Die Situation ist neu. Überall lauert die Gefahr. Niemand weiß, wer infiziert ist und wer nicht. Um ihren Betrieb am Laufen zu halten und nicht in wirtschaftliche Schieflage zu geraten, wird für viele Unternehmen, die sich bislang noch nicht damit befasst haben, die Digitalisierung plötzlich zum großen Thema. „Dass mobile Arbeit im Moment eine bevorzugte Arbeitsform ist, hängt viel mit der Ausweglosigkeit der Situation zusammen. Nichts anderes funktioniert mehr", sagt Professorin Jutta Rump vom Institut für Beschäftigung und Employability in Ludwigshafen.
Neue Fragen und Entscheidungen
Jörg Högemann aus Cloppenburg beschäftigt sich schon länger mit der Frage, wie die Arbeitswelt der Zukunft aussehen wird. Für den Geschäftsführer der Unternehmensberatung einfach.effizient steht fest: „Die aktuelle Situation stellt uns alle vor ungeahnte Herausforderungen." Viele hätten inzwischen erkannt, dass die Möglichkeit der digitalen Zusammenarbeit die Situation für Unternehmen und Mitarbeiter maßgeblich erleichtern könne. Allerdings würden im Zuge dessen „neue Fragen aufgeworfen", zudem seien „grundlegende Entscheidungen zu treffen". Högemann lässt keinen Zweifel: „Ein rasches und zielgerichtetes Handeln ist notwendig." Trotz aller Unsicherheiten.
Wer wartet, verliert
Beim IT-Spezialisten große Austing in Lohne hat man ähnliche Erfahrungen gemacht. „Wer wartet, verliert", bestätigt Inhaber Marc große Austing. Vor allem in der ersten Woche nach Beginn der Ausgangsbeschränkung habe er sich vor Aufträgen kaum retten können. Notebooks mussten ganz schnell angeschafft, Standrechner aus dem Betrieb ins Homeoffice transportiert und neue Software installiert werden. „Man muss ehrlich sagen", so große Austing, „dass die meisten Leute auf diese Situation nicht vorbereitet waren". Wichtigste Frage deshalb: „Wie stellen wir die Verbindung ins Büro her?"
Team-Plattformen boomen
Klar ist: Ohne die digitale Vernetzung funktioniert das Konzept Homeoffice nicht. Deshalb stehen virtuelle Morgenmeetings und Videokonferenzen inzwischen bei den meisten Firmen ganz oben auf der Agenda. Und deshalb erleben Team-Plattformen wie Slack oder Zoom einen Boom wie nie zuvor. Allein von Mitte bis Ende März sei die Zahl zugleich aktiver Nutzer von 10,5 auf 12,5 Millionen gestiegen, rechnet Slack-Chef Stewart Butterfield vor. Und die Zahlen dürften weiter in die Höhe schnellen.
Die Krise als Chance
Chancen sieht der Holdorfer Unternehmensberater Stefan Depta in der jetzigen Lage für Firmen, die ihr Marketing „auf links drehen" und antizyklisch werben. Die Kosten für Werbung bei Facebook, Instagram und Google würden zurzeit dramatisch sinken. „Mit 1000 Euro Budget erreicht man nun so viele Leute, wie es vorher erst mit 2000 möglich war." So erweist sich die Krise nach Angaben Deptas auch als Chance. „Vorher gab es häufig gar nicht die Notwendigkeit, sich mit der Digitalisierung zu beschäftigen." Wer hier jetzt aber richtig Gas gebe, habe sogar einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrenten, die sich Zeit lassen.