Herr Karmann, es habe eine regelrechte Fluchtbewegung der Landärzte eingesetzt, heißt es häufig in den Medien. Das gilt für Sie offenbar nicht. Wie ist es dazu gekommen, dass Sie Ihre Praxis in Garrel eröffnet haben?
Artur Karmann: Ich bin mit sieben Jahren aus Russland nach Vechta gekommen und hier aufgewachsen. Die Region ist mir also bekannt. Zum Studium bin ich dann nach Hamburg gegangen und habe dort später am UKE gearbeitet. Heute wohne ich mit meiner Frau und unseren drei Kindern in Cloppenburg, wo ich zwei Jahre lang am St.-Josefs-Krankenhaus und anschließend in einer Gemeinschaftspraxis tätig war. Aber eine eigene Praxis war schon immer mein Traum. Als dann der Kontakt zu Frau Dr. Weiß entstand, war das wie grünes Licht für mich, die Sache nun anzugehen.
Sich mit einer Praxis im ländlichen Raum anzusiedeln, ist beim medizinischen Nachwuchs nicht besonders beliebt. Warum haben Sie sich anders entschieden als viele andere?
Artur Karmann: Weil wir uns hier wohlfühlen. Natürlich hat Hamburg in mancherlei Hinsicht mehr zu bieten als Garrel. Aber ganz ehrlich: Nach Oldenburg fahre ich eine halbe Stunde mit dem Wagen. Das ist doch keine Entfernung. Hinzu kommt, dass die Patientinnen und Patienten hier einem wirklich dankbar sind.
Wie verlief der Start für Sie?
Artur Karmann: Es war gut, mit Frau Dr. Weiß eine Art gleitenden Übergang zu vereinbaren. So konnte ich die Mitarbeitenden, die alle gut geschult sind, direkt in ihrem beruflichen Alltag kennenlernen. Das war sehr wichtig für mich, denn wir müssen als Team harmonieren. Ich sage immer, die Beschäftigten sind das Gold der Praxis. Erwähnen möchte ich zudem, dass ich von der Kassenärztlichen Vereinigung und von der Kommunalpolitik sehr viel Unterstützung erfahren habe. Bürokratie fällt überall an, aber hier war man mir eine große Hilfe.
„Hier kennt man sich, hier erinnere ich mich an Ihren Namen und an Ihre Geschichte.“ Artur Karmann
Sie konnten sicher auch auf einen Patientenstamm zurückgreifen …
Artur Karmann: Das fand ich eher nebensächlich, denn an Patienten und an Aufgaben für Ärzte herrscht nirgendwo Mangel. Wer sich hier in der Region niederlassen möchte, wird mit Sicherheit willkommen geheißen. Nach meinen Informationen gibt es im Landkreis Cloppenburg zurzeit 16 offene Hausarztstellen. Wer also von einer Unterversorgung spricht, gegen die etwas getan werden muss, liegt nicht falsch.
Ihr Beispiel zeigt doch aber gerade, dass es so nicht bleiben muss. Was würden Sie jungen Studierenden raten, die gerade an der Universität Oldenburg ihr Studium der Humanmedizin absolvieren?
Artur Karmann: Ich würde ihnen erst einmal dafür danken, dass sie das machen. Die Rahmenbedingungen sind ja zurzeit nicht die besten. Und dann würde ich ihnen empfehlen, sich Gedanken über ihre Lebensziele zu machen und ihren Weg, diese zu erreichen. Kann ich das in der Großstadt, kann ich das in der Metropole? Oder ist nicht eine Stadt wie Garrel mit vielleicht 15.000 Einwohnerinnen und Einwohnern dafür besser geeignet? In Hamburg bin ich einer von mehreren Tausend Ärzten, hier sind es sehr viel weniger. Und hier kennt man sich, hier erinnere ich mich an Ihren Namen und an Ihre Geschichte. In Hamburg sind Sie höchstens eine Nummer.
Sie werden dem Oldenburger Münsterland mit Ihrer Praxis also erhalten bleiben?
Artur Karmann: Auf jeden Fall. Ich habe hier mit der Familie Wurzeln geschlagen und fühle mich heimisch. Es gibt keinen Grund, wieder zu gehen.