Handwerk? Ja bitte!

Über Berufe mit Sinn und Zukunft

20.12.2022

Das Handwerk gilt heute mehr denn je als sicheres ­Fundament für die Zukunft. Noch immer ist es aber schwierig, junge Menschen für eine Ausbildung in handwerklichen Berufen zu begeistern. Neun Handwerker:innen aus dem Oldenburger Münsterland haben uns erzählt, was sie an ihrer Arbeit schätzen. Sie befinden sich noch mitten in der Aus­­bildung oder stehen bereits seit einigen Jahren fest im Berufsleben. Und manche haben erst im ­zweiten Anlauf ihre Liebe fürs Handwerk entdeckt. Sie alle eint eines: die Leidenschaft für ihre tägliche Arbeit. Und so werden neun ganz unterschiedliche Geschichten zu einem klaren Bekenntnis zum Handwerk – egal ob in der Lebensmittelbranche, auf dem Bau oder in der Werkstatt!

Ausbildungsberuf Anlagenführerin

„Ich wusste schon lange, dass ich ­Maschinen- und Anlagenführerin werden möchte, denn mein Cousin hat denselben Beruf und mir immer davon erzählt, als ich klein war."
Naomi Kruijer, 18
Auszubildende zur Maschinen- und Anlagenführerin
© malopo

„Die Arbeit mit den Maschinen hat sich spannend angehört. Deswegen habe ich mich für die Ausbildung bei Waskönig + Walter in Saterland beworben. Was mir besonders gut gefällt, ist die Arbeit mit meinen Kolleginnen und Kollegen. Alle sind super nett und aufgeschlossen. Es gibt auch viele Frauen in dem Beruf, was für mich die Bestätigung ist, gut aufgehoben zu sein. Ich verstehe gar nicht, warum nicht mehr Frauen und junge Menschen generell handwerklich arbeiten wollen. Natürlich macht man sich auch mal die Hände schmutzig, aber gerade das macht den Beruf so besonders! Nach einem vorgegebenen Ablaufplan arbeite ich fast jeden Monat in einer anderen Abteilung. Mein Meister teilt mir Aufgaben zu, die ich dann gemeinsam mit einem anderen Mitarbeiter oder einer anderen Mitarbeiterin bewältige. Ein Display zeigt an, wo der Fehler an einer Maschine liegt. Diesen beheben wir entweder selbst oder informieren die Handwerker. Es gibt immer etwas Neues zu tun. Nach meiner Ausbildung kann ich den Meister oder mein Fachabitur machen. Der Job bietet mir also viele Perspektiven.“

Ausbildungsberuf Maurer

„Mein Vater hat ein Bauunternehmen, die Herbert Niehaus GmbH in Lohne, wodurch ich schon früh erste Berührungspunkte mit dem Beruf hatte."
Niclas Niehaus, 17
Auszubildender zum Maurer
© malopo

„Ich habe immer gerne auf dem Bau mitgeholfen und erste Erfahrungen in dem Bereich gesammelt. Deswegen war mir schnell klar, dass ich eine Aus­­bildung zum Maurer machen möchte. Ich mag es, immer draußen und unterwegs zu sein, die Arbeit erfordert Geschick und Kreativität und man ist immer körperlich aktiv. Besonders im Sommer, wenn das Wetter so gut ist, macht es mir sehr viel Spaß, zu mauern. Ich bin dann den ganzen Tag an der frischen Luft. Außerdem kann ich immer meinen eigenen Fortschritt bei der Arbeit sehen, das ist ein tolles Gefühl. Durch meine Ausbildung bin ich außerdem für die Zukunft abgesichert: Ich überlege, direkt nach der Ausbildung den Maurer­meister zu machen. Irgendwann kann ich dann den Betrieb meines Vaters übernehmen. Ich bin sehr zufrieden, dass ich mich für diesen Weg entschieden habe. Maurer ist ein cooler Beruf, weil er so abwechslungsreich ist und immer etwas anderes zu tun ist. Man sieht viel von der Welt, ist mal hier und mal da. Es macht einfach Spaß!“

