden. Der:die Arbeitgeber:in kann den Antrag ablehnen, wenn der Bildungsurlaub den Betriebsablauf erheblich stören würde. Das wäre etwa bei akutem Personalmangel oder wichtigen, nicht verschiebbaren Projekten der Fall. Es empfiehlt sich daher, vor allem in kleinen Unternehmen möglichst frühzeitig mit der Personalabteilung oder Abteilungsleitung über den eigenen Wunsch nach Bildungsurlaub zu sprechen. Das ist nicht zuletzt auch fair gegenüber den Kolleg:innen, die während der eigenen Abwesenheit Mehrarbeit leisten.
In Niedersachsen und einigen anderen Bundesländern ist es zudem möglich, Bildungsurlaub aus zwei Jahren zu kumulieren. Dies bedeutet, dass Arbeitnehmende ihren Anspruch aus einem Jahr auf das folgende übertragen können, um dann insgesamt zehn Tage Bildungsurlaub zu nutzen. In den meisten Fällen ist dafür die Zustimmung des Unternehmens erforderlich. Ein kumulierter Bildungsurlaub eignet sich besonders für Aufenthalte im Ausland, etwa für Business English oder andere Intensiv-Sprachkurse.
Besonders beliebt: Gesundheit und Sprachen
Studien belegen den Mehrwert von Bildungsurlaub, nicht nur für die professionelle Qualifikation, sondern auch für die persönliche Entwicklung und die Motivation der Teilnehmenden. Zu den Klassikern gehören deshalb sowohl jene Kurse, die wertvolle berufliche Skills liefern, wie Rhetorik-Kurse oder IT-Schulungen, als auch Angebote zur mentalen Entfaltung, wie Qigong oder kreative Schreibwerkstätten. Oft wird ein Kurs, der außerhalb des Wohn- oder Arbeitsorts wahrgenommen wird, als besonders bereichernd empfunden, da ein Ortswechsel zusätzliche Impulse zur Weiterentwicklung liefert.
Bei allen Vorteilen wird Bildungsurlaub in Deutschland noch immer nur von einem kleinen Teil der Arbeitnehmenden genutzt. Gründe dafür sind unter anderem unzureichende Bekanntheit, der Aufwand zur Beantragung und mangelnde Unterstützung durch den Arbeitgeber. Laut Bildungsurlaub-Barometer 2023, einer Erhebung von Bildungsurlaub.de, interessierten sich zwischen Juni 2021 und Juni 2022 nur 2,4 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in Deutschland für das Thema Bildungsurlaub. In Bremen (4,1 %) und Niedersachsen (3,4 %) lag das Interesse jedoch deutlich über dem Durchschnitt. 48 Prozent aller an Bildungsurlaub Interessierten waren dabei jünger als 35 Jahre. Vor allem bei jungen Generationen steht die Auszeit vom Job also zunehmend hoch im Kurs. Sie schätzen die Vorteile des Bildungsurlaubs, zu denen eine gesteigerte Leistungsfähigkeit durch neue Impulse und draus resultierend eine höhere Zufriedenheit im Job gehören. Und auch für Arbeitgebende bietet der Bildungsurlaub Chancen, ist er doch nicht zuletzt auch ein wertvolles Instrument zur Mitarbeitendenbindung.
Interessant: Die am schnellsten wachsende Zahl an Kursangeboten ist in den Bereichen Politik und Gesellschaft sowie Gesundheit und Stressbewältigung zu finden. Auch die Liste der meistgesuchten Begriffe auf Bildungsurlaub.de zeigt klare Tendenzen: Absoluter Spitzenreiter ist das Suchwort „Yoga“, gefolgt von „Englisch“, „Spanisch“, „Wandern“, „Gesundheit“ und „Fasten“.
Und nun? Chancen nutzen!
Bildungsurlaub bietet Arbeitnehmenden eine hervorragende Gelegenheit, neue Kompetenzen zu erwerben oder persönliche Interessen zu vertiefen. Die große Vielfalt an Kursen – von klassischen Weiterbildungen bis zu kreativen oder internationalen Angeboten – ermöglicht es allen Interessierten, ein individuell passendes Angebot zu finden. Auch der Austausch mit Freund:innen, der Familie oder Kolleg:innen kann wertvolle Ideen zur Gestaltung dieser besonderen Auszeit liefern. Und selbst wenn das Thema Bildungsurlaub im eigenen Unternehmen noch Neuland ist: Warum nicht selbst die Person sein, die mit gutem Beispiel vorangeht und den gesetzlich verankerten Sonderurlaub als erstes beantragt?