„Pfiffikus" nutzt dazu einen zweiten Weg, den bereits über 30 Schulen in Cloppenburg, Hessen und Hamburg mit Erfolg gehen: Der „Bildungscampus" (kurz: BC) ist eine bodenständige deutsche Idee – eine freiwillige Partnerschaft zwischen Schule und Wirtschaft, um die Berufsorientierung der Jugendlichen zu fördern. Firmen und Sponsoren werden dabei unterstützt, an ihrem Standort einen eigenen Bildungscampus einzurichten. Der technisch hochklassig ausgerüstete Raum dient ausschließlich der Berufsfindung sowie der Info-Vermittlung in Sachen Ausbildung. Personalchefs und Ausbildungsleiter aus der Region stellen hier in freiwilligen Workshops ihre Ausbildungsangebote und ihre Firma vor. Die Jugendlichen nutzen den Raum zudem selbstständig während und nach der Unterrichtszeit, um sich per PC und Ausbildungsportalen einen Überblick zu verschaffen, was für sie in Frage kommt.
Die Idee reicht über einen reinen Fachraum hinaus. „Für Jugendliche ist das ein Zeichen großer Anerkennung, wenn Chefs zu ihnen kommen und das Gespräch auf Augenhöhe mit ihnen suchen, statt auf eine Bewerbung zu warten", sagt gr. Macke, der als Projektleiter zurzeit in Niedersachsen ein halbes Dutzend dieser Partnerschaften auf die Beine stellt. Haselünne im Emsland wird etwa in einem halben Jahr als nächster BC starten. Ungezählte Kontakte und etliche Praktika sind dank des Schul- und Berufs-Campus entstanden, der beiden Seiten Chancen bietet: Firmen lernen ihren möglichen Nachwuchs persönlich kennen, ehe ein Vertrag geschlossen wird. Jugendliche erkennen rechtzeitig die Lebenswirklichkeit eines Betriebs und ihre Fähigkeiten. „Jede Schule gestaltet das etwas anders, keine Einrichtung ist wie die andere", beschreibt gr. Macke den pädagogischen Freiraum. Denn regionale Besonderheiten und die handelnden Personen prägen die Arbeit. „Das ist genau die Verzahnung aus Bildung und Ausbildung, die wir brauchen", unterstreicht der Pfiffikus-Vorsitzende Herbert Feldkamp.
Für Patenprojekte und Bildungscampus gilt dasselbe einfache (und deshalb so wirksame) Erfolgsrezept: Wertschätzung. „Nur wenn Jugendliche spüren, dass sie geachtet und gebraucht werden, können sie ein starkes Selbstwertgefühl entwickeln und ihren Weg machen", sagt Feldkamp. „Deshalb müssen wir sie ermutigen, sich selbst etwas zuzutrauen." Die Idee entwickelte Feldkamp schon vor 18 Jahren in Nürnberg bei einem Seminar über Unternehmensphilosophie von dem Referenten Klaus Kobjoll. „Wer optimistisch voranblickt, kann für sich etwas schaffen und auch andere ermutigen. Das ist und bleibt meine Lebensphilosophie", sagt Feldkamp. Das überzeugte nicht nur den Seminarleiter, sondern auch andere Teilnehmer, sich zu engagieren.
Anfangs förderte die Gruppe weltweit Schulen und Bildungsprojekte für benachteiligte Jugendliche, von Argentinien über Indien und Portugal. Bis Freunde und Mitglieder nachfragten: „Benachteiligte Jugendliche? Die gibt es doch auch in Deutschland!" Seitdem hat die Initiative Dutzende von Patenprojekte vorangetrieben. Großunternehmen und Prominente wurden aufmerksam und unterstützen diese. Der Anfang zu ähnlicher Prominenz im Norden ist mit der Neugründung des Vereins vielversprechend gewachsen: In der neuen Geschäftsstelle im Gründerbüro der Stadt Cloppenburg sind nach etlichen Rundreisen von gr. Macke durch Schulen und Firmen inzwischen ein Dutzend ernsthafter Anfragen zur Gründung neuer Bildungscampus eingegangen: Von Hannover bis Quakenbrück, von Haselünne bis Lastrup und Bruchhausen-Vilsen. Er ist sicher: „Zum nächsten Schuljahr gehen wir mit einem halben Dutzend neuer Bildungscampus an den Start. Der Pfiffikus ist ein echter Norddeutscher: weltoffen und tatkräftig."
Zu Hilfe kommt dem ehrenamtlichen Projektleiter in der Region eine Südoldenburger-Stärke: Unerledigtes selbst in die Hand nehmen, ohne zu fragen, wer eigentlich zuständig ist und helfen, wo sonst jemand verlorengehen würde. „Die Region ist mit ihren Erfindern und Gründern längst selbst so etwas wie ein großer Bildungscampus", meint gr. Macke. „Und wir leben Gemeinsinn." Dieses Verantwortungsgefühl könne Jugendlichen trotz schwacher Schulleistungen vermittelt werden, ist sich Herbert Feldkamp sicher. Sein Credo: „Jeder Mensch hat eine Fähigkeit, ein Talent, dass er nutzen kann. Er muss aber daran glauben und dafür arbeiten." Wer Jugendlichen etwas zutraue, nehme sie in die Pflicht: „Dann können sie ihr Herz in die Hand nehmen." Der Cloppenburger hat das so oft beobachtet, dass er sich förmlich beschenkt fühlt: „Was wir geben, bekommen wir tausendfach zurück", sagt er. Eine junge Frau namens Maren Meyer würde das glatt unterschreiben.