Ausbildungsberuf Fleischer

„Mir war nicht von Anfang an klar, dass ich Fleischer werden möchte."
Marvin Pohl, 19
Auszubildender zum Fleischer
© malopo

„Tatsächlich habe ich zuerst bei einem großen Lebensmittelhändler eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann begonnen. In der Weihnachtszeit wurde ich dann vermehrt hinter der Fleisch­theke eingesetzt. Schnell habe ich am Beruf des Fleischers viel mehr Gefallen ­gefunden als an den Tätigkeiten als Einzel­handelskaufmann. Es ist mir zu wenig, hinter der Theke zu stehen und Fleisch zu verkaufen. Mich interessiert der gesamte Prozess von der Lieferung des Tieres bis zur Auslage für den Verkauf. Mir ist klar geworden, dass das Fleischer-Handwerk besser zu mir passt, deshalb habe ich meine Ausbildung bei der Fleischerei Werner Schulte in Lastrup begonnen. Mittlerweile befinde ich mich im dritten Lehrjahr und kann sagen: Es war die beste Entscheidung. Mir gefällt besonders die Vielseitigkeit an diesem Beruf. Mein Tag beginnt schon früh morgens. Dann nehme ich zu­­sammen mit meinen Kollegen die Fleischlieferung an und verarbeite sie. Hierbei ist Teamarbeit gefragt, denn es braucht fünf Personen, um ein Schwein zu zerlegen. Das ist auch körperlich anstrengend, aber wenn man einmal den Dreh raushat, macht es richtig Spaß!“ 

Ausbildungsberuf Kfz-Mechatronikerin

„Ich habe mich schon immer für Autos interessiert, vor allem für Oldtimer, und habe als Jugendliche ein Praktikum in einer Werkstatt gemacht."
Patricia Landwehr, 27
Kfz-Mechatronikerin
© Timo Lutz Werbefotografie

„Heute blicke ich auf elf Jahre Berufserfahrung bei Volvo Ellers in ­Vechta zurück und bin noch immer Feuer und ­Flamme für meinen Job. Direkt am Motor arbeiten, zum Beispiel um einen Zahnriemen zu wechseln, macht mir besonders viel Spaß. Die Ausbildung war natürlich nicht ohne, denn ich musste mich in einer Männer­domäne behaupten und mir in so mancher ­Situation den Respekt der Kollegen erst erarbeiten. Der Schlüssel zum Erfolg: selbstbewusst mit den eigenen Fähigkeiten umgehen. Wer sich gern die Hände schmutzig macht, Feingefühl für technische Arbeiten mitbringt und sich für Elektronik interessiert, ist in diesem Beruf perfekt aufgehoben – egal ob Frau oder Mann. Mein Rat an die Mädels lautet deshalb: Lasst euch nicht unterkriegen und lernt den Beruf, den ihr spannend findet! Ob man ein Studium in der Tasche hat, hat heute nicht mehr viel zu sagen. Im Gegenteil: Wer ein Handwerk erlernt, verdient schon gutes Geld, wenn die ehemaligen Mitschüler noch in der Uni sitzen.“ 

Ausbildungsberuf Friseur

„Ich lebe seit sieben Jahren in ­Cloppenburg und bin inzwischen schon im dritten ­Lehrjahr meiner Frisör-Ausbildung."
Massoud Ramo, 28
Auszubildender zum Frisör
© malopo

