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Existenzgründer des Jahres

Griff nach den Sternen

Seit eineinhalb Jahren gibt es eine neue Marke auf der kulinarischen Landkarte. Innerhalb kürzester Zeit hat sich das „Regional Friesoythe“ von Timo Plenter und Ina Stuke unzählige Auszeichnungen erkocht – und zieht überregional eine wachsende Fangemeinde ins Oldenburger Münsterland. Mit großen Plänen durchgestartet, haben die beiden ihre Ziele prompt höhergesteckt.

 

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„Ich stand da mit meinem Stern in der Hand, und konnte es gar nicht fassen.“ Im März 2024 erhielten Timo Plenter mit seiner Partnerin Ina Stuke den Grünen Stern des Guide Michelin für ihr Restaurant Regional Friesoythe. Der zeichnet Häuser aus, „die sich durch ihr Engagement für nachhaltige Gastronomie besonders hervorheben.“  Gerade einmal gute 400 sind das aktuell – weltweit. Das junge Paar hat damit in mehrfacher Hinsicht für Aufsehen in der Branche gesorgt, denn beide haben ihr Handwerk zwar gelernt, doch lange Zeit berufsfremd gearbeitet.

Auf der festlichen Übergabezeremonie in Hamburg trafen Plenter und Stuke auf den Berliner Sternekoch Tim Raue, vielen bekannt aus TV-Kochshows. „Und neben uns saßen alle zehn Drei-Sterne-Köche Deutschlands. Ich dachte nur: Eigentlich hast du hier nichts zu suchen. Aber Ina war voll in ihrem Element.“ Sie holt ihm ein Glas Champagner, dann nutzen die Nachwuchsstars den Abend erfolgreich zum Netzwerken. Viele neue Bekannte werden später zum Essen nach Friesoythe kommen, neugierig auf das, was in der Laudatio als „geschmackvoll und ehrlich“ gelobt wurde.

 

 

„Während der Pandemie haben wir dann gesagt, wir probieren es einfach.“

Timo Plenter & Ina Stuke
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Auf Umwegen zum ersten Stern

Eigentlich wollte Ina Stuke in die internationale Hotellerie. „Deshalb bin ich nicht nur Hotelfachfrau, sondern auch Betriebswirtin.“ Doch die Liebe zu ihren Pferden ist größer, sie bleibt in der Region. Als Assistentin der Geschäftsführung eines Großunternehmens und nebenbei auch im Juweliergeschäft der Familie. Der Gedanke an ein eigenes Restaurant war immer irgendwo im Hinterkopf.

Ihrem Partner Timo geht es ähnlich. Die Kochausbildung macht ihm Spaß, doch der Alltag mit Convenience-Produkten, einem oft rauen Ton und ebensolchen Arbeitsbedingungen widersprechen seiner Überzeugung. Ein eigenes Restaurant, das wäre es. Er kehrt der Branche zunächst den Rücken. „Während der Pandemie haben wir dann gesagt, wir probieren es einfach.“ Sie schmieden ein Konzept nach ihren Werten, suchen Lieferant:innen, entdecken ein leerstehendes Lokal – und dann lehnt die NBank die Finanzierung ab. „Zum Glück hat die örtliche Sparkasse an uns geglaubt.“ Der richtige Riecher.

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Auch, wenn es nervig wird

„Regional Friesoythe“ – der Name ist gelebte Philosophie. Bisweilen „so hart, dass es nervig wird in der Küche“, bringt Timo Plenter das Konzept auf den Punkt. Die Überzeugung ist es ihm wert. 95 Prozent seiner Zutaten bezieht er aus einem Umkreis von nur 100 Kilometern, Fleisch grundsätzlich aus artgerechter Haltung. Manche Zutat kommt aus dem eigenen Garten, in diesem Jahr etwa Melonen.  Was nicht aus der Region stammt? Zum Beispiel Kaffee, Gewürze, einige Kräuter. Oder Getreidesorten, die auf niedersächsischen Böden nicht gut gedeihen. Zum Start habe er sich auch noch Zitronen erlaubt. Inzwischen nutze er einfach Verre Jus, einen milden Weinessig. „Unsere Gäste vermissen nichts, nicht mal die Schokolade. Es mangelt nicht an Produktvielfalt in der Region.“

