Das Programm verfolgt ein Ziel: die UN-Kinderrechtskonvention langfristig in das deutsche Bildungssystem zu integrieren. Unter dem Leitsatz „Wir leben Kinderrechte“ begleitet UNICEF Schulen, das Wissen über Kinderrechte und deren Umsetzung fest im Unterricht und in der Schulentwicklung zu verankern. Bisher ist die Initiative in den Bundesländern Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen erfolgreich gestartet – wie das Beispiel in Damme zeigt.
Der Impuls, sich als Kinderrechtsschule zu bewerben, entstand aus einer Ausschreibung im Schulverwaltungsblatt. „Wir waren sofort interessiert, weil wir ohnehin stets nach Wegen suchen, unsere Schule weiterzuentwickeln“, erinnert sich Konrektorin Sonja Deflorian. Die gesellschaftlichen und politischen Unruhen der letzten Jahre waren ein zusätzlicher Anstoß. „Es ist wichtiger denn je, Kinder früh in Demokratiebildung einzuführen, damit sie selbstbewusst für ihre Rechte einstehen können.“ Bereits vor der Bewerbung verfolgte die Schule Ansätze, die sich nahtlos in das Konzept einer Kinderrechtsschule einfügen ließen, etwa Gewaltpräventionsprogramme und die sogenannte Streitschlichter-AG. „Es ging darum, diese bestehenden Projekte zu bündeln und die Kinderrechte bewusst und nachhaltig zu verankern“, berichtet Deflorian.
Demokratie lernen und leben
Kinderrechte sind in der Schule mehr als ein theoretisches Konzept. Ein zentraler Baustein ist die wöchentliche Klassenratsstunde, in der Schüler:innen ihre Meinung äußern, Probleme diskutieren und gemeinsam Lösungen finden können. „Das stärkt ihr Selbstbewusstsein und zeigt ihnen, dass ihre Stimme zählt“, betont die Konrektorin. Darüber hinaus gibt es einen Schüler:innenrat, der schulweite Themen bespricht. Kinderrechte sind auch fester Bestandteil des Unterrichts. Besonders im Sachunterricht, aber auch in Fächern wie Religion, Deutsch oder Kunst werden Themen wie Gemeinschaft, Verantwortung und Persönlichkeitsentwicklung behandelt.
„Es ist wichtiger denn je, Kinder früh in Demokratiebildung einzuführen, damit sie selbstbewusst für ihre Rechte einstehen können.“ Sonja Deflorian
Zusätzlich hat die Schule zahlreiche Projekte ins Leben gerufen, um das Thema greifbar zu machen. Eines davon ist die Streitschlichter-AG, in der die Kinder lernen, Konflikte eigenständig zu lösen. Unterstützt wird dies durch die sogenannte Friedenstreppe, die einen festen Ort für Gespräche und Schlichtungen bietet. Gewaltpräventionsprogramme sind ebenso fester Bestandteil des Schulalltags. Ein weiteres Beispiel sind regelmäßige Spendenaktionen, etwa für Patenkinder in Malawi. „Damit zeigen wir den Kindern, dass Kinderrechte nicht überall selbstverständlich sind, und sie selbst sich aktiv dafür einsetzen können“, erklärt Sonja Deflorian.
Kinderrechte wachsen lassen
Am Tag der Zertifizierung als Kinderrechtsschule im Mai 2024 wurde ein Baum auf dem Schulgelände gepflanzt – ein symbolischer Akt, der zeigen soll, dass die Schule fest verwurzelt ist, aber immer weiterwächst. Begleitet wurde die Aktion von einer feierlichen Zeremonie mit Musik und Gesang, die Schüler:innen, Lehrkräfte und Elternvertreter:innen zusammenbrachte. Letztere spielen eine wichtige Rolle für das Projekt. Bereits zu Beginn der Bewerbung wurde in einer Umfrage ermittelt, wie bekannt Kinderrechte in den Familien sind. Über Elternabende, die Homepage und verschiedene Aktionen wurden die Eltern schließlich in den gesamten Prozess eingebunden.
Doch auch nach der Auszeichnung ist die Arbeit nicht abgeschlossen. Die Schule muss sich regelmäßig rezertifizieren lassen und nachweisen, dass sie weiterhin Projekte umsetzt und das Thema Kinderrechte lebendig hält. „Wir wiederholen viele Projekte spiralförmig und vertiefen sie mit neuen Elementen“, sagt Deflorian. So bleibt das Thema präsent und wird immer wieder neu belebt. Die Konrektorin möchte auch andere Schulen ermutigen, Kinderrechtsschulen zu werden: „Der bürokratische Aufwand ist auffangbar, und oft sind die Themen sowieso schon Teil des Schulalltags. Sie müssen nur gefestigt werden. Und die Ergebnisse sind die Arbeit absolut wert.“
Für die Schüler:innen hat sich nachhaltig etwas verändert. Sie haben nicht nur Wissen über ihre Rechte und neues Selbstbewusstsein gewonnen, sondern lernen auch kontinuierlich, Verantwortung zu übernehmen.