Dieses Projekt demonstriert die konzeptionelle Fusion von umweltfreundlicher Bauweise und energetischer Autarkie und könnte als Blueprint für ähnliche Vorhaben in Deutschland fungieren, um den Spagat zwischen ökologischem Bauen und nachhaltigem Wohnen zu schaffen. Dabei versucht das Projekt die laufenden monatlichen Kosten für die Bewohner gering zu halten und für einen effizienten Einsatz von natürlichen Ressourcen zu sorgen.
Vision ökologisch nachhaltiges Quartier
Das zugrundeliegende Konzept des CO2- neutralen Quartiers mit 32 Wohneinheiten basiert auf einer dualistischen Vision: Die Realisierung von Wohnraum, der höchste Nachhaltigkeitskriterien erfüllt, bei gleichzeitiger Sicherstellung ökonomischer Rentabilität. Dieses Zusammenspiel von Ökologie und Ökonomie ist das Fundament des Projekts. Das Projektteam rund um Borgerding & Heese Bau GmbH sowie der BH Energy GmbH agiert hierbei als Avantgarde in Niedersachsen und setzt sich zum Ziel, das Modell der bereits existierenden Wärmepumpenquartiere zu übertreffen. Dabei liegt der Fokus nämlich auf einer intelligent gesteuerten Kombination aus einer integrierten, dezentralen Energieversorgung, die die autarke Produktion und Distribution von Strom und Wärme sowie ein innovatives Regenwassermanagement umfasst. Dadurch entsteht ein ganzjähriger Autarkiegrad von nahezu 70 Prozent.
Ein markantes Charakteristikum dieses Quartiers ist seine nahezu CO2-Neutralität. Anders als bei konventionellen Projekten wird hier ein holistischer Ansatz verfolgt, der sämtliche Dimensionen des Bauens und Wohnens einschließt. Von der Energieerzeugung über die selektive Auswahl nachhaltiger Baumaterialien bis hin zur intelligenten Wassermanagementstrategie ist jedes Element darauf ausgerichtet, die CO2-Emissionen zu minimieren und den Ressourcenverbrauch zu optimieren.
Von der Konzeption zur Realisierung
Die Entwicklung des Quartiers verlief in mehreren iterativen Phasen. Der Initiativgedanke formierte sich im Jahr 2020, gefolgt von einer intensiven Planungs- und Genehmigungsphase in den Jahren 2021 und 2022. Trotz mehrerer tiefgreifender Herausforderungen konnte das Projekt in einer verkürzten Zeitspanne von der konzeptuellen Idee bis zur tatsächlichen baulichen Umsetzung realisiert werden, die im Dezember 2023 eingeleitet wurde. Die vollständige Inbetriebnahme des Quartiers ist für Mitte 2025 avisiert, wobei ein schrittweises Bewohnen bereits ab März 2025 geplant ist.
Diese stringente Projektplanung wurde durch eine Zusammenarbeit aller Akteure – bestehend aus Planungsbüros, spezialisierten Handwerksbetrieben und institutionellen Investoren – möglich. Ein Netzwerk aus Experten des OM bildete die Basis für die Realisierung des Projekts. Die Gruppe der drei Investoren, die Expertise in der Bauplanung, Baudurchführung sowie im kaufmännischen Bereich mitbringen, führt das Projekt mit dem Fokus auf Effizienz, Qualität und der nötigen Kreativität.
State-of-the-Art Technologie
Das CO2-neutrale Quartier in Steinfeld repräsentiert ein Beispiel für zukunftsweisendes, technisches Know-how und ökologische Weitsicht. Das Projekt basiert auf drei Säulen – Energie (Strom und Wärme), nachhaltige Baustoffe und Wasserwirtschaft – die in ihrer Komplexität und Innovationskraft einzigartig sind. Diese strategisch verzahnten Säulen bilden die Grundlage für die außergewöhnliche CO2-Reduktion von relativ gerechnet bis zu 48 Prozent. Das macht das Quartier zum wegweisenden Referenzprojekt im Bereich der klimagerechten Stadtentwicklung.
Energie: Strom- und Wärmekonzept
Die erste Säule, die Energieversorgung, ist durch ein technologisch avanciertes, autarkes System gekennzeichnet, das die Wohneinheiten mit sowohl elektrischer als auch thermischer Energie versorgt. Das Mieterstrommodell, ein Schlüsselelement dieses Systems, ermöglicht es den Bewohnern, lokal erzeugten Strom direkt zu nutzen, ohne auf externe Versorger zurückgreifen zu müssen. Diese direkt vor Ort gewonnene Energie, eine Kombination aus Photovoltaikanlagen und hocheffizienten Wärmepumpen, wird über ein integriertes Fernwärmenetz in das Quartier eingespeist.