„Den Beruf hatte ich zwar bereits in Syrien erlernt, allerdings ­fehlten dort einige Inhalte, die hier in Deutschland vorausgesetzt werden. Meine Entscheidung, die Ausbildung noch einmal zu machen, war daher absolut richtig. Im Haar­atelier in Cloppenburg lerne ich vor allem die Aufgaben im Damenbereich ausführlicher kennen und kann die Fachbegriffe nun auch auf Deutsch benutzen. Mein Ausbildungs­betrieb war ein echter Glücksgriff, denn ich fühle mich total wohl hier – wir sind wie eine kleine Familie. Was mir an meiner Arbeit am besten gefällt? Ganz klar der Damenbereich! Färben und Tönen, die unterschiedlichsten Haarschnitte und Stylings – da geht es einfach kreativer zu als bei den Herren. Noch dazu erlerne ich einen Beruf mit Zukunft. Denn wer das Frisörhandwerk liebt und mit Herzblut dabei ist, wird sich immer weiter­entwickeln können. Und das ist auch für mich ein spannender Aspekt an der Arbeit: Ich lerne ­beständig dazu und freue mich jeden Tag über die Möglichkeiten, die sich mir im Salon bieten.“ 

Ausbildungsberuf Zimmerer

„Die Vielfältigkeit des Materials Holz fasziniert mich an meiner Ausbildung bei der Burdiek Zimmerei u. Holzbau GmbH in Damme."
Moritz Grünebaum, 18
Auszubildender zum Zimmerer
© malopo

„Ebenso wie die Möglichkeit, geplante Projekte eigenhändig in die Tat umzusetzen. Schon lange vorher habe ich mir die Frage gestellt, wie so ein komplexer und facettenreicher Hausbau funktioniert. Als ich sechs Jahre alt war, durfte ich meinem Onkel, der gelernter Zimmermann ist, bei der Arbeit über die Schulter schauen und einige Dinge schon selbst ausprobieren. Dieses Interesse hat sich bis heute gehalten, da ich in den Ferien auch schon bei Burdiek gearbeitet habe. Außerdem habe ich bereits Praktika im Holzbau absolviert. Das hat mich in meinem Vorhaben bestätigt, die Fach­richtung intensiver zu ­erkunden und ­Erfahrung zu sammeln. Nach meiner Aus­­bildung würde ich gern die Meister­schule besuchen. Im Anschluss daran ist eventuell ein Auslandsjahr geplant, das ist aber noch nicht ganz sicher. Wenn diese Entscheidung steht, würde ich noch ein paar Jahre als Geselle arbeiten wollen. Währenddessen möchte ich anfangen, mir etwas Eigenes aufzubauen. Geplant ist ein eigenes Sägewerk mit einer Zimmerei, in der ich mein eigens gesägtes Holz verarbeite. Das ist ein großer Traum, den meine Ausbildung im Handwerk mir ermöglichen kann.“

Ausbildungsberuf Bäckereifachverkäuferin

„Die Arbeit in der Bäckerei war mir schon als Kind vertraut, weil mein Papa früher Bäcker war."
Diana Neumann, 24
Auszubildende zur Bäckereifachverkäuferin
© malopo

„Ich selbst arbeite aber lieber im Verkauf, denn ich mag den täglichen Kunden­kontakt einfach sehr. Behrens-Meyer aus Garrel hat mir die Möglichkeit gegeben, in einer der vielen Filialen in der Region meine Aus­­bildung zur Bäckereifachverkäuferin zu machen – und das, obwohl ich bereits einen vierjährigen Sohn habe. Bei manchen Unternehmen wäre das wohl ein Nachteil gewesen. Dabei gibt es immer einen Weg, wenn der Arbeitgeber einem nur die Chance dazu gibt! Und am Ende sollte doch ohnehin entscheidend sein, was man kann. Wer ein bisschen Fingerspitzen­gefühl beim Dekorieren der Waren­auslage zeigt und aufgeschlossen und freundlich mit den Kunden umgeht, ist in meinem Beruf genau richtig. Manche Leute kommen grimmig rein und gehen gut gelaunt wieder raus, weil sie toll beraten wurden. Dann weiß ich: Ich habe alles richtig gemacht! Am Ende meiner dreijährigen Ausbildung bin ich bestens aufgestellt, denn im Handwerk wird immer nach guten Leuten gesucht. Das lässt mich beruhigt in die Zukunft schauen. Und das ist in den heutigen Zeiten doch einiges wert!“

