Aus einer Platte sollten bald viele tausend werden, denn auf die einstige Schwärmerei eines Teenagers folgten mehr als vier Jahrzehnte Berufserfahrung im Schallplattengeschäft. Seit 1988 ist der gebürtige Franke im Oldenburger Münsterland zuhause. In Bamberg betrieb Stephan zehn Jahre lang einen Buch- und Plattenladen, doch das teure Pflaster der Universitätsstadt sorgte dafür, dass der Gewinn auf lange Sicht nicht für ein auskömmliches Leben reichte. Da kam Cloppenburg, die Heimat seiner Frau, ins Spiel: Deutlich niedrigere Lebenshaltungskosten und dazu die Möglichkeit, mietfrei im ehemaligen Haus der Oma unterzukommen. Ein guter Deal, fand Stephan. „Freunde und Familie haben uns damals für verrückt erklärt, aber ich wusste, dass der Umzug in den Norden die richtige Entscheidung sein würde."
Kurze Zeit später eröffnete das junge Paar die Buchhandlung Calypso in der Mühlenstraße – mit anspruchsvollen Romanen und Underground-Literatur, alternativen Öko-Ratgebern und Oldtimerfachbüchern, dazu ein extravagantes Schallplattensortiment. „Von einer Marktlücke alleine hätten wir wohl nicht leben können. Zusammen aber haben sie eine Vielfalt geschaffen, die man damals nur aus Großstädten kannte", begründet Wolfgang Stephan den Erfolg des Ladens.
Estland, Singapur,
USA – Stephan hat Kunden in aller Welt.
ls die Lage für kleine stationäre Buchläden Anfang der 2000er Jahre zusehends schwierig wurde, traf Stephan erneut die richtige Entscheidung zur richtigen Zeit. Er gab das Geschäft in der Cloppenburger Innenstadt nach zwanzig Jahren auf und machte sich auf zu neuen, digitalen Ufern. Heute vertreibt er seine Ware über Amazon Marketplace, vor allem innerhalb Deutschlands und nach Österreich. Aber auch Verkäufe nach Estland, Singapur oder in die USA sind keine Seltenheit. „Ein Kunde aus Mexiko hat kürzlich zum dritten Mal bestellt – obwohl es mehrere Wochen dauern wird, bis die Platten bei ihm ankommen", erzählt der erfahrene Händler stolz. „Es ist ein tolles Gefühl, zu wissen, dass tausende Kilometer entfernt jemand unser Angebot zu schätzen weiß."
Rückblickend habe er im Wesentlichen alles richtig gemacht, sagt der 66-Jährige heute, denn Veränderungen müssten schließlich sein, damit das Leben spannend bleibt. „Am Anfang wollte ich die Kultur der großen weiten Welt nach Cloppenburg holen. Heute trage ich sie von hier aus wieder in die Welt hinaus."