Senior:innennachmittag in einem Festzelt irgendwo im Oldenburger Münsterland: Ein kleiner Roboter fährt mit einem Tablet durch die Bänke, hält bei einer älteren Dame. Sie beginnt zu zeichnen: ein Bett, eine Blume. Das Bild wird auf eine große Leinwand übertragen und zeitgleich in Altenpflegeeinrichtungen und Privathaushalte gesendet. Es ist Musik-Montagsmaler-Zeit und auch dort wird mitgeraten. Während im Zelt noch alle grübeln, kommt aus einem der externen Standorte schon die richtige Lösung: „Ein Bett im Kornfeld“. Die Zeichnerin bestätigt auf dem Tablet, der Song ertönt, der Text wird eingeblendet und schon wird allerorten laut mitgesungen. Ein Gemeinschaftsgefühl entsteht, im Zelt und weit darüber hinaus. Zukunftsmusik? Schon bald nicht mehr!
Von zu Hause aus dabei sein
Für viele Menschen haben das Schützenfest, der Festabend des Musikzuges oder das Vereinstreffen seit der Kindheit einen ähnlich hohen Stellenwert wie Familienfeiern. Hier lacht und feiert man zusammen, tauscht sich aus, gehört einfach dazu – ein Gerüst des sozialen Miteinanders. „Wenn die Teilhabe dann im Alter schwieriger wird, weil auch barrierearme Angebote nicht mehr bewältigt werden können, ist das ein enormer Verlust von Lebensqualität“, erklärt Dr. Bernd Josef Leisen, Schatzmeister des Vereins Generationen Digital Verbinden aus Vechta. „Mein Wunschtraum wäre, dass wir schon im Jahr 2030 durch technische Lösungen immer, wenn irgendwo ein Fest, Kneipenquiz oder anderes stattfindet, Menschen digital teilhaben lassen können. Vielleicht mithilfe von Robotern.“ Die Suche nach Fördergeldern läuft schon. Eine Utopie? Nicht, wenn man hört, was der noch junge Verein schon jetzt auf die Beine stellt.
Rückblick in das Jahr 2020: Eine Gruppe von engagierten Menschen aus dem Umfeld der Universität Vechta findet sich zusammen und gründet relativ spontan einen Verein. Alle möchten einen Beitrag leisten zu einer inklusiven Gesellschaft. „Vereinszweck ist die Förderung der Kommunikation von und mit älteren Menschen, die in Alteneinrichtungen leben oder von Einsamkeit und Isolation bedroht sind“, erklärt Dr. Bernd Josef Leisen. „Wo digitale Welten und Lebenserfahrung aufeinandertreffen, entstehen wertvolle Verbindungen. Wir bringen Jung und Alt zusammen – virtuell und persönlich – und schaffen neue Räume für Austausch, gegenseitiges Lernen und gemeinsame Erlebnisse.“
Attraktiv für junge Ehrenamtliche
Was abstrakt klingt, wird bald mit Leben gefüllt. Ihr Projekt ViVerA (Virtuelle Veranstaltungen in der Altenpflege) gewinnt einen Ideenpreis des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und wird gefördert. Das Konzept ist so einfach wie genial: Freiwillige werden per Videoanruf in Altenpflegeeinrichtungen zugeschaltet und gestalten interaktive Freizeitangebote. Das Engagement kann einmalig oder langfristig sein, groß oder klein. Zum Beispiel als Moderator:in einer virtuellen Veranstaltung oder durch das Bereitstellen von Inhalten wie Fotos, Quiz-Fragen oder Musikvideos. 1.000 neue Freiwillige sollen durch ViVerA einen Zugang zum Ehrenamt finden, so das Ziel. Und das Konzept geht auf. „Aktuell machen etwa 70 Altenpflegeeinrichtungen in unseren Zoom-Runden mit. 850 Freiwillige sind schon im Pool und haben um die 200 Veranstaltungen bundesweit realisiert.“ Das Mitmachen ist denkbar einfach, Ehrenamtliche können sich online Aufgabenpakete aussuchen oder auch erstmal nur zuschauen. Alles kann, nichts muss. Das Motto: „Mit 5 bis 60 Minuten vielen Senioren eine Freude machen!“ Dieser unverbindliche Ansatz, von zuhause aus helfen zu können, passt gerade bei den jüngeren Generationen besser in den Alltag.