Gründungen im Handwerk

Die eigene Selbstständigkeit vorausschauend planen

01.11.2023

Eine gute Beratung sorgt für ein stabiles Fundament bei der Existenzgründung. Die Handwerkskammer Oldenburg unterstützt gründungsinteressierte Handwerker:innen auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit. Susann Ruppert, Leiterin der Beratungsstelle, berät schwerpunktmäßig in der Region Oldenburger Münsterland. Ihr A und O bei jeder Gründung: eine realistische Planungsrechnung.

Die Gründungsberatung der Handwerkskammer wird oft schon in einer frühen Phase des Gründungsprozesses in Anspruch genommen, so die Erfahrung von Beraterin Susann Ruppert. Das Beratungsteam sieht sich zu jedem Zeitpunkt als Sparringspartner für die künftigen Unternehmer:innen: „Unsere Tür ist für alle offen – zu jeder Phase der Existenzgründung. Es muss kein fertiger Businessplan vorliegen. Die Gründungsinteressierten können uns auch erstmal nur eine erste Idee schildern und ihr Geschäftsmodell dann mit uns gemeinsam weiterentwickeln.“

Die Meisterprüfung als Voraussetzung

Die Mehrzahl der Gründungsberatungen findet im Bereich der zulassungspflichtigen Berufe statt. Denn nicht in allen Handwerksberufen ist für den Schritt in die Selbstständigkeit eine Meisterprüfung nötig. Fotograf:innen, Bestatter:innen oder Gebäudereiniger:innen etwa sind von der Meisterpflicht ausgenommen. Der Meisterpflicht unterliegen hingegen zum Beispiel Friseur:innen, Bäcker:innen oder Tischler:innen.

Früher mussten Gesell:innen zudem einige Jahre Berufserfahrung nachweisen, um die Zulassungsvoraussetzung für die Meisterprüfung zu erfüllen. „Das ist inzwischen nicht mehr der Fall. Das führt aber auch dazu, dass viele Handwerkerinnen und Handwerker noch sehr jung sind, wenn sie ihre Meisterprüfung ablegen“, erklärt Ruppert. Die Folge: So manche:r Meister:in fühlt sich noch gar nicht bereit, in die Selbstständigkeit zu starten. „Da gilt es, erst einmal ein paar Jahre Berufserfahrung im Angestelltenverhältnis zu sammeln, um das eigene Gründungsvorhaben reifen zu lassen.“

Existenzgründung durch Betriebsübernahme

Auch die Übernahme eines bestehenden Betriebs kommt als Form der Existenzgründung in Frage. „Viele Unternehmen stehen in den nächsten Jahren zur Übergabe, daher motivieren wir junge Existenzgründende dazu, auch diesen Karriereweg in Betracht zu ziehen.“ Der Weg in die Soloselbstständigkeit schließt diese Möglichkeit jedoch nicht aus. Viele wollen erst einmal in die Unternehmerrolle hineinwachsen, um „die Selbstständigkeit zu trainieren“, – sei es als Soloselbstständige oder auch schon mit ersten Mitarbeitenden. Die Übernahme eines Bestandsbetriebs sei dann oft der nächste Schritt.

„Wir als Handwerkskammer wollen die Ansiedlung neuer Betriebe fördern, aber auch Bestandsbetriebe in die nächste Generation überführen.“

Wie viel Zeit Gründer:innen auf dem Weg zum eigenen Unternehmen einplanen sollten, hängt nicht zuletzt vom individuellen Investitions- und Finanzierungsbedarf ab. „Wenn eine Gründung mit Eigenkapital möglich ist, kann sie in wenigen Monaten abgeschlossen sein. Sobald jedoch eine Finanzierung im Raum steht, sollte man unbedingt mehr Zeit einplanen“, so die Expertin. „Denn dann ist ein umfassender Businessplan nötig, den man unter anderem bei der Bank im Rahmen der Kreditgespräche vorlegen muss.“

Das A und O: die Planungsrechnung

Doch egal, ob genug Eigenmittel vorhanden sind oder eine Finanzierung angestrebt wird: Das Wichtigste für Susann Ruppert ist in jedem Fall eine detaillierte Planungsrechnung. „Ich sollte vorab Einnahmen und Ausgaben visualisieren: Was kosten Versicherungen, Buchhaltung, Steuerberatung, Raummiete? Und mit welchem Umsatz kann ich im Gegenzug rechnen?“ Sie rät, Kostenpunkte nicht nur grob zu schätzen, sondern diese konkret bei Dienstleistern abzufragen. Außerdem sollte man in Szenarien bezüglich der Auslastung und der Produktivköpfe denken: „In der Anlaufphase werde ich vermutlich nicht voll ausgelastet sein. In zwei, drei Jahren kommen vielleicht Personalkosten für Mitarbeitende hinzu, zugleich steigt die Produktivität des Betriebs. Aber es sind auch neue Investitionen nötig. Das alles muss ich frühzeitig bedenken.“

Laut einer Erhebung des Statistischen Bundesamtes waren im Jahr 2021 rund 17 Prozent aller Unternehmen in Deutschland Handwerksbetriebe. Im Vergleich zum Vorjahr ist diese Zahl leicht gestiegen. Ein wichtiger Trend, den es für Susann Ruppert fortzuführen gilt: „Wir als Handwerkskammer wollen die Ansiedlung neuer Betriebe fördern, aber auch Bestandsbetriebe in die nächste Generation überführen. Arbeitsplätze zu erhalten und den jeweiligen Standort wirtschaftlich zu stärken, bedeutet schließlich, ihn attraktiver für alle zu gestalten – zum Arbeiten und zum Leben.“