Einmehlen

Einmal panieren, bitte!

16.12.2022

Mehl darf am 16. Geburtstag im Oldenburger Münsterland nicht fehlen. Und das nicht etwa, um Kuchen zu backen. Statt in der Rührschüssel, landet das Mehl nämlich oft auf dem Kopf – manchmal sogar in Kombination mit Bier oder Eiern. Das sogenannte „Einmehlen“ gehört zu den bekanntesten Geburtstagstraditionen in der Region.

Seit wann es den Brauch des Einmehlens gibt, ist nicht mit Sicherheit zu sagen, grob geschätzt ist er erst etwa 30 Jahre alt. Im nordwestlichen Niedersachsen, Hamburg, Bremen und eben in allen Gemeinden des Oldenburger Münsterlands wird an 16. Geburtstagen das Einmehlen praktiziert. Hierbei bekommt das Geburtstagkind nicht nur eine kleine Menge Mehl auf den Kopf geschüttet, sondern gleich mehrere Packungen. Das Geschehen sorgt stets für großen Spaß bei allen Beteiligten.

Ob beim Reinfeiern oder im Laufe des Tages – offiziell gibt es keine bestimmte Tages- oder Uhrzeit für diesen Brauch. In den meisten Fällen findet die Prozedur aber im privaten Rahmen und unter freien Himmel statt. Das hat in erster Linie praktische Gründe. Denn besonders die Verwendung von Bier und Eiern, um das Mehl besser „festzukleben“, führt dazu, dass sich das Geburtstagskind anschließend duschen gehen muss. Trotzdem kommt es auch vor, dass das Einmehlen auf Schulhöfen oder auf dem Schulweg stattfindet – dann aber meist als trockene Variante. Geplant und durchgeführt wird das Ganze in der Regel vom eigenen Freundeskreis.

Das Einmehlen darf als Signal verstanden werden, dass sich im Leben nun einiges ändert.

In vielen Schulen verboten

Aber welche Idee steckt eigentlich dahinter? Malaika Winzheim, die heutige Leiterin des Rheinischen Schützenmuseums in Neuss, hat sich dieser Frage angenommen. Während ihrer Zeit als wissenschaftliche Volontärin am Kulturanthropologischen Institut Oldenburger Münsterland hatte sie eine Ausstellung zum Thema „Zusammen ist man nicht allein – wie junge Menschen feiern“ konzipiert. Dafür wurden Jugendliche aus der Region interviewt und beim Durchführen verschiedener Bräuche begleitet.

In dem von ihr verfassten Begleitband nennt sie als Grund für das Einmehlen das Erreichen eines neuen, bedeutenden Lebensabschnitts. Es darf als Signal verstanden werden, dass sich im Leben nun einiges ändert. Schließlich öffnen sich mit dem 16. Lebensjahr einige Türen für junge Menschen: sei es der Kauf und das Konsumieren leichter alkoholischer Getränke, das Besuchen von Veranstaltungen bis 24 Uhr oder der Eintritt in Nachtclubs mit „Muttizettel“.  Als Spaßbremsen haben sich häufig Schulleiter:innen erwiesen, die der Zeremonie wenig abgewinnen konnten. Sie untersagten das Einmehlen auf dem Schulgelände – vor allem, weil sich nach dem zumeist fröhlichen Gelage niemand darum kümmerte, den Schulhof oder den Flur wieder zu säubern.