Das Mieterstrommodell ist nicht nur eine ökonomisch vorteilhafte Lösung, da es den Bewohnern eine Kosteneinsparung von mehr als 10 Prozent gegenüber herkömmlichen Energielieferanten ermöglicht, sondern auch eine innovative Maßnahme zur Erhöhung der energetischen Autarkie. Durch die intelligente Messung und Nutzung sowie durch die verbauten Speichersysteme wird ein Autarkiegrad von rund 70 Prozent erreicht.
Die Verzahnung der dezentralen Stromproduktion mit einem intelligenten Wärmeverteilungsnetz minimiert Energieverluste und maximiert die Effizienz der gesamten Energieinfrastruktur. Diese in-situ-Erzeugung und direkte Nutzung stellen sicher, dass der Energiebedarf lokal gedeckt wird und verringern die Abhängigkeit von volatilen nationalen und internationalen Energiemärkten. Das macht das Quartier gegenüber externen Fluktuationen erheblich widerstandsfähiger.
Die BH Energy fungiert in ihrer Eigenschaft als lokaler Netzbetreiber, wodurch der reguläre Netzbetreiber von seiner Versorgungspflicht befreit wurde – ein echtes Novum im Energiesektor. Zur Redundanzsicherung ist eine Netzanbindung an die öffentliche Stromversorgung über eine Trafostation gegeben.
Nachhaltige Baustoffe
Die zweite Säule des Quartiers basiert auf der Verwendung innovativer, umweltfreundlicher Baumaterialien, die den höchsten ökologischen und technischen Standards entsprechen. Wesentlicher Bestandteil des Konzepts ist der Einsatz von Recyclingbeton, der es ermöglicht, den Ressourcenverbrauch zu reduzieren und gleichzeitig den Energieaufwand für die Herstellung von Neumaterialien zu minimieren. Dieser Beton ist ein elementarer Baustein des Cradle-to- Cradle-Prinzips mit dem Ziel, geschlossene Materialkreisläufe zu etablieren, sodass am Ende des Lebenszyklus der Materialien keine Abfälle entstehen, sondern diese vollständig wiederverwertet werden können.
Zudem wurden in Zusammenarbeit mit lokalen Ziegeleien Verblendsteine entwickelt, die aufgrund ihrer relativ geringeren Abmessungen nicht nur mehr Wohnfläche generieren, sondern insbesondere weniger Transportwege benötigen und dementsprechend ca. 33 Prozent Transportgewicht gegenüber herkömmlichen Ziegeln einsparen – Einsparungen von bis zu 45 Prozent bzw. 18 Kilogramm CO2. Durch den regionalen Bezug der Materialien und die Integration lokaler Wertschöpfungsketten wird der CO2-Ausstoß weiter minimiert, was das Quartier zu einem Musterbeispiel für eine regionale Lebenszyklusanalyse und eine nachhaltige Bauplanung macht.
Die Gebäude erfüllen darüber hinaus die Kriterien des besonders anspruchsvollen KfW 40+ QNG-Standards, der strenge Vorgaben zur Energieeffizienz und ökologischen Nachhaltigkeit setzt. Dieser Standard gewährleistet, dass der Energiebedarf der Bauwerke niedrig ist und gleichzeitig der ökologische Fußabdruck des gesamten Quartiers minimiert wird.
Wassermanagement
Die dritte Säule ist die innovative Wasserwirtschaft, die auf dem Prinzip Schwammstadt basiert. Dieses Konzept revolutioniert die urbane Wasserbewirtschaftung, indem es beispielsweise Regenwasser durch versickerungsfähiges Pflaster lokal aufnimmt und zurückhält, um es sukzessive wieder in den natürlichen Wasserkreislauf zurückzuführen. Anstelle einer Ableitung in die oftmals überlasteten städtischen Kanalisationen wird das Wasser in eine Regenversickerungsanlage geleitet, die eine natürliche Bodenversickerung ermöglicht.
Ergänzt wird dieses System durch ein Netz von Zisternen, die das gesammelte Regenwasser akkumulieren und über ein frostsicheres Leitungssystem bereitstellen. Diese Leitungen verlaufen von den Zisternen über das interne Leitungssystem der Gebäude zur anschließenden externen Wasserentnahme an den Außenanschlüssen, um eine nachhaltige Wasserversorgung sicherzustellen. Dabei schaltet sich unter anderem die intelligente automatische Gartenbewässerung nur nach Bedarf und Wasserverfügbarkeit ein. Diese Nutzung reduziert den Bedarf an Trinkwasser für Bewässerungszwecke und trägt so zur Schonung wertvoller Ressourcen sowie der städtischen Wassersysteme bei.