Den Standort Vechta haben die beiden Jungunternehmer gewählt, weil sie in dieser zwar ländlichen, aber doch starken Wirtschaftsregion sehr viel Potenzial für ihre Ideen und Lösungen sehen. Motiviert und engagiert möchten sie den digitalen Fortschritt im Oldenburger Münsterland aktiv mitgestalten. Außerdem sind beide hier geboren und aufgewachsen und fühlen sich sehr heimatverbunden.
Den Grundstein für ihre Arbeit haben beide mit einem erfolgreich abgeschlossenen Studium gelegt. Tobias Schierholt ist 36 Jahre alt und ausgebildeter Fachinformatiker Anwendungsentwicklung sowie Bachelor of Science der Wirtschaftsinformatik. Philipp Mählmeyer ist 31 Jahre und Bachelor of Science der Wirtschaftsinformatik und außerdem Master of Science der Informatik.
Wie aber gelingt nun den Unternehmen der Region der Sprung in die Digitalisierung? „Ziel unserer Arbeit ist es, Produktions- und allgemeine Geschäftsprozesse zu digitalisieren", erläutert Philipp Mählmeyer. „Dafür werden beispielsweise Daten erfasst, aufbereitet und visualisiert, also in Diagrammen dargestellt. Anhand von Auswertungen und Analysen, die damit schnell und transparent möglich sind, können Optimierungspotenziale in den einzelnen Prozessen aufgedeckt werden", so Mählmeyer. Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen im OM erhielten so die Möglichkeit, sich direkt vor Ort und mit überschaubaren finanziellen Mitteln einen Wettbewerbsvorteil durch Steigerung der Effizienz von Prozessen zu verschaffen. „Es macht immer wieder Spaß, unsere Kunden zuerst mit einem Prototypen zu überzeugen, bevor wir dann in die komplexeren Prozesse einsteigen", sagt Tobias Schierholt. „Zettel und Stift sowie das Hin- und Herschicken von Dateien via E-Mail können oft schnell und effektiv durch neue digitalisierte Prozesse ersetzt werden. Während der Umsetzung ergeben sich in enger Zusammenarbeit mit den Kunden oft bereits nach kurzer Zeit weitere Optimierungsmöglichkeiten. Bei den regelmäßigen Treffen werden also immer wieder neue Ideen entwickelt, um Prozesse weiter zu verbessern und automatisieren und somit Zeit und Kosten zu sparen, die am Anfang der Zusammenarbeit noch gar nicht denkbar waren", weiß Mählmeyer.
Die Einsatzmöglichkeiten der Digitalisierung erstrecken sich über alle Branchen und Bereiche, so dass phito sowohl für Unternehmen aus der Industrie als auch für Dienstleister, Behörden und Ämter arbeitet. Hier sind keine Grenzen gesetzt. Zu den aktuellen Referenzen aus der Industrie gehört vor allem die Zusammenarbeit mit kunststoffverarbeitenden Unternehmen.
Grundlage eines jeden Projekts ist zumeist die Erfassung von Betriebsdaten aus den bereits vorhandenen Steuerungen beispielsweise von Produktionsmengen und Prozesswerten, die Aufnahme von Auftragsdaten oder die Protokollierung von Anlagestörungen. Die gesammelten und verarbeiteten Daten werden dann im Browser auf PC oder Tablet visuell aufbereitet. Dank der sekündlich aufgezeichneten Informationen werden auch in komplexen Prozessen Fehlersuche und Fehlerbehebung beschleunigt – sogar noch nach Monaten, etwa bei der Reklamationsbearbeitung.
„Zudem lassen sich die häufigsten Störungen im gesamten Unternehmen für den kontinuierlichen Verbesserungsprozess analysieren. Dabei ist es egal, ob ein Projekt nur eine Maschine oder mehr als 200 Anlagen umfasst", erklärt Philipp Mählmeyer. Überdies können anhand der gewonnenen Daten wichtige Kennzahlen wie beispielsweise die Gesamtanlageneffektivität (OEE) berechnet werden. Sie spiegelt mit ihren drei enthaltenen Faktoren (Verfügbarkeit, Leistung und Qualität) in einem Wert die Produktivität und Verluste einer Maschine wider. Auch wird stets ein sogenanntes Hallen-Monitoring eingerichtet – mit dem Ziel der Visualisierung wichtiger Prozessdaten. Dabei werden alle aktuell relevanten Produktionswerte, Leistungsraten, Arbeitsfortschritte und Störungen auf großen Monitoren in der Fertigung angezeigt. Auf einen Blick ist auch bei unübersichtlichen Produktionslinien sofort ersichtlich, ob die Maschinen optimal laufen. Bei Abweichungen kann so umgehend von den Maschinenführern reagiert werden.
Darüber hinaus wurde von phito eine App zur mobilen Prozessüberwachung und -steuerung programmiert. Mithilfe eines RFID-Tags wird dabei ein Maschinenaggregat eindeutig identifiziert. Über die App können aktuelle Prozessinformationen abgefragt und Aktoren gesteuert werden. Dadurch können Bedienpanels und der Aufwand für deren Installation eingespart werden. Außerdem können mithilfe des RFID-Tags Aggregate intuitiv miteinander verknüpft werden – beispielsweise Werkzeug und Spritzgießmaschine, Behälter und Stellplatz. Ein konkretes Beispiel: Vor dem Ansaugen eines Granulats kann das System anhand des eingepflegten Rohrsystems und der bekannten Verknüpfungen überprüfen, ob das Material auch in der vorgegebenen Rezeptur des Auftrages hinterlegt ist. Dies dient der Vermeidung von fehlerhaften Mischungen. Auf der Fakuma 2018 (Internationale Fachmesse für Kunststoffverarbeitung) wurde diese mobile Lösung mit dem zweiten Platz des Motan Innovation Awards ausgezeichnet.