Preis für das unternehmerische Lebenswerk 2019

Hildegard Remmers und Gerd-Dieter Sieverding

Havanna, St. Petersburg oder Berlin: Das Löninger Unternehmen Remmers ist ein globaler Botschafter des Oldenburger Münsterlands – und pflegt doch seine Wurzeln in der Region. Vom Verbund Oldenburger Münsterland erhalten Hildegard Remmers und der Aufsichtsratsvorsitzende Gerd-Dieter Sieverding den Preis für ihr „Unternehmerisches Lebenswerk".

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1949, vier Jahre ist der Zweite Weltkrieg vorbei. Deutschland liegt noch in Trümmern, aber so langsam regt sich neues Leben. In Löningen schiebt Bernhard Remmers sein Motorrad aus der Garage. Beladen mit Ölen, Fetten und Seifen macht sich der 29-Jährige auf Verkaufstour. „Wir haben uns das gemeinsam überlegt", sagt seine Frau Hildegard heute, 70 Jahre später. Er fährt über Land und klappert die umliegenden Bauernhöfe ab, sie hält ihm zuhause und im Unternehmen den Rücken frei.

Und die Geschäfte beginnen zu laufen. Bald gibt es erste Mitarbeiter in der kleinen Fabrik, dann auch Lehrlinge, wie man damals noch sagt. „Es war eine schwierige Zeit, wir haben viel probiert", erinnert sich Hildegard Remmers. Die Angebotspalette wächst. Farben, Lacke, Holzschutzmittel kommen hinzu. Den ersten großen Schub gibt es Anfang der 1960er Jahre mit der Entwicklung von Aida Kiesol. Das Mittel dichtet Keller gegen Bodenfeuchte ab. In den folgenden Jahren gewinnt der Bereich Bautenschutz mehr und mehr an Bedeutung. 1989 macht Remmers erstmals mehr als 100 Millionen DM Umsatz.

Spaziergänge und Zettelwirtschaft

Ein Jahr zuvor ist Gerd-Dieter Sieverding ins Unternehmen eingestiegen. Der Schwiegersohn der Gründer soll es eines Tages weiterführen, so der Plan. „Bernhard Remmers wollte mich persönlich darauf vorbereiten", weiß er zu berichten. Deshalb durfte er auch das Büro gegenüber dem vom „Chef", wie er ihn bis heute nennt, beziehen. Am meisten vom Geschäft erfahren habe er allerdings bei gemeinsamen Spaziergängen. „Die waren typisch für meinen Mann, genau wie seine Zettelwirtschaft", fügt Hildegard Remmers leicht schmunzelnd hinzu.

Wenige Monate vor der Jahrtausendwende zieht sich Bernhard Remmers aus dem Vorstand der Remmers AG zurück und wechselt in den Aufsichtsrat. Gerd-Dieter Sieverding übernimmt Aufgaben im Vorstand der AG. „Mein Mann und ich haben stets großen Wert darauf gelegt, das alles in Familienhand bleibt und das Unternehmen von einem Familienmitglied geführt wird", erklärt Hildegard Remmers. „Kontinuität war in den all den Jahren ein Schlüsselbegriff", bestätigt Sieverding. Es sollte keinesfalls einen Bruch in der Unternehmensentwicklung geben.

Weiterentwicklung statt Stillstand

Als Bernhard Remmers im März 2004 verstirbt, hinterlässt er ein gut bestelltes Haus. Über die Jahre stetig gewachsen, hat es sich seine prägenden Charakterzüge doch bewahrt: Persönlichkeit, Nahbarkeit, Engagement. Mitarbeiter genießen Vertrauen, bekommen Spielraum. Weiterentwicklung wird gefördert. „Der Chef mochte keinen Stillstand", verrät Gerd-Dieter Sieverding.

Als führender Anbieter von Bautenschutzprodukten, Holzfarben und -lacken sowie Industrielacken steht der Name Remmers heute für ein Unternehmen von internationalem Rang. Zwischen 2008 und 2018 stieg der Umsatz von 197 auf 335 Millionen Euro. Rund 200 Millionen entfallen auf den Bereich Holzfarben und -lacke. Von Löningen aus werden an mehreren Standorten rund 1.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geführt. Allein 80 davon beschäftigen sich in der Forschungs- und Entwicklungsabteilung mit Innovationen für den Schutz von Bauteilen und Gebäuden. Ziel: ein europäisches Unternehmen werden.

„Grundsätzlich leben wir von Privatgebäuden", sagt Gerd-Dieter Sieverding. Allerdings gibt es auch eine Vielzahl von Projekten außerhalb des Oldenburger Münsterlands. So war Remmers etwa an der Restaurierung des Kapitols in der kubanischen Hauptstadt Havanna beteiligt. Die mit Skulpturen geschmückten, 30.000 Quadratmeter großen Fassadenflächen mussten schonend vom Schmutz aus 90 Jahren befreit und anschließend mit einer farblosen Fassadencreme versiegelt werden. Auch am Brandenburger Tor und an Schloss Neuschwanstein haben die Experten aus Löningen fachgerecht Hand angelegt.

Investitionen in die Zukunft

Aber Remmers wäre nicht Remmers, wenn es nur um die reine Abwicklung von Aufträgen ginge. Schon immer hat neben der fachlichen auch die gesellschaftspolitische und soziale Komponente eine Rolle gespielt. Das Unternehmen engagiert sich mit vielfältigen Aktivitäten in Stadt und Region sowie auch darüber hinaus – etwa als Förderer der Kinotechnischen Sammlung Löningen, als Namensgeber und Hauptsponsor des alljährlichen RemmersHasetal-Marathons des VfL Löningen oder mit der Vergabe des BernhardRemmersPreises für herausragende Leistungen in der handwerklichen Baudenkmalpflege. „Wir handeln ganz in der Tradition unseres Firmengründers", unterstreicht Gerd-Dieter Sieverding, mittlerweile Vorsitzender des Aufsichtsrats. Sein Sohn Dirk ist für ihn in den Vorstand der Remmers Gruppe AG gerückt.

Dem heutigen Seniorchef liegt darüber hinaus das Thema Ausbildung besonders am Herzen: „Wir investieren hier ganz bewusst jährlich anderthalb Millionen Euro." In den vergangenen zehn Jahren absolvierten mehr als 250 junge Menschen eine Berufsausbildung in Löningen, drei Viertel davon mit einem guten oder sogar sehr guten Abschluss. Lohn der Mühe: In der Bauchemie gilt Remmers laut einer vom Magazin „Focus Money" beauftragten repräsentativen Studie des Instituts für Management- und Wirtschaftsforschung (IMWF) deutschlandweit als bester Ausbildungsbetrieb.

Das Beispiel Remmers zeigt, wie ein Unternehmen durch mehrere Generationen hindurch von starken Unternehmerpersönlichkeiten geprägt werden und sich seine Werte bewahren kann, ohne den Anschluss an die Jetztzeit zu verpassen. Oder wie es Hildegard Remmers ausdrückt: „Wir haben wohl vieles richtig gemacht."