Duales Studium Elektrotechnik

„Nach meinem Abitur habe ich ein Jahr ­gearbeitet und gemerkt, dass mir die Praxis viel Spaß macht. Ich wollte aber auch die Chance nutzen, zu studieren."
Oliver Felix, 22
Duales Studium Elektrotechnik
© malopo

„Ein duales ­Studium war also die richtige Wahl für mich. In der Schule habe ich mich immer für Physik und Informatik interessiert. In handwerklichen Berufen kann man Theorie und Praxis super miteinander verbinden – so bin ich darauf gekommen, eine Ausbildung zum ­Elektroniker für Automatisierungs- und Systemtechnik zu machen. Handwerkliche Erfahrungen hatte ich noch nicht viele, die sammelt man in der Ausbildung aber schnell. Das Erlernte kann man gut im Alltag einsetzen. Im ersten Jahr meiner Lehre habe ich noch nicht studiert, sondern bin zur Berufsschule gegangen. Hier habe ich viele Dinge gelernt, die mir im ersten Semester an der Hochschule weitergeholfen haben. Was Schulz Systemtechnik als Aus­­bildungsbetrieb auszeichnet, ist, dass die Firma sehr breit aufgestellt ist: Schaltschrankbau oder Industrie- und Gebäude­technik sind nur ein paar Beispiele. Die Arbeit ist dadurch sehr abwechslungsreich und ich lerne viel. Die Kombination von Aus­bildung und ­Studium ermöglicht es mir, viele ­Erfahrungen zu sammeln und meine Fachkenntnisse ­kontinuierlich zu erweitern. Es gibt viele Perspektiven, wie es für mich nach dem dualen Studium weitergehen kann."

Ausbildungsberuf Land- und Baumaschinenmechatroniker

„Vor meiner Ausbildung zum Land- und Baumaschinenmechatroniker bei der L. Möller Landtechnik GmbH in Cappeln habe ich Landwirt gelernt."
Jonas Bünnemeyer, 21
Auszubildender zum Land- und Baumaschinenmechatroniker
© malopo

„Vor meiner Ausbildung zum Land- und Baumaschinenmechatroniker bei der L. Möller Landtechnik GmbH in Cappeln habe ich Landwirt gelernt. Ich habe allerdings schon immer gern mit Maschinen gearbeitet, an ihnen gebastelt und sie repariert. In der Schulzeit habe ich auch Praktika in dem Bereich gemacht und hatte großen Spaß dabei. Deswegen wusste ich, dass ich Land- und Baumaschinenmechatroniker werden möchte. Im Arbeitsalltag führe ich Aufträge für Kunden durch und repariere ihre Maschinen. Meistens werden sie zu uns gebracht, manchmal fahren wir aber auch zum Kunden hin. Ich liebe es, den ganzen Tag mit meinen Händen zu arbeiten und mich zu bewegen. Ein Bürojob wäre gar nichts für mich. Dadurch, dass man immer auf Fehlersuche gehen und die gefundenen Fehler beheben muss, ist man nahezu immer ausgelastet und gut beschäftigt. Der Land- und Baumaschinenmechatroniker ist definitiv ein Beruf mit Zukunft und ich finde es schade, dass immer weniger Menschen erkennen, wie wichtig diese handwerkliche Arbeit ist. Die Ausbildung gibt mir ein breites Spektrum an Fähigkeiten und außerdem eine gewisse Selbstständigkeit. Denn sogar, wenn ich später in den Bereich der Landwirtschaft zurückkehren sollte, kann ich dann kleinere Dinge selbst reparieren und einschätzen, wie groß der Schaden an einer Maschine ist.“

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