Ländliche Genossenschaften stützen die Wirtschaftskraft
Eine wichtige wirtschaftliche Rolle im OM spielen auch die ländlichen Genossenschaften. Dafür ist die Erzeugergroßmarkt Langförden-Oldenburg e.G. (ELO) ein erstklassiges Beispiel. Die ELO ist mit einem Jahresumsatz von mehr als 250 Millionen Euro (Geschäftsjahr 2023) ein führendes deutsches Unternehmen im Bereich der Frischvermarktung von Freilandsalaten und -gemüse, Beerenfrüchten, Kern- und Steinobst sowie Champignons. Zu den Kunden zählen nahezu alle großen Lebensmitteleinzelhändler und Discounter.
Aber auch die GS Die Genossenschaft eG in Schneiderkrug im Landkreis Cloppenburg ist als moderner Landhändler ein unverzichtbarer Teil der Agrarbranche. Mit einem Umsatz von mehr als einer halben Milliarde Euro und knapp 350 Mitarbeitenden ist sie ein mittelständischer Leuchtturm in der Region. Sie liefert nicht nur 500.000 Tonnen Futtermittel jährlich, sondern bietet durch innovative und wissenschaftlich begleitete Futterkonzepte Lösungen für eine zukunftsorientierte Landwirtschaft. Dies gilt auch für die Landwirtschaftliche Bezugsgenossenschaft eG Damme (LBD), die mit 180 Mitarbeitenden und Lagerkapazitäten für Getreide von mehr als 100.000 Tonnen ebenfalls zu den bedeutenden Futtermittelherstellern zählt.
Strukturwandel kostet Jobs
Dabei zeigen Untersuchungen der Uni Vechta mit Zahlen, Daten und Fakten, dass der Strukturwandel mit hohem Tempo voranschreitet. Dr. Barbara Grabkowsky, die an der Uni Vechta den Verbund Transformationsforschung agrar Niedersachsen leitet, prognostiziert in ihrer aktuellen TRAIN-Studie
(Transformationsszenarien der Agrar- und Ernährungswirtschaft in Nord-West-Niedersachsen), dass bis 2030 in der Agrar-, Ernährungs- und Futtermittelwirtschaft im Worth-Case-Szenario mehr als 23.000 Jobs verlorengehen könnten und Umsatzrückgänge von 30 bis 50 Prozent in Weser-Ems möglich seien. Damit würde der Region eine milliardenschwere Wertschöpfung verlorengehen, was sich auf alle Lebens- und Wirtschaftsbereiche auswirke. Deshalb sei die Transformation der Landwirtschaft eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
Landwirtschaft am Scheideweg
Die Landwirtschaft steht deshalb auch an einem Scheideweg. Wenn wir weiterhin nachhaltige Lebensmittel in Deutschland produzieren wollen, muss die Politik dafür die Rahmenbedingungen schaffen und nicht immer mehr Hürden für unsere qualitativ hochwertigen konventionellen landwirtschaftlichen Betriebe aufbauen. Ansonsten werden wir unsere Versorgungssicherheit von ausländischen Importen abhängig machen, die oftmals mit geringeren Standards einhergehen. Dies würde zu einem erheblichen Verlust an Arbeitsplätzen und Wertschöpfung auch im Oldenburger Münsterland führen. Landwirtschaft darf von der Politik nicht als Problem, sondern muss als Teil der Lösung betrachtet werden. Gerade die genossenschaftlichen Unternehmen sind Ideengeber und Treiber der Transformation und keine Bremser.
Energiewende: Genossenschaften zeigen Wege
Wie man die Energiewende auf Basis einer breiten gesellschaftlichen Teilhabe vorantreiben kann, zeigen die rund 70 Energiegenossenschaften in Weser-Ems, die jährlich Strom für rund 60.000 Vier-Personen-Haushalte aus regenerativen Energieträgern liefern. Dabei zeigt die 2023 gegründete Energiegenossenschaft Bakum eG eindrucksvoll, dass sie Zukunftsgestalter sind. Dort ist es gelungen, eine große Zahl der Menschen in der 6.000 Einwohner umfassenden Gemeinde an drei Windkraftanlagen zu beteiligen. Insgesamt haben mehr als 340 Mitglieder ein Geschäftsguthaben von 1,5 Millionen Euro gezeichnet.
Energy Sharing: Bakum startet Pilotprojekt
Die Energiegenossenschaft hat darüber hinaus in diesem Jahr ein bundesweit einzigartiges Pilotprojekt gestartet. Zusammen mit der Gemeinde Bakum, EWE AG und neoom (Hersteller Batteriespeicher, Österreich) hat sie die erste Energy Sharing Community in Deutschland an den Start gebracht. In diesem Pilotprojekt wird der Strom aus dem genossenschaftlichen Bürgerwindpark und von den kommunalen Photovoltaik-Anlagen auf den Dächern der Gemeindegebäude zusammengefasst. Damit dies trotz der fehlenden gesetzlichen Rahmenbedingungen in Deutschland möglich ist, haben sich die Projektpartner in einem „Demonstrationsprojekt“ zusammengeschlossen, in dem Stromzuteilung und Abrechnung realitätsnah nachgebildet werden.
Während viel über die Ausgestaltung und die Mehrwerte von Energy Sharing diskutiert wird und sich die Gesetzgebung in die Länge zieht, zeigt Bakum, wie dieses Modell funktionieren kann und sammelt wichtige Praxiserfahrungen. Genossenschaften entwickeln Lösungen für aktuelle Herausforderungen, die von einer breiten gesellschaftlichen Teilhabe geprägt sind, eine hohe Wirtschaftlichkeit mit demokratischen und gesellschaftlichen Werten vereinbaren und eine hohe Nachhaltigkeit gewährleisten. Kurzum: Genossen gestalten Zukunft.