REEFUEL besteht aus e-LNG und Bio-LNG. Wie werden diese Kraftstoffe gewonnen?
Dr. Bramlage: Das synthetische LNG wird bei unserem Partner, der kiwi AG, in Werlte produziert. Dort wird in einem ersten Schritt grüner Wasserstoff in einer mit Ökostrom betriebenen Elektrolyse hergestellt, der sich danach als chemischer Energieträger in einem Methanisierungsreaktor unter Zuführung von biogenem Kohlendioxid in synthetisches Methan umwandeln lässt. Das wird dann verflüssigt und für herkömmliche LNG-Fahrzeuge in unser REEFUEL-Tankstellennetz eingebracht.
Die Nutzung des grünen Wasserstoffs hat neben der Anwendung als nachhaltigen Kraftstoff den Vorteil, dass das Power-to-Gas-Verfahren (PtG) stromnetzdienliche Aufgaben wie den Ausgleich saisonaler und tagesrhythmischer Schwankungen übernehmen kann. Das erzeugte e-LNG dient dabei als Langzeitstromspeicher und der Sektorenkopplung.
Bio-LNG besteht aus verflüssigtem Biomethan. Hierfür wird in einem ersten Schritt Biogas durch die Vergärung von Biomasse, also organische Abfälle, Erntereste und Gülle gewonnen. Das so erzeugte Biogas wird gereinigt und zu Biomethan aufbereitet, um anschließend entweder ins Gastransportnetz zur zentralen Verflüssigung eingespeist oder direkt vor Ort verflüssigt zu werden. Die Erzeugung von Bio-Methan ist nicht nur klimaneutral, sondern kann sogar Negativemissionen vorweisen – wenn beispielsweise Gülle als Ausgangsprodukt für die Herstellung von Bio-Methan verwendet wird, das ansonsten über Ackerdüngung in die Umwelt gelangen würde.
Gehen Sie davon aus, dass die verfügbaren Mengen an Biomethan überhaupt reichen, um einen signikanten Beitrag zur CO2-Reduktion beizutragen?
Dr. Bramlage: Ja! In Deutschland stehen zum Beispiel genügend Abfälle und Gülle zur Verfügung, um mindestens 75 Prozent des gesamten Schwerlastverkehrs über Bio-Methan zu dekarbonisieren. Die vollständige Substitution von Diesel sollte also möglich sein. Hierfür bedarf es jedoch verlässlicher gesetzlicher und politischer Rahmenbedingungen. Um das CO2-Ziel von 55 Prozent Einsparungen gegenüber 1990 bis zum Jahr 2030 zu erreichen, müsste man die bestehenden Fahrzeuge mit lediglich 40 Prozent Bio-Methan aus nachhaltiger Produktion betreiben. Damit wäre der Schwerlastverkehr im wahrsten Sinne des Wortes „fit for 55".