Mit dem Wirtschaftsabitur nach München
Einer dieser ehemaligen Schüler, die dabei sind, ihren Weg im Leben zu machen, ist der 21-jährige, aus Emstek stammende Stefan Themann. Wie viele andere hatte auch er zunächst ein allgemeinbildendes Gymnasium besucht, wo es ihm aber nicht gefallen habe. Rückblickend sei der schulische Neustart mit einer klaren beruflichen Orientierung im Bereich Wirtschaft für ihn der richtige Weg gewesen. Nach dem Abitur im Jahr 2019 studiert er nun an der Hochschule München im Rahmen eines dualen Studiums Wirtschaftsinformatik beim Lkw-Hersteller MAN. „Im Wirtschaftsgymnasium habe ich dafür ein gutes wirtschaftliches Verständnis und ein solides Grundwissen über die wichtigsten betriebswirtschaftlichen Themen erhalten. Im Fach Informationsverarbeitung lernte ich die Datenbank-Thematik kennen, die grundlegend ist in meinem Studienfach."
Diese Rückmeldung hört Timo Möhlenkamp, selbst IT-Lehrer, häu"g von seinen Ehemaligen. Die Fokussierung im Fach Informationsverarbeitung auf Offfice-Anwendungen, Webdesign und Datenbanksysteme ist eine Besonderheit des beruflichen Gymnasiums. Nicht nur im beruflichen Kontext sei dies heute unverzichtbar, sondern auch im universitären Bereich, wenn es beispielsweise bei empirischen Vorhaben um komplexe Datenanalysen geht. Stefan Themann blickt zuversichtlich in die Zukunft und rät nachfolgenden Schülern, konsequent ihren Neigungen und Interessen zu folgen. „Wenn man einen Bereich gefunden hat, der einen interessiert und in dem man sich vorstellen kann, später zu arbeiten, fällt das Lernen leichter und macht einfach mehr Spaß."
Von Damaskus nach Cloppenburg
Ähnlich sieht das die in Damaskus geborene Hiba Albarazi. Die 22-Jährige studiert an der Universität Hildesheim im dritten Semester Psychologie. Den größten Teil ihrer schulischen Laufbahn verbrachte sie in Syrien. Erst 2015 kam sie im Rahmen einer Familienzusammenführung nach Deutschland, wo sie im Landkreis Emsland zunächst die 10. Klasse des Gymnasiums abschloss. Dies war auch die Zeit, in der sich bei ihr der Wunsch formte, Psychologie zu studieren. Was sie antreibt, sei der Wunsch zu verstehen, warum sich Menschen verhalten, wie sie sich verhalten. Neben diesem genuinen Interesse am Forschungsbereich gehe es ihr auch darum, konkret etwas gegen die Stigmatisierung von psychischen Erkrankungen und Störungen zu unternehmen. „Erst wenn diese nicht mehr als Tabuthemen betrachten werden, kann den Menschen wirksam geholfen werden."
Sich für das berufliche Gymnasium Sozialpädagogik (Schwerpunkt Psychologie/Pädagogik) zu entscheiden, lag also mehr als nahe. Die BBS am Museumsdorf in Cloppenburg waren für sie der nächste Standort, der diesen Schwerpunkt anbot: „Diese Entscheidung war für mich der erste Schritt auf dem richtigen Weg."
Allgemeinbildend oder beruflich?
Die Wahl zwischen allgemeinbildendem oder beruflichem Gymnasium, so Albarazi, sei abhängig davon, welche Zukunftspläne man habe. Wer Praxisnähe oder praktische Erfahrungen anstrebe, dem empflehlt sie das berufliche Gymnasium. Natürlich könne ein berufliches Gymnasium keine praktische Ausbildung ersetzen oder gar eine Art Vorstudium sein. Aber die Vermittlung von Grundlagen der Psychologie und Statistik haben ihr den Studienstart erheblich erleichtert. Schätzen gelernt habe sie an der BBS am Museumdorf auch die intensive Unterstützung durch die Lehrkräfte, nicht nur bei den anfänglichen Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache, sondern auch wenn es darum ging, andere Formen der Förderung zu erschließen. „Die Lehrkräfte habe ich als zuverlässige Ansprechpartner erlebt, zu jeder Zeit", betont Albarazi.
Auch die Chance, am beruflichen Gymnasium mit Spanisch eine weitere Sprache zu erlernen, habe sie angesprochen. Nach Arabisch als Muttersprache ist dies zusammen mit fehlerfreiem Deutsch, Englisch und sogar ein wenig Französisch immerhin ihre fünfte Sprache. „Das Berufliche Gymnasium bietet eine ganz andere Erfahrung als ein allgemeinbildendes Gymnasium: ein vielfältiges Angebot an Schulfächern, welches den Übergang von der Schule zum Beruf erleichtert und den späteren Werdegang insgesamt unterstützt."
Berufsbildende Lehrkräfte ticken anders
Mit Rückmeldungen von ehemaligen Schülerinnen und Schülern wie diesen sieht Timo Möhlenkamp sich bestätigt: Durch die Wahl eines beruflichen Schwerpunktes sei die hohe Berufsorientierung in diese Schulform gewissermaßen eingeschrieben. Hinzu komme, dass die unterrichtenden Lehrkräfte, bevor sie Lehrer geworden sind, in der Regel selbst ihre berufliche Erstsozialisation in diesem Berufsbereich absolviert haben. Zudem stehen sie in permanentem Austausch mit Ausbildungsbetrieben und anderen externen Kooperationspartnern des beruflichen Gymnasiums. Dieser Kompetenz- und Erfahrungshintergrund bedinge einen anderen Blick auf das Berufs- und Arbeitsleben als dies das allgemeinbildende Schulwesen leisten könne. „Wir ticken halt anders", kommentiert er augenzwinkernd.