Alle sechs Wochen schreibt Timo Plenter eine neue Karte. Als One-Man-Show bekocht er bis zu 30 Personen am Abend. Das Gesamtkonzept erfordert eine sehr reduzierte Auswahl. „Anfangs hatten wir auch à la carte, aber das konnte ich auf Dauer nicht leisten.“ Ein Anpassungsprozess beginnt, Gästewünsche, Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit werden in Einklang gebracht.

Heute steht nur ein Menü auf der Karte, wahlweise mit vier, fünf oder sechs Gängen, vegetarisch oder mit Fleisch. Nach Absprache werden Unverträglichkeiten berücksichtigt oder vegane Varianten angeboten. „Wir sind uns bewusst, dass diese Gradlinigkeit den Gästen einiges abverlangt, das ist nicht für alle etwas.“ Deshalb berät das Team bei der Buchung grundsätzlich. Wer dann kommt, kommt in der Regel auch wieder. Die Google-Rezensionen überschlagen sich geradezu vor Begeisterung. Für die Küche, und für das Gesamterlebnis. „Den Guide Michelin habe ich trotzdem selbst angeschrieben, die hätten uns hier sonst sicherlich nicht gefunden“, verrät Timo Plenter.

Von der Kunst des Gastgebens

„Die Gäste sollen einen entspannten Abend verbringen, wir nehmen uns so weit wie möglich zurück“, beschreibt Ina Stuke ihren Service. Nach der Begrüßung und Vorstellung des Konzepts dürfen die Gäste mit einem Aperitif in Ruhe ankommen, bestellt wird später. Dabei gilt absolute Aufmerksamkeit, das Team tauscht sich unmerklich aus. Wichtige Informationen sind auch beim nächsten Besuch parat. „Ich kenne alle 2.800 Gäste, die bei uns waren, auch warum sie gekommen sind, und wie sie von uns erfahren haben.“ Das kommt in der Region wie bei Genuss-Reisenden gleichermaßen gut an.

Was manche wundert: Das Service-Team ist außergewöhnlich jung. Ina Stuke setzt auf Aushilfen. Und ist voll des Lobes: „Manche sind noch Schülerinnen, und sie machen es alle mit Bravour. Das klappt, weil sie Spaß daran haben, dazuzulernen und Gästen einen gelungenen Abend zu ermöglichen.“ Und, weil die Chefin, die selbst noch „alte Schule“ gelernt habe, jede neue Kraft umfangreich einarbeitet. „Bis auf die Weinempfehlungen könnten sich alle zur Prüfung anmelden, sie würden bestehen“, fügt sie lachend hinzu. Überhaupt stimmt die Stimmung im Team, das Miteinander zwischen Küche und Service. Alle sind per Du – in der Regel auch mit den Gästen. Das durfte sich auch mit dem Stern nicht ändern. „Hier sollen sich alle wohlfühlen. Und schließlich haben wir mit genau diesem Konzept ja auch überzeugt.“

Hungrig nach mehr

Fühlte sich allein die Nominierung für den Grünen Stern schon „wie ein Oscar“ an, steckt das junge Paar mit dem Erfolg auch die Ziele höher. „Jetzt greifen wir an, das nächste Ziel ist der Rote Stern“, kündigt Timo Plenter an. Deshalb wird ihn demnächst auch eine Nachwuchsköchin unterstützen. „Für diese renommierte Auszeichnung hervorragender Küche müssen wir nochmal feiner werden, das kann ich allein nicht leisten.“ Schon jetzt soll jede seiner Karten die vorhergehende übertreffen. Denn klar ist auch: Die Sterne müssen immer wieder verdient werden.

