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Thesaurierung von Gewinnen

Autor*in: CHRISTIAN LÜBBEHUSEN

Das neue, am 1. Januar 2022 in Kraft getretene Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (KöMoG) ermöglicht die Thesaurierung von Gewinnen bei Personengesellschaften. Es ist ein Optionsmodell, mit dem Personengesellschaften künftig Steuern sparen können.

Bernd Rösener (WP, StB), Beate Lienesch (StB), Bernd Seeger (StB), Sven Schulter (B.A.), Thomas Willenbring (WP, StB), Jan Siemon (StB), Thomas Brinkmann (RA), Georg Schulte (StB, vBP.), Dörthe Seeger (StB), Jan Kreymborg (StB), Andreas Strothmann (StB), Andree Recker (Dipl.-Finw. (FH), StB), Christian Lübbehusen (StB) und Johannes Markus (StB) bilden zusammen mit den über 70 Beschäftigten das Team von LSR, welches ihren Mandanten in den Bereichen Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Rechtsberatung und IT-Beratung beratend zur Seite steht. Seit der Gründung 1964 hat sich die Kanzlei kontinuierlich weiterentwickelt und ist mittlerweile an den vier Standorten Lohne, Damme, Diepholz und Ganderkesee vertreten.

Während bei Kapitalgesellschaften der Gewinn Ertragsteuern von rund 30 Prozent (inklusive Gewerbesteuer und Solidaritätszuschlag) unterliegt, kommt ein Unternehmen, das als Personengesellschaft geführt und steuerlich als Mitunternehmerschaft qualifiziert wird, auf eine Gesamtertragsteuerbelastung von bis zu rund 50 Prozent. Denn der Gewinn einer Mitunternehmerschaft wird bei den Gesellschaftern deren persönlicher Einkommensteuer unterworfen und unterliegt damit dem progressiven Tarif, der bis zu einem Steuersatz von 42 bzw. 45 Prozent ansteigt. Und das gilt unabhängig davon, ob der Gewinn im Unternehmen reinvestiert oder vom Gesellschafter für private Zwecke entnommen wird.

Personenhandelsgesellschaften und Partnerschaftsgesellschaften haben nun die Möglichkeit, sich nach Antragstellung ertragsteuerlich als Kapitalgesellschaft behandeln zu lassen. Es handelt sich dabei lediglich um einen fiktiven Formwechsel, der nur steuerlich Bedeutung hat und weder zivil- noch umwandlungsrechtlich vollzogen werden muss. Daraus ergibt sich zwangsläufig Anpassungsbedarf im gesellschaftsrechtlichen und zivilrechtlichen Bereich.

Folge der gegebenenfalls gewählten Option ist, dass die Personengesellschaft wie eine Kapitalgesellschaft und ihre Gesellschafter wie die nicht persönlich haftenden Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft behandelt werden. Das bedeutet: Die Personengesellschaft unterliegt selbst der Körperschaftsteuer. Auch die Gewerbesteuerpflicht richtet sich in Zukunft bei ihr nach den Regelungen für Kapitalgesellschaften. Daher entfällt die bei einer Mitunternehmerschaft mögliche Gewerbesteueranrechung (§ 35 EStG).

Gewinne oder Verluste der Personengesellschaft werden bei den Gesellschaftern nicht mehr als Einkünfte berücksichtigt. Das bedeutet auch, dass dem Gesellschafter zugerechnete Verluste aus der Personengesellschaft nicht mehr mit sonstigen Einkünften des Gesellschafters oder Gewinnanteile nicht mehr mit negativen sonstigen Einkünften oder seinem persönlichen Verlustvortrag verrechnet werden können.

Dipl.-Kaufmann (FH) und Steuerberater Christian Lübbehusen.   

Dipl.-Kaufmann, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Thomas Willenbring meint:
„Für Unternehmen, welche ihre Gewinne für Investitionen thesaurieren möchten, klingt das sehr interessant. Bei genauerem Prüfen ist der Wechsel von der Einkommensbesteuerung für Personengesellschaften zur Besteuerung für Körperschaften jedoch mit erheblichen Hürden und Gefahren verbunden."

Antragsverfahren

Der Antrag kann nur für die Personengesellschaft als Ganzes und damit mit Wirkung für und gegen alle Gesellschafter gestellt werden. Eine Struktur, bei der wie zum Beispiel bei der bereits bestehenden Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a EStG nur ein Teil der Gesellschafter die Thesaurierung von Gewinnen in Anspruch nimmt, und damit ein Antrag nur eines Teils der Gesellschafter der Personengesellschaft wird nicht zugelassen.

Die Antragstellung setzt zudem einen einstimmigen Beschluss aller Gesellschafter voraus, es sei denn der Gesellschaftsvertrag enthält eine auf diesen Beschlussgegenstand anwendbare Mehrheitsklausel. Mindestens ist aber eine Dreiviertelmehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich. Das ist eine hohe Hürde, zumal die Reichweite von Mehrheitsklauseln bei Personengesellschaften individuell ermittelt werden muss und daher oftmals umstritten ist.

