In Repair-Cafés wird geschraubt, getüftelt und so manches Gerät gerettet.

Wegwerfen? Denkste!

23.06.2021

Bernhard Büter lacht. „Geräte, die funktionieren, finde ich stink­langweilig." Er sieht sich als Problem­löser – und wenn ­etwas ­kaputt ist, fühlt er sich heraus­gefordert. Bereits seit den Anfängen engagiert er sich im Cloppenburger Repair-­Café, einer von vier derartigen Einrichtungen im Olden­burger Münsterland. Weitere gibt es in Damme, Löningen und Vechta. Büters Fach­gebiet: ­Technik. ­Unterstützt wird er durch Bernd Deeken, der ­bereits seine eigene Computer­firma hat. „Es macht Spaß mit der Truppe", sagt Büter. ­Faszinierend sei, „dass alles ohne Regie läuft".

SCHRAUBEN Fahrräder sind Harry Lüders Leidenschaft. Im Keller des Schwedenheims kann er sich austoben. Manchmal muss er dabei improvisieren.

Entstanden ist das Format „Repair-­Café" 2009 in den Niederlanden. In Deutschland liegt die Anzahl der aktiven Initiativen bei über 1000. Zentraler Gedanke dabei: ­reparieren statt ­wegwerfen. Ziel ist es, Müll zu ­vermeiden, die Umwelt zu schonen und nachhaltige ­Lebensweisen zu erproben. Außerdem bieten die ­Cafés die Möglichkeit, bei Kaffee und ­Kuchen in gemütlicher Atmosphäre zusammenzukommen. Zur Reparatur eingereicht werden können beispielsweise Haushaltsgeräte oder Unterhaltungselektronik, aber auch Textilien oder Fahrräder. Ehrenamtlich engagierte ­Tüftler stellen ihr Wissen und Können unentgeltlich zur Verfügung.

In Cloppenburg startete die ­Initiative ­Anfang 2015. „Es gab einen Aufruf der ­Volkshochschule, dem etwa 20 Personen aus der Region folgten", erinnert sich Rolf ­Haedke. Er ist erster Vorsitzender des Vereins Repair-­Café Cloppenburg e.V. Wenig später zog die ­Initiative ins Schwedenheim der evangelischen Kirche. Hier steht sogar ein großer Keller für die Fahrradreparaturen zu Verfügung.

Haedke hat sich selbst sein ganzes ­Leben mit Umweltschutz beschäftigt; er ist ­Bauingenieur für die Wasserwirtschaft und ­leitete lange Zeit das Umweltamt im Landkreis Cloppenburg. „Da habe ich gesehen, was ­alles so auf der Deponie landet." Umweltschutz, ­Ressourcenschonung, Hilfe zur Selbsthilfe, das sind die Gedanken, die sie alle hier ­umtreiben. „Viele sagen auch: Ich habe Zeit, ich habe Kenntnisse, die kann ich der Allgemeinheit zur ­Verfügung stellen. Gerade dann, wenn man sich nach dem Beruf überlegt, was mache ich denn jetzt? So ist es letztlich auch eine Sinngebung für den Rest des Lebens."

BASTELN Ob der Staubsauger noch gerettet werden kann? Claus Föste und seine Mitstreiter sind in ihrem Element.

Ein großer Teil des Teams ist seit der ­ersten Stunde dabei. Bemerkenswert findet es der Vereinschef daneben, dass Menschen von 15 bis jenseits der 70 mitmachen. „Die Jüngeren kümmern sich um EDV, die Älteren sind in der Regel gestandene Handwerker." Und es läuft gut – im Februar 2020 fand bereits das 52. ­Repair-Café statt. Und zu tun gibt es genug: „Wir haben sehr konstant um die 20 bis 30 Reparaturen und können auf eine Erfolgsquote von fast 70 Prozent zurückblicken." Allerdings steht das Cloppenburger Repair-Café vor der Herausforderung, neue Räume finden zu müssen. Rolf Haedke hofft auf ein Familienzentrum. Und darauf, dass „unsere Leute nicht die Lust am Reparieren verlieren".

Davon kann keine Rede sein. Da ist etwa Annegret Hüsing an der Nähmaschine. Warum eine neue Jeans anschaffen, wenn es die alte mit ein wenig Unterstützung auch noch tut? Oder Joseph Wolking und Harry Lüdders. Im ­Keller schrauben sie an Fahrrädern, darunter auch Fundstücke, die sie wieder intakt setzen und der Diakonie für Bedürftige zur Verfügung stellen. Lüdders ist Maschinenbauingenieur und pensionierter Berufsschullehrer. Aber sich zur Ruhe setzen? Nein, das ist nichts für ihn. Stattdessen hilft er, wo er nur kann, und gibt seine Kenntnisse weiter. Kurz blickt er skeptisch auf ein in die Jahre gekommenes Rad, dann winkt er ab. „Geht auch ohne Kettenschutz, da muss man eben improvisieren."

Im Obergeschoss beschäftigt sich ­Wolfgang Hartke mit Elektrogeräten. Der ­Fernsehtechnikermeister begutachtet einen störrischen Patienten. „Das ist ein Voll­verstärker für HiFi, der wiegt fast 30 Kilo." Herr Milke, ­Besitzer des Geräts, weiß: „So etwas bekommt man heute nicht mehr neu. Den würde ich nie in den Müll werfen."
Eine Station weiter hat es Elektro­techniker Heinz Krolage mit einem Staub­sauger zu tun. Auch dieser altgediente Experte ist ­bereits in Rente. Aber das hält ihn nicht davon ab, ­regelmäßig im Repair-Café mitzuarbeiten. „­Damit einem die Decke nicht auf den Kopf fällt, muss man ja ein bisschen was tun", schmunzelt er und wendet sich wieder Frau Grecci zu. Ihr gehört der Staubsauger. Und auch eine schöne alte Lampe hat sie mitgebracht. „Vom Flohmarkt", betont sie stolz. Für Manfred Gubbels, den Ältesten der Helfer, ist die antike Leuchte eine echte Herausforderung. „Das liegt am Schalter. Da muss man mit Gewalt ran, das traut sich nicht jeder." Der Fernsehtechniker und Ingenieur für elektrische Nachrichtentechnik ist aber guten Mutes. „Das kriegen wir schon hin."

Und tatsächlich: Am Ende hält Frau ­Grecci freudestrahlend ihre Lampe in die Höhe. „Sie funktioniert!" Auch Manfred Gubbels ist zufrieden. „Ich lerne hier selbst immer wieder etwas dazu", meint er. Geld gespart, etwas gelernt, die Umwelt geschont – die Rechnung geht auf.

Alle zentralen Infos rund um die ­Reparatur-Initiativen sind online unter
www.­reparatur-initiativen.de sowie www.repaircafe.org zu finden.

Repair-Cafés in der Region

Cloppenburg
Wann? Jeden zweiten Samstag im Monat, 14-17 Uhr
Wo? Schwedenheim
Mehr Infos: www.repaircafe-clp.de

Damme
Wann? Jeden zweiten Samstag im Monat, 13-16 Uhr
Wo? Scheune Leiber

Löningen
Wann? Jeden dritten Samstag im Monat, 14-17 Uhr
Wo? Jugendwerkstatt, Sozialer Briefkasten Löningen

Vechta
Wann? Bitte hier nachfragen: ­radio-sammlung@gmx.de
Wo? Radiomuseum Vechta