Graepel schaut – ganz im Sinne einer weiteren Produktdiversifizierung unter Nutzung des vorhandenen Know Hows – verstärkt auf die Konsumgüterindustrie. Mit Relief-Motivdarstellungen aus Blech, gestanzt im Lochverfahren, will man jetzt ein speziell entwickeltes Produkt für den Endverbraucher vermarkten. Dieser muss nur ein beliebiges Motiv, etwa ein Foto, sein Firmen- oder Vereinslogo oder gar eine Weltkarte hochladen, und schon geht es an die computergestützte Stanzarbeit. Am Ende des maschinellen Bearbeitungsprozesses stehen „Ausdrucke" auf Blech in jeder gewünschten Größe. Die bislang gestanzten Beispiele sind echte Hingucker und können beispielsweise auch in der Architektur Verwendung finden.
Kaum noch spielt heute die Zahl der angemeldeten Patente eine Rolle, um sich gegenüber dem Wettbewerb abzugrenzen. „Durch das Patent legt man natürlich auch die eigene Technik und die Verfahren offen. Und ein Nachahmerprodukt als solches vom Markt zu klagen, kostet viel zu viel Geld. Deshalb wollen wir unsere Entwicklungen nicht durch eine Patentanmeldung offenlegen", erklärt Carlo. Der Bau aller für die Produktion benötigten Werkzeuge, die oft bis zu mehrere Tonnen schwer sind, erfolgt auch für die ausländischen Firmenstandorte ausschließlich in Löningen.
Allein 30 Spezialisten arbeiten im eigenen Werkzeugbau, 15 Konstrukteure und Projektmanager sind in der entsprechenden Abteilung in Löningen tätig. Die 1981 gegründete Friedrich Graepel AG ist heute Holding für eine Gruppe von Unternehmen und immer noch komplett in Familienhand.
Die Gesellschaftsform der AG ist eher untypisch für ein Familienunternehmen im Oldenburger Münsterland. Die beiden Firmenlenker und Brüder Felix (42 Jahre alt) und Carlo Graepel (40) tragen den Titel Vorstand und sind wie im Aktienrecht üblich, dem Aufsichtsrat berichtspflichtig. Schwester Eva arbeitet für die Holding, Bruder Friedrich hat sich selbstständig gemacht und stellt Kehrmaschinen her. „Graepel ist und bleibt ein Familienunternehmen", versichert Felix.
Beide Chefs gingen einen konsequenten Ausbildungs- und Arbeitsweg vom Abitur am technischen Gymnasium in Cloppenburg bis zum Einstieg ins Familienunternehmen. Zum guten Schluss aller Ausbildung rund um die Welt stand über allem dann „der Externenvergleich", formuliert Carlo schmunzelnd: Die Söhne sollten dabei auch in anderen Unternehmen an verantwortlicher Stelle unter Beweis gestellt haben, dass sie fähig sein würden, die Firmengruppe zu führen. „Die Familie war letztlich wohl zufrieden, sonst säßen wir heute nicht hier", lacht Felix.
Carlo trat im Jahr 2015 nach Stationen bei der Deutz AG (Köln) und der Elster GmbH (Kromschröder, Osnabrück) in das Familienunternehmen ein. Zuletzt war er als Chief Financial Officer (CFO) für die Region Europa/ Mittlerer Osten/Asien tätig. Bruder Felix verbrachte seine „Lehrjahre" als Unternehmensberater in Bremen und plante danach die Errichtung des neuen Graepel-Werkes für Oberflächenbeschichtung in Borkhorn.
Fest verbunden mit der jüngeren Firmengeschichte ist der Name Klaus Mecking. Dieser führte 18 Jahre lang das Unternehmen und schloss nach dem frühen Tod von Friedrich C. Graepel im Jahr 2001 die Lücke, die sich in den Leitungsfunktionen auftat, und führte die Geschäfte bis zum Eintritt der jungen Vorstände. Der ehemalige Mentor, der 2018 ausschied, ist auch heute noch ab und an in der Firma „und schaut auf einen Kaffee vorbei", freut sich Felix.
Die Geschäfte von Graepel laufen gut. Damit das auch in Zukunft so bleibt, haben die beiden verantwortlichen Vorstände nun auch ein Lean Management eingeführt. „Regelmäßiger Informationsaustausch auf allen Ebenen der Unternehmensgruppe ist wichtig, insbesondere wenn man Standorte im weit entfernten Ausland hat", sagt Carlo. „Die Geschäftsführer wissen um zehn Uhr morgens, was in ihrem Unternehmen los ist, also auch wir", sieht Carlo in den neuen Strukturen viele Vorteile.
Graepel gilt als mitarbeiterfreundlicher Arbeitgeber. Gerade angestoßen wurde bei Graepel das Audit „INQA" (Initiative Neue Qualität der Arbeit). Dieses Audit unterstützt Unternehmen dabei, Verbesserungspotenziale und Handlungsbedarfe in ihrer Personalpolitik zu identifizieren.
In neun verschiedenen Ausbildungsberufen werden zurzeit über 30 junge Menschen ausgebildet. Qualifizierungswege eröffnet das Unternehmen mit einem dualen Bachelor-Studium oder der „Ausbildung-Plus". Bei letzterer schließt sich für die Industriekaufleute nach ihrer Lehre gleich eine Weiterbildung mit Auslandsaufenthalt zum Betriebsfachwirt an, die etwa eineinhalb Jahre läuft und deren Abschluss im Rang einem ordentlichen Bachelor-Abschluss gleich steht. „Wir erhalten mit diesem Modell zugleich auch die Berufsbildenden Schulen in Löningen", weist Felix Graepel auf einen weiteren Effekt dieses Ausbildungsmodelles hin. Im Jahr 2018 hatte Focus Money die besten Ausbilder unter 20.000 Betrieben ermittelt. Graepel war der klassenbeste Metallverarbeiter.
Das Unternehmen und seine Inhaber bringen sich auf vielfältige Weise ehrenamtlich ein. So gibt es am Firmenstandort in Löningen ein eigenes Graepel-Museum, das besichtigt werden kann. Neben eigenen alten Maschinen von Graepel stehen hier auch Leihgaben des Oldtimervereins Schelmkappe. In der „Rentner-Werkstatt" treffen sich regelmäßig mittwochs ehemalige Mitarbeiter auf dem Firmengelände und werken dort für gemeinnützige Zwecke. „Die Rentner spenden ihre Zeit, wir übernehmen die Materialkosten", erklärt Carlo. Gerade hat man Bänke an eine Grundschule übergeben.
Fest im Oldenburger Münsterland verwurzelt, ist auch das Engagement vor Ort und für die Region für Felix wie Carlo Graepel keine Frage. Carlo ist unter anderem als Kreissprecher im Vorstand der Wirtschaftsjunioren bei der IHK tätig. Beide stehen fest hinter dem vierstreifigen Ausbau der B 213 und der damit verbundenen Initiative Pro E233: „Das Oldenburger Münsterland ist wirtschaftlich stark. Damit das so bleibt, damit die Unternehmen bleiben, braucht es den Ausbau der Straße", sagt Felix Graepel. „Und in diesem Zusammenhang gibt es da noch etwas Anderes, was die heimische Wirtschaft benötigt: Schnelles Internet für alle", fügt Carlo mahnend hinzu.