Voraussetzungen für die Antragstellung

Damit Personenhandelsgesellschaften und Partnerschaftsgesellschaften gleich einer Kapitalgesellschaft besteuert werden, müssen bei Antragstellung unter anderem folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • unbeschränkte Steuerpflicht im Inland
  • unbeschränkter Mehrheitsbeschluss, je nach Regelung im Gesellschaftsvertrag einstimmig oder mit einer Mehrheit von drei Vierteln der Stimmen

Gesellschaftsrechtliche Aspekte

Zwischen einer Mitunternehmerschaft, bei der die Mitunternehmer die Einkünfte erzielen, und einer Kapitalgesellschaft, bei der die Gesellschaft die Einkünfte erzielt, bestehen grundlegende Unterschiede. Diese betreffen vor allem die Vergütungen, die ein Gesellschafter für die von ihm erbrachten Leistungen erhält, und die Vergütungen, die die Gesellschaft für die Überlassung von Wirtschaftsgütern (durch den Gesellschafter an die Gesellschaft) zahlt.

So ist es unter Umständen erforderlich, den Gesellschaftsvertrag einer Mitunternehmerschaft zu ändern, weil bestimmte, für eine Mitunternehmerschaft typische Regelungen, zum Beispiel die Kapitalkontensystematik, überflüssig werden. Darüber hinaus gibt es einige gesellschaftsvertragliche Regelungen, die für eine Kapitalgesellschaft notwendig sind, sich aber grundlegend von den Regelungen der Mitunternehmerschaft unterscheiden, sodass hier eine Neufassung erforderlich ist. Dies gilt zum Beispiel für den Bereich der Ergebnisverwendung. Auch die Rechtsbeziehungen zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern bedürfen besonderer Aufmerksamkeit, und zwar vor allem im Hinblick auf den Aspekt der Fremdvergleichbarkeit.

Darüber hinaus erscheint es sinnvoll, sich gegen eine einseitige Auslösung der Rückoption zu schützen, die für die Gesellschafter der optierenden Gesellschaft nachteilig ist. In diesem Zusammenhang ist auch zu überprüfen, ob die Vereinbarungen die Privilegierung von Familiengesellschaften eventuell gefährden.

Dipl.-Kaufmann, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Thomas Willenbring.   
Rechtsanwalt Thomas Brinkmann.   

Rechtsanwalt Thomas Brinkmann meint:
„Durch das Auseinanderfallen von Zivil- und Steuerrecht ist zu beachten, dass mangels zivilrechtlichen Umwandlungsaktes in der Regel keine (gesellschaftsrechtliche) Regelung bezüglich des Übergangs einzelner Wirtschaftsgüter in das Vermögen der übernehmenden Kapitalgesellschaft getroffen wird. Dies kann somit neben einer grundlegenden Überprüfung und Änderung des Gesellschaftsvertrages auch gesonderte Vereinbarungen in Bezug auf funktional wesentliche Betriebsgrundlagen im Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters erforderlich machen."

Betriebsaufspaltung und Optionsmodell

Vor Antragstellung ist auch zu klären, welche Konsequenzen das neue Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts im Hinblick auf existierende Betriebsaufspaltungen von Personengesellschaften hat. Die Betriebsaufspaltung ist sowohl mit Kapital-als auch mit Personengesellschaften möglich und damit weitestgehend rechtsformneutral ausgestaltet. Insofern ergeben sich durch das Optionsmodell regelmäßig keine Auswirkungen, zumindest nicht, was die maßgeblichen Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung – das heißt die personelle und die sachliche Verflechtung – angeht.

Ein wichtiger Aspekt, der aber vorab geklärt werden muss, ist der richtige Umgang mit Sonderbetriebsvermögen. Die Betriebsaufspaltung hat Vorrang gegenüber dem Sonderbetriebsvermögen, dieses ist deshalb nach der Option nicht mehr möglich und eine etwaige Zwangsentnahme muss vermieden werden. Eine Betriebsaufspaltung kann in bestimmten Fällen durch eine Fortführung der Nutzungsüberlassung der bisher als Sonderbetriebsvermögen beurteilten Wirtschaftsgüter begründet werden.

Steuerberaterin Dörthe Seeger.   

Steuerberaterin Dörthe Seeger meint:
„Die Option nach dem KöMoG kann dazu führen, dass Steuern auf stille Reserven gezahlt werden müssen. Im Ergebnis bedeutet das für das Unternehmen oder die Unternehmer, dass Steuern zu zahlen sind, obwohl kein Euro mehr in der Kasse ist."

Bewertung

Dass nunmehr auch im deutschen Steuerrecht eine Körperschaftsteuer-Option für Personengesellschaften eingeführt werden soll, ist grundsätzlich zu begrüßen. Vielen Unternehmen wird das Optionsmodell den Weg in eine steueroptimierte Zukunft unter dem Körperschaftsteuerregime erleichtern, bei dem die gesellschaftsrechtliche Struktur des Unternehmens unberührt bleiben kann.

Allerdings hätte man sich für die betroffenen Unternehmen einen leichteren Zugang gewünscht, die Hürden hinsichtlich der Mehrheitserfordernisse und der Behandlung des Sonderbetriebsvermögens sind hoch gesetzt. Es bedürfte daher einer Flankierung des Optionsmodells durch eine realitätsgerechte Verbesserung der Thesaurierungsbesteuerung nach § 34a EStG für all diejenigen Unternehmen, die aus verschiedensten Gründen einen Wechsel in das Körperschaftsteuerregime nicht gehen können.

INFO | LSR

Gründung der Kanzlei:
1964 durch Steuerberater Ernst Lienesch

Anzahl der Mitarbeiter:
78 Mitarbeiter (darunter Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Rechtsanwälte, IT-Berater, Steuerfachangestellte, kaufmännische Angestellte, etc.)

Unsere Standorte:
Lohne, Damme, Diepholz und Ganderkesee

Unsere Expertise:
Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Rechtsberatung und IT-Beratung.

Alle Informationen zu LSR finden Sie unter www.lsr-beratung

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