Klinker, Kalksandstein und Beton
Neben Berding Beton gibt es im Oldenburger Münsterland eine Reihe weiterer Baustoffhersteller. Suding aus Lüsche hat sich auf Betonfertigteile für die Landwirtschaft spezialisiert, ebenso Greten aus Essen. Im Kalksandsteinwerk Holdorf wird ein weiteres Basisprodukt für das Baugewerbe gefertigt. Und die traditionsreichen Olfry Ziegelwerke liefern mehr als 100 Sorten Verblender und Riemchen, farblich darauf abgestimmte Pflasterklinker und ein Sortiment unterschiedlichster Formziegel. Diese sind bei Einfamilienhäusern ebenso wie bei Großprojekten aus Industrie und Städtebau gefragt. Auch beim Weltkulturerbe Kloster Lorch wurden die Backsteine aus Vechta verbaut, die aufgrund ihres natürlichen Eisengehaltes durch ein hell leuchtendes Rot charakterisiert sind. Auf den modernen Produktionsstraßen werden bis zu 945.000 Ziegel pro Woche gefertigt. Damit zählt Olfry zu den Branchengrößen. Und auch hier gilt: Innovationen werden in dem Familienbetrieb großgeschrieben. In den vergangenen zehn Jahren wurden 20 neue Backstein- und Klinkerprodukte entwickelt.
Findige Ingenieure und Unternehmer
Dass die Bauwirtschaft rund um Cloppenburg und Vechta so innovationsfreudig ist, ist nicht nur findigen Ingenieuren und Firmeninhabern zu verdanken. Auch die Netzwerke der Unternehmen helfen, dass aus einer Idee ein Produkt wird. Ein Beispiel dafür ist der Gerüstanker. Hintergrund der Erfindung: Bei inzwischen oft außengedämmten Gebäuden finden Gerüste ohne Beschädigung der Außenhülle kaum Halt. Bei Wessendorf in Emstek war dieses Problem zwangsläufig bekannt. Abhilfe schafft jetzt ein Gerüstanker, der dauerhaft im Gebäude verbleibt.
Bei der Entwicklung wurde Erfinder Franz Wessendorf vom Transferzentrum Oldenburger Münsterland und der Privaten Hochschule für Wirtschaft und Technik unterstützt. Merkutec, ein Dienstleister für die Kunststoffindustrie aus Langwege, lieferte konstruktive Varianten, den Prototypen und die Vorgaben für die Spritzgussformen, wählte Werkstoffe aus und fertigte schließlich die ersten Stückzahlen unter Serienbedingungen. Inzwischen wird der mehrfach ausgezeichnete Gerüstanker aus Stahl und Polyamid als Isorocket vermarktet. Ein weiteres zukunftsträchtiges Produkt von Wessendorf ist eine pumpfähige Fußbodendämmung, die auf einem recycelten Grundstoff basiert.
Digitale Modellierung im Holzbau
Auch beim Holzbau finden sich in der Region innovative Firmen. Die Zimmerei Sieveke aus Lohne gilt als Vorreiter beim sogenannten Building Information Modeling (BIM). Diese 3D-Methode verspricht mehr Transparenz für Bauherren, Architekten und Planer, geringere Kosten und weniger Verzögerungen. Die Basis eines Bauprojekts ist ein dreidimensionales Gebäudemodell. Darin sind Wände, Decken, Treppen, Tragstrukturen oder die Haustechnik modelliert. Für jedes Bauelement sind weitere Informationen wie Material und Preis hinterlegt. Alles ist mit wenigen Klicks abzurufen. „Wir bauen jedes Gebäude zweimal", sagt Sebastian Hollermann, bei Sieveke technischer Leiter Baubetrieb und Entwicklung. „Erst virtuell in unserem Modell, dann real auf der Baustelle."
Passen Grundrisse und Schnitte nicht zusammen, wird das in 3D schnell sichtbar. Fehler lassen sich so mit wenigen Mausklicks beheben. Mit den Daten aus dem dreidimensionalen Gebäudemodell werden bei Sieveke die automatisierten Abbund-Maschinen gefüttert, die millimetergenau sägen, fräsen, schlitzen, schleifen und bohren. Die so entstandenen Teile setzen Zimmerer und Tischler zu ganzen Gebäudeelementen zusammen – komplett mit Fenstern, Türen, Sonnenschutz oder Photovoltaik-Modulen. Per Schwertransport gehen die bis zu 14 Meter langen Stücke in die ganze Republik und darüber hinaus. So entstanden zuletzt etwa fünf neue Schulen in Hamburg, ein Kindergarten in Frankfurt und die Gebäudehülle für die Sanierung eines Wohnheims in Berlin.
Die genannten Beispiele der Firmen aus dem Oldenburger Münsterland zeigen: Mit Innovationen kommt man weit herum. Mal zum Kloster Lorch und mal zum Brandenburger Tor. Und manchmal sogar bis Havanna.