Ein Beispiel aus der Region
Ein Unternehmen aus der Region ist auf der Suche nach einer Geschäftsführung, die den osteuropäischen Markt aufbauen soll. Die verantwortliche Bereichsleitung Sales sitzt physisch in Deutschland, die zukünftige Geschäftsführung in Polen. Für die Auswahlentscheidung spielen de facto die Fachkenntnisse insofern eine untergeordnete Rolle, als dass sie leicht nachzuprüfen sind: Branchenerfahrung und Qualifikation sind klar erkennbar. Aber wie sieht es mit den Soft Skills aus? Zunächst arbeiten wir mit dem Unternehmen die für den Erfolg wesentlichen Fähigkeiten und Stärken heraus: Die Aufgabe fordert Pioniergeist, um diesen neuen Markt aufbauen zu können. Die Geschäftsführung muss die Fähigkeit besitzen, Ziele zu verfolgen, auch wenn Widerstände auftreten. Aufgrund der räumlichen Distanz zum Vorgesetzten, werden gewisse Selbststarter Fähigkeiten benötigt. Gleichzeitig sind unternehmerisches Denken und Entscheidungsfreude gefragt. Im zweiten Schritt führt die zu testende Person online eine Potenzialanalyse durch.
Auf Basis dieser Ergebnisse gehen wir in ein intensives und transparentes Feedbackgespräch mit ihr. Die Gesamtergebnisse besprechen wir anschließend mit dem Auftraggeber. Dabei erfährt dieser auch, wo mögliche Schwächen – oder besser gesagt kandidatenseitige Lernfelder – liegen und wie idealerweise ein Onboarding aussehen kann, damit die neue Geschäftsführung schneller ihre PS auf die Straße bekommt.
So bekommt die Bereichsleitung Sales auf ihre essenziellen Fragen konkrete Antworten als Grundlage für eine Entscheidung und wird im Rahmen ihrer Entscheidungsfindung entlastet, weil Nasenfaktor und Bauchgefühl durch ein objektivierendes Instrument hervorragend ergänzt werden.
Diagnostik im Teambuilding
Ein weiteres Einsatzfeld für Persönlichkeitsprofile stellt das Thema Teambuilding dar. Es entsteht eine regelrechte Katalysatorfunktion für effektive Zusammenarbeit. Auch hier hilft ein kleines Beispiel aus der Praxis. Ausgangslage ist ein fünfköpfiges Team im Einkauf, in dem es gewaltig knirscht. Die Kommunikation läuft nicht rund, Missverständnisse und Ängste prägen das Miteinander und in der Folge verschlechtern sich Arbeitsleistung und Ergebnisse.
„Ich möchte einfach nur, dass meine Mitarbeiter arbeiten und mich in Ruhe lassen." Etwas verzweifelt klingt der Einkaufsleiter, der dieses Team führt. Er ist ein Machertyp: schnell, wettbewerbsorientiert, entscheidungsfreudig, ein exzellenter Verhandlungsexperte. Seine Mitarbeitenden unterstützen ihn administrativ. Das hohe Tempo ihres Chefs können sie aber kaum halten – und er entzieht sich gerne ihren Fragen. Der Einkaufsleiter kann die Probleme nicht verstehen, sucht nach Lösungsmöglichkeiten und entscheidet sich für den Einsatz eines Diagnostikinstrumentes.
Die Analyse der Persönlichkeitsprofile zeigt die unterschiedlichen Stärken der Teammitglieder auf dem Papier, transparent und klar. Eigentlich eine ideale Kombination, denn die pragmatische Entscheidungsstärke des Teamchefs braucht eine Ergänzung: Präzise und fehlerfreie Verträge und Abrechnungen werden von seinen Mitarbeitern erstellt. In einem gemeinsamen Treffen verstehen alle Teammitglieder, wo ihre eigenen Stärken liegen und warum der Kollege so vollkommen anders tickt. Nicht nur das: Sie verstehen auch, welchen Wert diese unterschiedlichen Stärken für die Gesamtaufgabe haben. Jetzt geht es darum, Lösungen zu entwickeln, um miteinander effektiv arbeiten zu können. Beispielsweise gehen sie jetzt nur noch gut vorbereitet zu ihrem Chef, immer mit mindestens zwei Lösungen in der Tasche. Viel besser für den Vorgesetzten, der Entscheidungen liebt, aber die Einleitung „Ich hab da mal eine Frage" gar nicht schätzt.
Professionelle Instrumente
Die Verunsicherungen bei Unternehmen und auch bei Führungskräften ist groß: die turbulente Dynamik der Märkte, die Herausforderungen der Arbeitswelt 4.0, die digitale Transformation. Die veränderten Ansprüche der neuen Generationen Y und Z begegnen einer Entscheiderebene aus der Baby-Boomer-Generation. Auch in Zeiten von Corona werden die Anforderungen an Führungskräfte nicht kleiner: Krisenmanagement, Führen auf Distanz und noch engere Margen kommen auf nahezu jede Führungskraft zu.
Doch welche Kompetenzen brauchen Führungskräfte, um Digital Leadership übernehmen zu können oder wirkungsvolle Change Manager zu werden? Die typisch deutschen Tugenden wie Fach- und Problemlösungskompetenz gehören sicher dazu, aber reichen in unserem heutigen Zeitalter nicht mehr aus. Die wirklich erfolgsrelevanten Stärken müssen von einem zusätzlichen Set an Einstellungen und Verhaltensweisen unterstützt werden. Hierzu gehören Innovationsfreude, Vorbildfunktion, Inspirationskraft, gutes Risikobeurteilungsvermögen, Lernfähigkeit.
Es ist also nicht die Aufgabe von professioneller Personalarbeit und Unternehmensführung, verzweifelt strahlende Superhelden und Alleskönner zu suchen, sondern solche Führungskräfte auszuwählen, die wesentliche Kernstärken besitzen. Dann verzeihen der Markt und die Menschen auch ein paar Schwächen. Solche Führungskräfte machen den einen, den gewaltigen Unterschied.
Der Erfolg des Oldenburger Münsterlandes lag und liegt im Mut zum Anpacken und zur Veränderung begründet. Die erfolgreiche Gründergeneration der 60er- und 70er-Jahre tritt ab und übergibt das Zepter an ihre Nachfolger. Es bleibt zu hoffen, dass diese die Chance erkennen, traditionelle kaufmännische Werte sinnvoll mit heutigen Erfordernissen zu kombinieren. Dann bleibt diese Region so erfolgreich, wie wir sie seit nunmehr vielen Jahrzehnten wahrnehmen und schätzen!