Kein Grund, ihre Work-Work-Balance zu verändern, findet Ina Stuke. Die Betriebswirtin arbeitet weiterhin hauptberuflich im Familienbetrieb, fährt nach dem Feierabend dort ins Restaurant. „Das Regional ist mein nebenberuflicher Ausgleich, ein Herzensprojekt.“ Ganz Betriebswirtin und Zahlenmensch gab diese Aufteilung den beiden bei der Gründung Sicherheit. Heute geht der Blick nach vorn. Sie können sich gut vorstellen, nach dem Ende des Mietvertrags für das Restaurant nochmal neu durchzustarten mit einem eigenen Objekt. „Und dann drei Sterne als Ziel, noch rigoroser werden als jetzt“, blickt Timo Plenter voraus. Seine Philosophie sei eh, nichts länger als zehn Jahre zu machen, um nicht in einen Trott zu fallen. Ina Stuke ergänzt: „Und ich brauche die Abwechslung sowieso. Ich habe endlich jemanden gefunden, der das mitmacht.“ Ein spannendes Rezept für eine große Zukunft.

Bisherige Preisträger

Mit Mut und Ehrgeiz voran gehen

Mit dem Preis für den „Existenzgründer des Jahres" werden seit 2003 Unternehmer geehrt, die sich durch Mut und Behauptungswillen hervorgetan haben.

Wichtig ist dabei, dass eine Gründung sich bereits auf dem Markt behauptet haben muss und erfolgreich wirtschaftet. Neben den auch für den „Unternehmer des Jahres" genannten Kriterien werden hier ferner das Marktumfeld, die Qualität der entstandenen Arbeitsplätze sowie bereits erhaltene Auszeichnungen berücksichtigt. Der „Existenzgründer des Jahres" darf höchstens acht Jahre auf dem Markt aktiv sein.

Die Preisträger

2023 Jens & Susan Eschke, Löffelnuss GmbH & Co. KG, Goldenstedt
2022 Bernd Deeken, Deeken.Technology GmbH, Cloppenburg
2021 Stephan Kallage, eska Hydraulik GmbH, Vechta
2019 Cathleen Cordes, Evergreen Food, Vechta-Langförden

2018 Jens Lübbehusen, Malt Destill GmbH, Emstek
2017 Sarah und Mirco Dhem, Kalieber GmbH, Lastrup
2016 Kevin Bavendiek, Eileen Bavendiek und Robert Lehmann, Bavendiek & Lehmann GmbH und der Sharlene GmbH, Steinfeld
2015 Markus Mechelhoff, MERKUTEC ­GmbH & Co. KG, Dinklage
2014 Dirk Goemann, Reinhold Kurre, Dr. Klaus Zanter und Stefan Plaggenborg, Emission Partner GmbH & Co. KG, Saterland-Ramsloh
2013 Stefan Münzebrock und Jürgen ­Rempe, TIKON GmbH, Molbergen
2012 Philipp Niehues, Jens Niehues, Frank Vulhop, Shopjektiv GmbH & Co. KG, Lohne
2011 Volker Platen und Falk Näth, ­denkmal 3D GbR, Vechta
2010 Klaus Gräfe, GRÄFE GmbH, Saterland
2009 Franz-Josef Kessens, Kessens ­Technik mit System, Lastrup
2008 Ruth und Wolfgang Placke, Kletterwald Nord, Friesoythe
2007 Dr. Marc Koene, Dr. Jan-Hein Swagemakers, Dr. Kirsten Schwenzer und Julius Wegert, Tierärztliche Klinik für Pferde, Bakum
2006 Timo Kaapke, KAAPKE GmbH, ­Cloppenburg
2005 Alexander Siemer, Jachtservice ­Siemer GmbH, Barßel
2004 Alexander Wagner, TerraProjekt ­GmbH & Co. KG, Molbergen
2003 Thomas Claaßen, Maschinen- und Metallbau Claaßen GmbH, Saterland