In welchen Bereichen bleiben Ausbildungsplätze vor allem unbesetzt? Woran liegt das?
Nacke: In allen Gewerken bleiben Ausbildungsplätze unbesetzt. Die Gründe sind vielfältig. Viele Eltern wollen, dass Ihre Kinder studieren. Aber auch die Jugendlichen sind teilweise nicht gut genug über die Karrieremöglichkeiten, das Arbeitsumfeld und den Verdienst im Handwerk informiert. Viele Eltern und Jugendliche wissen nicht, dass sie mit Bestehen der Ausbildung im Handwerk den Realschulabschluss bzw. den erweiterten Realschulabschluss erwerben. Nach der Gesellenprüfung kann man den Meister machen oder ein Fachgymnasium oder allgemeines Gymnasium besuchen. Der Meister ist übrigens dem Bachelor gleichgestellt. Und viele Eltern und Jugendliche wissen nichts über den Verdienst im Handwerk. So verdienen Meister nicht weniger als Hochschulabsolventen.
Dr. Hoffschroer: Auch in unserem Bereich bleiben zahlreiche Ausbildungsplätze unbesetzt. Dies liegt zum einen an der teils großen Verunsicherung durch die Auswirkungen der Pandemie und zum anderen am Ungleichgewicht zwischen angebotenen Ausbildungsstellen und den Wünschen und Vorstellungen der Ausbildungssuchenden. Man muss sagen, dass der Fachkräftemangel überall enorm zu spüren ist und die Unternehmen an Ihr Leistungsmaximum bringt. Durch die Entwicklung der Ausbildungszahlen wird sich diese extreme Lage fortlaufend weiter verschlechtern. Die Handwerksbetriebe der Region sind trotz Verunsicherung durch die Pandemie dennoch gewillt, Fachkräfte auszubilden. Viele Unternehmen haben Ihre Anzahl an Ausbildungsstellen erhalten oder sogar erhöht. Dem Markt fehlt es nicht an freien Ausbildungsplätzen, sondern an jungen Bewerbern.
„Die Zukunftsaussichten sind in den meisten handwerklichen Berufen hervorragend."
Markus Nacke
Was spricht für eine Ausbildung im Handwerk?
Nacke: Die Zukunftsaussichten sind in den meisten handwerklichen Berufen hervorragend. Die Energiewende wird nur mit dem Handwerk möglich sein. Viele Tätigkeiten können nicht automatisiert werden. Handwerker werden in Zukunft noch besser verdienen als jetzt. Die Karrieremöglichkeiten sind riesig. Sehr viele Handwerksbetriebe haben keine:n Nachfolger:in, sie werden dringend gesucht. Außerdem ist das Arbeiten in einem Handwerksbetrieb sehr familiär.
Welche Argumente können Sie vorbringen, Herr Dr. Hoffschroer?
Dr. Hoffschroer: Handwerk ist abwechslungsreich und vielseitig und hält das Land am Laufen. Und das Handwerk ist Deutschlands Ausbilder Nummer 1. Fast 30 Prozent aller Auszubildenden legen Ihren Grundstein für die berufliche Bildung mit einer fundierten Ausbildung in einem der über 130 Ausbildungsberufe. Zu sehen, was man tagsüber leistet, macht stolz und zufrieden. 91 Prozent der Handwerker:innen sind stolz auf ihren Beruf und ihre Leistung, bestätigt eine Studie der Universität Göttingen. Die Ausbildung im Handwerk ist natürlich keine Garantie gegen Arbeitslosigkeit. Aber sie bietet ein gutes Stück Sicherheit. Gerade mit erfolgreichen Weiterbildungen gibt es zahlreiche Berufs- und Karrierechancen, so dass etwa Handwerksmeister:innen seltener arbeitslos sind als Akademiker:innen. Nebenbei: Studieren geht auch im Handwerk. Duale Studiengänge verbinden eine Ausbildung mit einem Studium oder können nach der Ausbildung berufsbegleitend absolviert werden.