Frauen in der Wirtschaft

Das Unternehmertum im Oldenburger Münsterland wird weiblich(er)

22.06.2021

Hochkompetent, voll engagiert, sehr erfolgreich. Und weiblich. Frauen in Führungspositionen gehören noch zu einer Minderheit in der Wirtschaftswelt. Aber: Vieles ist in Bewegung im Oldenburger Münsterland. Rollenklischees werden aufgebrochen und bessere Rahmenbedingungen zur Förderung von Frauen im Beruf geschaffen.

Noch sind Frauen aber auch hier deutlich seltener in der Chefrolle zu finden. „In unserer Region herrscht noch die klassische Rollenverteilung vor", erklärt Renate Hitz, Leiterin der Koordinierungsstelle Frauen und Wirtschaft im Oldenburger Münsterland. „Kinderbetreuung und Haushalt übernehmen oft die Frauen. Für eine verantwortungsvolle Führungsaufgabe bleiben dann keine Zeit und Energie."

Unternehmerin Christine Niemann bestätigt dies: „Viele Betriebe wurden bereits vor Jahrzehnten von Männern gegründet. Dieser Typ Unternehmer ist starke Frauen in der Wirtschaft womöglich noch nicht gewohnt." Ein weiterer Aspekt: die Familienplanung. „Viele Unternehmen zögern, eine Frau im Alter zwischen Mitte 20 und 30 einzustellen", so Niemann. Das gelte aber für ganz Deutschland.

Erfolg durch Expertise – und Schlagfertigkeit

Sie selbst hat sich in ihren Ambitionen nie bremsen lassen. Nach einem Studium des Marketing- und Vertriebsmanagements im niederländischen Enschede sowie Berufserfahrungen in München und Düsseldorf übernahm Niemann mit nur 27 Jahren die Geschäftsführung eines Unternehmens in Molbergen. Parallel zum weiterführenden Masterstudium. Auf ihrem Karriereweg war sie durchaus mit unangenehmen Situationen konfrontiert. „Meinungsstarke Frauen waren oft nicht erwünscht", erzählt sie.

Ihren Erfolg führt Christine Niemann vor allem darauf zurück, dass ihre Eltern ihr von klein auf eine unternehmerische Denke und den uneingeschränkten Glauben an ihre Fähigkeiten vermittelt haben. Das schaffte Selbstvertrauen. „Ich kann kontern, wenn meine Kompetenz angezweifelt wird – mit Expertise und Schlagfertigkeit", betont sie.

Ebenso selbstbewusst reagiert Silke Klaus, Geschäftsführerin und Inhaberin des Software-Unternehmens awenko in Emstek. „Unternehmen im Oldenburger Münsterland werden nach wie vor überwiegend von Männern geleitet", sagt Klaus. „Dass ich als Frau und zweifache Mutter meine eigene Firma aufbaue und vertrete, stößt aber nicht auf Ablehnung, sondern vielmehr auf Bewunderung."

Direkt nach dem Studium erhielt die Wirtschaftsingenieurin den Auftrag, in Bremerhaven ein Qualitätsmanagementsystem zur Zertifizierung eines Unternehmens aufzubauen. Wenig später betreute sie bereits mehrere weitere Firmen. Heute führt Silke Klaus ihr eigenes Haus. In ihrem Team aus Software-Entwicklern arbeiten hauptsächlich Männer. „Ich würde auch Programmiererinnen einstellen, aber die meisten Bewerber sind männlich. In dieser Hinsicht unterscheidet sich das Oldenburger Münsterland nicht von anderen Regionen."

Attraktive Rahmenbedingungen schaffen

Mit diesem Phänomen kämpft auch die Grimme Landmaschinenfabrik in Damme. Laut Christine Grimme, Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit, seien sehr wenige Frauen im Maschinenbau und im Elektroingenieurswesen tätig. Was also tun? In den Augen der zweifachen Mutter vor allem eines: optimale Voraussetzungen schaffen, um Frauen im Beruf zu fördern. „Hier arbeiten 180 hochqualifizierte Frauen – wir schätzen sie und wollen sie halten", sagt Christine Grimme und ergänzt: „Damit sie nach ihrer Familienzeit zurückkommen, berücksichtigen wir ihre jeweiligen Lebensumstände."

Auch die Verwaltung des Landkreises Cloppenburg will mit gutem Beispiel vorangehen. „Von 13 Ämtern und Stabsstellen sind schon sechs weiblich besetzt", rechnet Landrat Johann Wimberg vor. Zudem riefen die Kreise Cloppenburg und Vechta die Koordinierungsstelle Frauen und Wirtschaft ins Leben. Sie hilft Frauen mit ganzheitlicher, vertraulicher und kostenloser Beratung, nach der Familiengründung wieder in den Beruf einzusteigen.

Das Geschlechterverhältnis in der Wirtschaft im Oldenburger Münsterland – speziell in Führungspositionen – ist noch nicht ausgeglichen. Aber es findet ein Bewusstseinswandel statt. Erkannt wurde, dass alle Akteure gefragt sind. In Wirtschaft, Politik und Gesellschaft, aber auch dem näheren Umfeld und bei den Frauen selbst. Christine Niemann, Silke Klaus und Christine Grimme eint, dass ihnen neben Unternehmergeist vor allem vollstes Vertrauen in ihre Kompetenzen vermittelt wurde. Sie haben aber auch selbst an sich geglaubt und etwas gewagt. „Das ist eine Frage des Muts", bestätigt Silke Klaus. „Man muss innerlich ja sagen."