Niedersachsen. Für einen konstruktiven Dialog zwischen Wirtschaft und Politik vor der Wahl und mit der neuen Landesregierung hat die IHK Niedersachsen mit dem Positionspapier „Forderungen der Wirtschaft an die neue Landesregierung“ eine Grundlage erarbeitet. „Wir – das sind die sieben niedersächsischen IHKs – haben uns Gedanken über Gegenwart und Zukunft in Niedersachsen gemacht“, sagt Dr. Christian Hinsch, Präsident der IHK Niedersachsen (IHKN) bei der heutigen Pressekonferenz (12.9.17). An der Spitze der wirtschaftspolitischen Themen stehen für Hinsch Fachkräftemangel und Digitalisierung.
„Bildung und Fachkräftemangel ist das Topthema für die Wirtschaft“, so Hinsch weiter. Fragt man die Unternehmen in Niedersachsen nach ihren größten Sorgen, dann steht dieses Thema seit Jahren auf dem ersten Platz. „Die Duale Bildung hat ein hausgemachtes Attraktivitätsproblem – bei Schülern, Eltern, Lehrern und Bildungspolitikern“, stellt Hinsch fest. „Gründe dafür sind unter anderem, dass in den weiterführenden Schulen die Duale Ausbildung immer noch zu wenig bekannt ist und der dreijährige Bachelor-Studiengang mit der 3 ½-jährigen Ausbildung im Wettbewerb steht. Doch es ist heute schon absehbar: In der Zukunft fehlen Fachkräfte, nicht Akademiker. Nach Berechnungen des Bundesinstituts für Berufsbildung werden im Jahr 2030 ca. 2,9 Millionen Fachkräfte fehlen, denen ein Zuwachs von 1,7 Millionen Akademikern gegenüber steht.“
Die IHK Niedersachsen fordert daher von der Landespolitik eine Aufwertung der beruflichen Bildung. Dazu gehört, die Berufsorientierung systematisch an allen allgemeinbildenden Schulen verpflichtend einzuführen – verbunden mit einer Erfolgsmessung. Darüber hinaus fordert die IHKN wohnortnahe Berufsschulen mit mehr gut ausgebildeten Lehrkräften und zeitgemäßer Ausstattung.
Als weiteres Thema greift Präsident Dr. Hinsch die Digitalisierung heraus. Er erinnert daran, dass Deutschland in den letzten Jahrzehnten von seiner hervorragenden Verkehrsinfrastruktur profitiert hat – Straßen, Schienen und stabile Energieversorgung. Neue und für die Zukunft wesentliche Anforderung an eine gute Infrastruktur ist aber auch die Verfügbarkeit und Geschwindigkeit von Datenübertragungen. „Hier hinken wir noch sehr hinterher. Die Zukunft ist mobiles Arbeiten, E-Commerce, E-Health, Industrie 4.0 und autonomes Fahren – das weiß auch die Politik. Daher finden wir die Digitalisierung auch in allen Wahlprogrammen. Entscheidend ist aber, dass diese Versprechen auch koordiniert realisiert werden“, sagt Hinsch. Die Wirtschaft fordert deshalb von der neuen Landesregierung für Gewerbe- und Industriegebiete einen umfassenden und flächendeckenden Breitbandausbau in Glasfasertechnik. Darüber hinaus muss überall dort, wo kabelgebundene Lösungen nicht möglich sind, eine funkbasierte Datenübertragung in 5-G-Technik installiert werden. Dazu müssen die Landesmittel für den Ausbau erhöht und die Fördermodalitäten vereinfacht werden.
Zudem muss sich die Landesregierung dem Bürokratieabbau widmen. Denn für viele Unternehmer ist es ein wichtiger Standortfaktor, wie lange und wie lösungsorientiert Behörden bei Zulassungs- und Genehmigungsverfahren agieren. Hinsch fordert im Namen der Wirtschaft, dass Planungs- und Genehmigungsverfahren gestrafft werden sollen. Dabei sollten verstärkt Ermessensspielräume genutzt werden und die betroffenen Behörden sollten sich nicht ausschließlich als Kontrollinstanz verstehen sondern den Unternehmen auch beratend zur Seite stehen. Darüber hinaus fordert die IHKN den Ausbau der E-Government-Prozesse. Damit die Unternehmen alle Verwaltungsvorgänge elektronisch abwickeln können, müssen medienbruchfreie E-Government-Lösungen installiert werden.
Hintergrund:
Das Positionspapier „Landtagswahl 2017 – Forderungen der Wirtschaft an die neue Landesregierung“ wurde durch die 16 Federführungen der IHKN erarbeitet und in allen Vollversammlungen der sieben niedersächsischen IHKs vorgestellt und durch sie verabschiedet.
Das Positionspapier steht in Kürze auch auf der Website der IHK Niedersachsen (www.ihk-n.de) zum Download bereit.